Orangene Katze auf Untersuchungstisch in der Tierarztpraxis.

Ein Vormittag in der Kleintierpraxis am Stern: Stay paw-sitive!

08.08.2023

Schon am frühen Vormittag bellt und miaut es in der Kleintierpraxis am Stern in Uelzen. Die Hunde und Katzen sowie auch Reptilien, Vögel und kleine Heimtiere sind hier in guten Händen: Ute Salzbrunn hat über drei Jahrzehnte Erfahrung als Tierärztin und Operateurin – und an ihrer Seite ein engagiertes fünfköpfiges Team. Heute assistieren Lara Förster und Nina Merker ihrer Chefin, und wir dürfen im Rahmen des 150. Jubiläums-Magazins der Uelzener Versicherungen einen knappen Vormittag im Behandlungszimmer mit dabei sein.

Dayuna, die Boxerhündin

„Guten Morgen, Frau Hoffmann. Wie geht es Dayuna?“, fragt Ute Salzbrunn. „Leider nicht gut. Ich mache mir Sorgen“, antwortet Sandra Hoffmann. Sie berichtet der Tiermedizinerin vom Sturz ihrer Hündin über mehrere Treppenstufen hinweg. Kurz nach dem Unfall habe sich der Zustand der sechsjährigen Boxerhündin plötzlich verschlechtert. „Seitdem liegt sie viel, läuft wie auf Eiern, lahmt hinten rechts und kippt immer wieder um. Es ist wie ein Schwanken vom Hals her“, berichtet Sandra Hoffmann, die ihrer Hündin seit dem Sturz Schmerzmittel verabreichen muss. Neurologische Ausfälle an den Hinterbeinen, deren Ursache oft Schäden am Rückenmark, dem Gehirn oder an den Nerven sein können, hat Sandra Hoffmann durch eine Untersuchung in einer Tierklinik ausschließen lassen. „Also keine Ataxie“, sagt Ute Salzbrunn, „dann wollen wir mal abklären, was genau dahintersteckt.“ Es könne unter Umständen auch eine Meningitis sein, deren
Folge ein steifer Bewegungsablauf ist, oder mit der Schilddrüse im Zusammenhang stehen.

Ute Salzbrunn tastet den Körper von Dayuna ab, begutachtet das Hämatom auf dem hinteren Rückenbereich und untersucht das linke Knie. „Wir sollten auch eine Schilddrüsenunterfunktion ausschließen über einen T4- und TSH-Test. Die Schilddrüsenhormone könnten das Nervensystem beeinflussen.“ Sandra Hoffmann nickt und sagt: „Nur eine Hirnwasseruntersuchung möchte ich nicht machen lassen. Ich möchte für Dayuna kein Risiko eingehen.“

Als Nächstes nimmt die Tierärztin der Hündin Blut ab. Dabei assistiert die Auszubildende Nina Merker. Lara Förster, Tiermedizinische Fachangestellte, gibt derweil Behandlungsdetails in den PC ein. „Morgen um 10 Uhr sind die Ergebnisse der Blutwerte da. Dann melde ich mich. In jedem Fall sollten wir einander übermorgen noch einmal sehen“, schlägt Salzbrunn Sandra Hoffmann vor. Die ist sichtlich dankbar und fragt noch nach, ob es helfen könne, wenn sie ihre Hündin im Hüft- und Nackenbereich massiert. „Machen Sie das gerne“, bestätigt die Tierärztin. Sie verschreibt Dayuna ein Neuroleptikum und spritzt ihr noch ein entzündungshemmendes Kortison. Dann verabschiedet sie Sandra Hoffmann, die nächste Patientin wartet schon.

Labradorhündin Mia

Die Labradorhündin Mia, die von Barbara Lühr begleitet wird, ist 13 Jahre und leidet unter einer altersbedingten Arthrose. Weil sie ein Schmerzmedikament nicht vertragen hat, spritzt Ute Salzbrunn der Hündin das Medikament Librela, das sind natürliche Antikörper gegen bestimmte Schmerzrezeptoren. „Es ist eine moderne biologische Schmerztherapie“, erklärt die Tierärztin, die wenig später ein Lob für das Tier hat: „Man spürt, dass sie schon Muskulatur aufgebaut hat. Das ist gut!“

Ute Salzbrunn ist studierte Tiermedizinerin und Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin. Nach Assistenzzeit in einer Gemischtpraxis in Hessen liess sie sich 1991 in Uelzen mit eigener Praxis am Stern nieder. Zu Ihrem Anspruch sagt sie: ,,Mein Ansinnen ist es, mit viel Liebe und Fachwissen zum Tier, die Lieblinge lange gesund zu erhalten, akute Erkrankungen zu heilen und chronische zu lindern.”

