Die Verdauungsorgane des Pferdes arbeiten rund um die Uhr. Wenn in dem komplexen Zusammenspiel der Organe etwas schiefläuft, droht das Schreckgespenst jedes Pferdehalters: eine Kolik.
Der Darm des Pferdes ist ein wahres Hochleistungsorgan. Er stellt aus Gras und Getreide Energie bereit. Er ist aber auch prädestiniert für Störungen. Denn das Pferd hat als Steppen- und Fluchttier ein sogenanntes sensibles Vegetativum. Das bedeutet, es reagiert sensibel auf Veränderungen seiner Umwelt. Faktoren wie Wetterumschwünge, Fütterungstechnik, Qualität und Quantität des Futters, Haltungsfehler, Stress und Überarbeitung können für Koliken (Bauchschmerzen) verantwortlich sein. Dann funktioniert der sensible Darm nicht mehr korrekt und das Pferd leidet an starken Bauchschmerzen.
Was sind die organischen Ursachen für eine Kolik?
Ein häufiger Grund für eine schwere Kolik ist eine Verlagerung des Dickdarms. Der Dickdarm mit seiner doppelten Hufeisenform kann sich um sich selbst drehen (Dickdarmdrehung), sich nach rechts verlagern (Kolonrechtsverlagerung) oder sich über das Milz-Nieren-Band legen. Diese Kolikformen sind nicht mit einer Spritze behandelbar. Die Verlagerung muss durch eine Operation behoben werden.
Die Ursachen für eine Kolik sind vielfältig. Es gibt auch Formen, bei denen der Dünndarm verstopft (z. B. Ileumopstipation) oder im Netzbeutel abgeklemmt wird. Aufgrund seiner großzügigen Aufhängung im Bauchraum kann sich der Dünndarm auch um ein in der Bauchhöhle pendelndes Fettgeschwulst (Lipoma pendulans) wickeln und abgeklemmt werden. Eine weitere Kolikursache ist die Einstülpung von Darmteilen ineinander, die sogenannten Invaginationen. Dabei können verschiedene Darmteile absterben.
Kolik-Symptome beim Pferd
Die Symptome können vielfältig sein:
- Appetitlosigkeit
- Pferd schaut sich wiederholt nach seinem Bauch um
- Pferd tritt sich unter den Bauch
- Ruhiges Liegen in Brustbauchlage
Aber auch heftigere Reaktionen sind möglich, die sowohl für das Pferd selbst als auch für die umstehenden Personen gefährlich werden können. Ist der Schmerz so groß, dass das Pferd fast besinnungslos wirkt, kann es sein, dass es sich hinwirft, wälzt und wieder aufspringt. In diesen Situationen ist für Pferdebesitzer und Stallpersonal besondere Vorsicht geboten.
Wenn das Pferd äppelt, gilt das als hoffnungsvolles Zeichen für das Ende der Kolik. Denn setzt die normale Verdauung wieder ein, scheint die Gefahr der Kolik gebannt zu sein. So macht ein äppelndes Pferd den Eindruck, dass wieder alles normal läuft und es ihm wieder gut geht.
Dies kann jedoch ein trügerisches Zeichen sein. Denn auch während einer Kolik kann ein Pferd äppeln. Im hinteren Bereich des Darms befindet sich womöglich noch Kot, der durchaus auch während einer Kolik ausgeschieden werden kann.
In dieser Situation achtet man am besten besonders auf die übrigen Kolik-Symptome. Außerdem sollte man bewusst den Atem des Pferdes wahrnehmen. Riecht er sauer, kann dies ein möglicher Hinweis für eine Kolik sein. Denn Mundgeruch beim Pferd deutet darauf hin, dass Futterreste, die normalerweise ausgeschieden würden, sich im Darm sammeln und dann als unangenehmer Geruch über den Atem abgegeben werden.
Alle Anzeichen für eine Kolik sind ernst zu nehmen, da die Erkrankung lebensbedrohlich für Pferde sein kann und oft eine Operation erforderlich macht.
Was ist bei Kolik-Anzeichen zu tun?
Der erste Schritt, die zu einer Behandlung führt, ist der Anruf beim Tierarzt. Eine Kolik ist ein Notfall und der Tierarzt wird sein Tagesgeschäft unterbrechen sowie in der Nacht und am Wochenende umgehend für eine Untersuchung in den Stall kommen. Bei milden Kolikanzeichen kann das Pferd geführt und mit Hausmitteln behandelt werden. Die Auffassung, dass das Wälzen vermieden werden sollte, ist nicht immer korrekt. In erster Linie stehen die Sicherheit des Menschen und die Sicherheit des Pferdes im Vordergrund. Ein Pferd mit massivsten Bauchschmerzen wird sich sogar auf eine Vertrauensperson werfen. Die Tiere sind dann wie von Sinnen vor Schmerzen und niemand sollte sich in ihrer unmittelbaren Nähe aufhalten.