Die französischen Bulldoggen Caya und Snatch

Wenig später kommt Julia Meyer mit ihren französischen Bulldoggen Caya und Snatch ins Behandlungszimmer. Sie ist eine alte Bekannte in der Kleintierpraxis: Bis vor drei Jahren hat sie nach der Ausbildung zur TFA im Team von Ute Salzbrunn mitgearbeitet. Seit Kurzem unterstützt sie die Praxis wieder stundenweise als Nebenjob.

Der 13-jährigen Snatch, den Julia Meyer aus einem Tierheim übernommen hat, musste sich am Wochenende einer Not-Operation unterziehen, da ein Tumor in der Milz geplatzt war und die Milz entfernt werden musste. „Es war schrecklich“, berichtet Meyer, „meine Freundin und ich haben das ganze Wochenende geheult.“ Vom Eingriff zeugt eine Narbe am Bauch. Ute Salzbrunn entnimmt dem Hund aus dem Vorderbein Blut, welches langsam in zwei Röhrchen tropft. „Tierblut ist sehr empfindlich“, erklärt sie, „es muss vorsichtig entnommen werden, sonst könnten die Blutzellen zerplatzen.“ Das erste Röhrchen ist mit EDTA beschichtet, damit das Blut nicht gerinnt. Es ist für die Untersuchung des Blutbildes mit den einzelnen Blutzellen bestimmt. Das zweite Serumröhrchen dient der Untersuchung der klinischen Chemie wie den Organwerten von Schilddrüse, Leber, Niere und den Elektrolyten „Er sieht aber wieder rosig aus. Das letzte Mal war er noch sehr blass“, sagt Ute Salzbrunn, und ergänzt: „Die Fäden ziehen wir später.“

Auch Caya ist für Julia Meyer zurzeit ein Sorgenkind. Die neuneinhalbjährige französische Bulldogge ist erst seit sechs Wochen bei ihr. Sie hat am Bein hinten rechts eine gestielte Warze, die heute wegoperiert werden soll. Ute Salzbrunn zieht sich Handschuhe an und schert zunächst die Haare um die Warze herum weg. Danach reinigt und desinfiziert sie die Stelle und betäubt das Warzengebiet örtlich. „Die Warze an sich ist nicht schlimm, aber an einer ungünstigen Stelle, dass die Gefahr besteht, dass sie abreißen könnte. „Hunde lecken gerne an Wunden und beißen Fäden auf“, erklärt die Tierärztin, „weshalb ein anschließender Leckschutz in Form eines Halskragens wichtig für die Nachsorge ist.“ Kurz darauf geht es ins OP-Zimmer. Auf dem OP-Tisch ist die Hündin zunächst etwas aufgeregt, doch nach beruhigenden Worten von Frauchen Julia lässt sie das Entfernen der Warze nahezu regungslos über sich ergehen. Nachdem Ute Salzbrunn die Wunde vernäht hat, blickt sie kurz auf und sagt: „Eine OP ohne Komplikationen!“ Julia Meyer steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. „Es sieht so aus, als sei die Warze ein normaler Polyp gewesen. Aber ich schicke sie dennoch in die Pathologie, um ganz sicher zu sein“, sagt Ute Salzbrunn – und verabschiedet sich von Julia Meyer.

Kater Tabby

Zurück im Behandlungszimmer stellt sich Christine Meyer mit ihrem Kater Tabby zur Kontrolluntersuchung vor. Vor drei Wochen brachte sie ihren drei Jahre alten Mitbewohner als Notfall morgens in die Praxis. Die Pfote vorne rechts hing abnorm herab. Ein Röntgenbild zeigte einen ausgerenkten Ellenbogen. Ute Salzbrunn renkte den Ellenbogen in Narkose wieder ein und legte über zwölf Tage einen Stützverband an. Das Ergebnis der Kontrolluntersuchung: „Es sieht alles gut aus, das rechte Vorderbein kann wieder normal belastet werden.“

Kater Chiko wird gechipt

Der nächste Patient ist ein Kater namens Chiko, sein Frauchen Eileen Grüschow hat ihn vor Kurzem von einem Bauernhof bekommen. Heute ist die allgemeine Voruntersuchung, bevor er zwei Tage später zur Kastration gebracht werden soll.

Eileen Grüschow erzählt, dass sie den Kater schon entwurmt habe, aber er noch öfter etwas niest. Der Herz-Kreislaufcheck ist in Ordnung, die Atemwege sind unauffällig und auch der Blick in die Ohren verrät: „alles prima“.