Tipps: Sind die Koliksymptome so schlimm, dass sich das Pferd unkontrolliert auf den Boden wirft, dann sollte es zum Beispiel in eine Halle oder auf einen Platz geführt werden, der genügend Raum zum Wälzen und Aufspringen bietet und wenig Verletzungsgefahr birgt.
Was macht der Tierarzt?
Eine Kolik drückt sich durch Schmerz im Bauchraum aus. Der Tierarzt wird zu Beginn der Behandlung eine allgemeine Untersuchung durchführen, um die Ursache des Schmerzes zu finden. Dabei schaut er sich die Schleimhäute an, testet die kapillare Rückfüllzeit und den Hautturgor (durch Ziehen einer Falte am Hals), fühlt den Puls, hört das Herz ab und misst Fieber. Kolikanzeichen können auch ein Anhaltspunkt für einen fieberhaften Infekt sein, deshalb ist eine gründliche Untersuchung durch den Tierarzt elementar. Zusätzlich werden die Atemfrequenz ausgezählt und der Darm abgehört.
Um sich ein noch genaueres Bild zu machen, führt der Tierarzt eine rektale Untersuchung durch. Eine sogenannte Nasen-Schlund-Sonde wird über die Nase in den Magen geschoben. Dort wird der Füllungszustand des Magens überprüft. Je nach Befund können gleichzeitig Medikamente wie Paraffinöl, Glaubersalz und Wasser eingegeben werden. Ist der Magen zu voll, weil zum Beispiel eine Passagestörung im Dünndarm besteht, kann dieser leichter platzen als beim Menschen oder bei anderen Tieren. Der Kampf gegen die Kolik ist dann leider verloren.
Nach den Untersuchungen spritzt der Tierarzt in der Regel ein Medikament zur Beruhigung des Darms sowie ein Schmerzmittel. Die meisten Koliken lassen sich damit gut behandeln. In der Regel sind es Störungen der Darmperistaltik (Darmbewegung), die zu Darmkrämpfen oder Aufgasungen führen.
Was passiert mit dem Pferd bei einer Kolik-Operation?
Ist eine Operation in einer Klinik notwendig, erhält das Pferd eine Vollnarkose für die Behandlung und der Bauchraum wird geöffnet. Der Chirurg betrachtet die einzelnen Abschnitte des Darms. Er holt die einzelnen Anteile nacheinander aus der Bauchhöhle, untersucht sie, befreit sie gegebenenfalls von Verstopfungen und legt sie dann in der Bauchhöhle zurück an den richtigen Platz.
Die Tage nach der Operation können je nach Kolikform und Verfassung des Patienten eine intensive Nachsorge erfordern. Das Pferd ist in den ersten drei bis fünf Tagen ein Intensivpatient. Für die Klinik bedeutet das, rund um die Uhr ein vollständiges OP-Team in Bereitschaft zu haben, das aus mindestens drei bis fünf Personen besteht.
Wie hoch sind die Kosten einer Kolik-Operation?
Der hohe personelle und organisatorische Aufwand rettet Pferdeleben, ist aber auch mit hohen Kosten verbunden. Eine Kolik-Operation kann Kosten zwischen 5.000 und 15.000 Euro verursachen.
Eine Operationskostenversicherung für Pferde kann das finanzielle Risiko mindern. Sie übernimmt je nach Tarif die Kosten für die Kolik-Operation bis zum zweifachen Satz der GOT (Gebührenordnung für Tierärzte) und die Nachsorge an den ersten drei, sieben oder zehn Folgetagen.
Aber auch eine sogenannte konservative Kolikbehandlung, also die Behandlung mit Medikamenten und Infusionen sowie die Eingabe von Medikamenten über eine Nasen-Schlund-Sonde, kann sich über mehrere Tage ziehen. Die dafür anfallenden Kosten können von 500 bis 1.500 Euro pro Tag reichen. Hier bietet eine Pferde-Krankenversicherung finanziellen Schutz. Sie deckt die Kosten für alle ambulanten und stationären, konservativen sowie chirurgischen Eingriffe ab.
Das ist nach einer Kolik zu beachten
Je nachdem, welche Ursache hinter der Kolik stecken, wie schwer der Verlauf ist oder ob sogar eine Operation nötig war, ist Unterschiedliches zu beachten. Am besten lässt man sich von dem oder der Tierärzt:in beraten.