Ute Salzbrunn fragt, ob der Kater gechipt werden soll und erklärt Eileen Grüschow die Vorteile: „Der Microchip ist nur so groß wie ein Reiskorn und wird unter das Fell des Katers implantiert. Die dazu passende ID-Nummer kann in einen EU-Heimtierausweis eingetragen und in einem überregionalen Tierregister aufgenommen werden. Mit einem Ablesegerät kann dann ein Fundtier genau zugeordnet werden.“ Die Kosten für ein Microchip-Implantat liegen zwischen 30 und 50 Euro – und sind für Eileen Grüschow tragbar. Von der Tierärztin bekommt sie einen Aufklärungszettel für die Operation.

Laut Tierschutzorganisation Tasso e.V. wurden 2022 etwa 122.000 Katzen und Hunde von ihren Menschen getrennt. Bei rund 99.000 entlaufenen Hunden und Katzen konnte der Verein im selben Zeitraum dabei helfen, sie wieder mit ihren Halter:innen zusammenzubringen. Eine Hilfe war die Chip-Kennzeichnung der Tiere, die es leicht macht, die Tiere eindeutig zu identifi zieren. Für die Auslandsreise mit Katze / Hund ist der Chip mit einem EU- Heimtierauweis inzwischen Pflicht.

Die Glückskatze Molli

Weibliche Katzen, deren Fell in den Farben Schwarz, Rot und Weiß gemustert ist, werden im Volksmund Glückskatzen genannt. Eine solche ist die nächste Patientin, die von Brigitte Grossmann in den Behandlungsraum gebracht wird. Die 15-jährige Molli leidet an Diabetes. Durch eine weitgehend zuckerfreie Ernährung und Insulinspritzen morgens und abends ist sie allerdings gut eingestellt. Heute ist Blutkontrolle – und Molli äußert zunächst lautstark ihren Unwillen, sich untersuchen zu lassen. Doch ein mit Antistressspray behandeltes Tuch trägt nach kurzer Zeit dazu bei, dass sie ruhiger wird. Ute Salzbrunn rasiert sie an einer Stelle am Bein und nimmt ihr Blut ab, das zur Untersuchung ins Labor geschickt wird.

Vier Welpen und Dackel-Mutter Jule

Kurz vor der Mittagszeit wird es noch einmal lebendig in der Praxis: Der private Züchter Salvatore di Benedetto ist mit vier Welpen und Dackel-Mutter Jule im Behandlungszimmer. Die acht Wochen alten Zwergrauhhaarteckel sollen ihre erste Impfung gegen Staupe, Parvovirose, Leptospirose, infektiöse Hepatitis und Parainfluenza erhalten.

Die Rüden und Hündinnen hören auf die Namen Juventus, Jupiter, Justitia und Jacobus Benedettos. Es ist der zehnte Wurf des Züchters und laut Zucht- und Eintragungsbestimmungendes Teckel-Vereins sind die Züchter bei der Namensgebung an den zehnten Buchstaben des Alphabets gebunden.

Vor der Impfung erfolgt eine gründliche Allgemeinuntersuchung. Jupiter ist der erste Welpe, den Ute Salzbrunn untersucht. Er zeigt ein korrektes Milchzahngebiss, die Ohren sind frei vonParasiten und Entzündungen, die Augen, das Fell sowie die Auskultation von Herz und Lunge ohne Auffälligkeiten. Der Rüde befindet sich in einem sehr guten Ernährungszustand. „Jupiter ist ein Draufgänger. Der kommt diese Woche noch zu einer Jägerin“, berichtet Salvatore Benedetto und ergänzt: „Ab der sechsten Woche kann man den Charakter erkennen und ab der achten Woche beginnt die Sozialisation, die nach der sechzehnten Woche abgeschlossen ist.“

Infografik: Grundimmunisierung für Welpen

Nach der Impfung und dem Injizieren des Microchips bekommt Jupiter ein Leckerli – und Justitia ist an der Reihe. Auch ihr attestiert Ute Salzbrunn eine gute Gesundheit. „Justitia kommt zu einem Polizisten“, sagt Salvatore Benedetto und lächelt. Jacobus, der mit 1,95 Kilogramm der schwerste der Welpen ist, und Jupiter werden danach ebenso geimpft und gechipt. Zuletzt untersucht die Tierärztin noch Dackelmutter Jule. Auch sie ist kerngesund. Salvatore Benedetto ist zufrieden – und in wenigen Tagen dürfen sich die vier Familien über die niedlichen Welpen freuen. Gemeinsam mit dem Züchter verabschieden wir uns von Ute Salzbrunn und ihrem Team.

Wir sind dankbar für den Einblick in den Praxisalltag, der uns eine Ahnung davon verschaff t hat, wie breit das tiermedizinische Tätigkeitsfeld ist und dass Tierärzt:innen nach dem neuesten Stand der Forschung arbeiten. Nicht zuletzt aber haben wir auch gespürt, wie erfüllend die Aufgabe sein kann, einen Hund oder eine Katze wieder gesund zu machen. Und wie glücklich darüber das Frauchen oder Herrchen ist.

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