Häufig wird folgendes empfohlen: Sind die Symptome abgeklungen, kann das Pferd nach einigen Tagen Ruhezeit wieder geritten werden. Dabei empfiehlt es sich, klein anzufangen und die Intensität und Dauer nur langsam bis zum üblichen Trainingspensum zu steigern. Außerdem sollte man das Pferd gut beobachten und Rücksicht auf Zeichen von Müdigkeit nehmen. Immer sind die Hinweise der Tierärt:innen zu berücksichtigen.
Neben der Bewegung sind auch beim Futter besondere Maßnahmen erforderlich. In der Regel wird nach einer Kolik hauptsächlich Heu gefüttert und die Empfehlung ausgesprochen, auf Kraftfutter möglichst zu verzichten. Auch Leckerli sollten nicht gegeben werden.
Nach jeder Kolik, ganz besonders aber im Anschluss an eine Kolik-OP sollten Ratschläge der Tierärzt:innen eingeholt und umgesetzt werden.
Wie kann man Koliken bei Pferden vermeiden?
So ziemlich jedes Pferd erleidet in seinem Leben eine oder auch mehrere Koliken. Wir können jedoch viel dafür tun, sie möglichst zu vermeiden:
- Stark blähendes Futter, wie zum Beispiel frisches Gras vermeiden. Beispielsweise indem man im Frühling für langsames Anweiden sorgt.
- Saubere Tränken und genügend Wasser zu Verfügung stellen. Denn eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme begünstigt eine gut funktionierende Verdauung und hilft Koliken zu vermeiden.
- Stark abgefressene Weiden meiden, weil man so das Risiko für eine Sandkolik reduziert. Alternativ auf stark abgefressenen Weiden ausreichend Raufutter anbieten.
- Stress möglichst vermeiden. Dazu können gehören Futterwechsel, Stallwechsel, Turnierfahrten, neue Pferde im Stall, Wetterumschwünge.
- Auf eine gute Zahngesundheit achten. Denn nur mit gesunden Zähnen kann ein Pferd das Futter ausreichend zerkleinern und möglichst gut für Magen und Darm vorbereiten .
- Kraftfutter, wenn überhaupt, nur in geringen Mengen füttern.
- Beim Futter achtsam sein und potentiell kolikauslösende Nahrungsmittel vermeiden. Hinweise dazu finden sich in Was fressen Pferde
- Ausreichend Bewegung. Denn Bewegung ist für die einwandfreie Funktion des Darms wichtig.
- Nötigen Entwurmungen und regelmäßige Wurmtests vornehmen.
- Hochwertiges Futter füttern, das frei von Parasiten und Schimmel ist.
- Kurze Fütterungspausen einhalten und für regelmäßige Fütterungszeiten sorgen.
- Ausreichend Raufutter zur Verfügung stellen.
Ein Radiobeitrag mit Dr. Garlipp von den Uelzener Versicherungen zum Thema Kolik und Pferde im Winter. Im Dezember 2023 und Januar 2024 unter anderem ausgestrahlt auf den Radiosendern Donau 3 FM, Radio Schlagerparadies, ROCK ANTENNE Hamburg und Radio Frankfurt.
Fazit:
Koliken lassen sich nicht gänzlich vermeiden. So ziemlich jedes Pferd wird in seinem Leben, statistisch gesehen, mindestens einmal eine Kolik durchstehen müssen. Zwei Dinge können wir für unsere Pferde tun. Erstens: Möglichst alles unternehmen, um Koliken zu vermeiden. Zweitens: Wenn es zu einer Kolik kommt, erste Symptome möglichst früh erkennen und dann alles nötige und das richtige tun. Dazu gehört, dass bei Anzeichen für eine Kolik immer ein:e Tierärzt:in hinzugezogen werden muss.
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Kann ein Pferd an einer Kolik sterben?
Eine Kolik ist ein tiermedizinischer Notfall. Wird eine Kolik nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann das Pferd daran sterben. Koliken sind die häufigsten Todesursachen bei Pferden.
Wann ist eine Kolik überstanden?
Wann eine Kolik überstanden ist, lässt sich von Laien kaum beurteilen. Man sollte generell eine tierärztliche Meinung einholen, um sicher zu gehen, dass das Risiko vorüber ist. Zeigt das Pferd keine Symptome mehr, frisst und äppelt es wie gewohnt, ist es ruhig und entspannt, dann stehen die Zeichen gut, dass es die Kolik überstanden hat. Dennoch sollte man immer eine Entwarnung von dem oder derTierärzt:in einholen.
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