Ein Fohlen erblickt das Licht der Welt. Sofort kümmert sich die Mutterstute um das Fohlen und erzieht es. Um es gut zu sozialisieren, werden in den nächsten Monaten aber auch die Fohlenherde und Menschen eine wichtige Rolle übernehmen. Wie der Balanceakt zwischen Prägung und artgerechtem Aufwachsen gelingt, erfährst du in diesem Magazinbeitrag.
Fohlen erziehen durch verschiedene Prägungen
Die ersten Lebensmonate sind prägend für das Verhalten des Fohlens und seine spätere Entwicklung. Zuerst verbringt das Jungtier einige Zeit mit seiner Mutter, dann helfen weitere Pferde beim Erlernen von Sozialkompetenzen und schließlich sollte auch die Gewöhnung an den Menschen fester Bestandteil des Stallalltags werden.
Fohlen erziehen durch die Mutterstute
Nachdem die Stute ihr Fohlen auf die Welt gebracht hat, wiehert sie meist leise, um das Jungtier an ihre Stimme zu gewöhnen und beginnt, ihren Nachwuchs zu säubern. Dieser enge Kontakt in den ersten Lebensmomenten eines Pferdes festigt die starke Bindung zwischen Stute und Fohlen.
Schon wenige Tage nach der Geburt sollten die beiden täglich Auslauf auf einer eigenen Weide bekommen. Hier kann das Jungpferd sich in den verschiedenen Gangarten ausprobieren und abseits des Stalls frische Luft atmen und sein Immunsystem stärken. Außerdem sollte das Fohlen gleich die Grenzen der Weide kennenlernen. Hierzu kann die Stute an der Begrenzung entlang geführt werden. Das Fohlen wird in der Nähe bleiben und sich neugierig umsehen.
Nach dieser kurzen Gewöhnungsphase können schon bald weitere Pferde die kleine Familie ergänzen. Die Herde übernimmt wichtige Aufgaben in der sozialen Entwicklung und prägt das Jungtier in seinem Verhalten. So finden sich häufig andere Fohlen zum gemeinsamen Spielen und andere Stuten, die wie die Mutter als Lehrerinnen auftreten.
Fohlen schrittweise von der Mutterstute trennen
Das Absetzen des Fohlens, also die Trennung von der Mutterstute, passiert in der Regel nach sechs Monaten. In der Wildnis geschieht das meist erst nach einem Jahr, wenn die Stute ein neues Fohlen erwartet. Wie in der Natur sollte dieser Prozess jedoch nach Möglichkeit schrittweise geschehen, da eine abrupte Trennung mit Stress für die Tiere verbunden ist.
Die Fohlenherde in der Erziehung
Auf einer Fohlenweide trifft das Jungtier auf seine neue Herde. Eine Herde sollte aus etwa sechs bis zehn Tieren bestehen. Hengstfohlen und Stutfohlen werden dabei in der Regel getrennt, auch wenn sie die Geschlechtsreife noch nicht erreicht haben. Aufzuchtherden können außerdem auch ein oder zwei erwachsene Pferde beinhalten, die bei der Erziehung helfen. So vermitteln diese soziale Kompetenzen und die richtige Kommunikation, setzen aber auch Grenzen, wenn die Fohlen zu übermütig werden.
Hauptsächlich lernen die Jungpferde dadurch, dass in der Herde verschiedene Charaktere aufeinandertreffen und sich in der Herdendynamik bald eine Rangordnung etabliert. Pferde, die diese Erfahrungen nicht machen, weil sie allein oder in zu kleinen Gruppen gehalten werden, sind auch in ihrem späteren Leben oft nicht in der Lage, sich in dieses System einzuordnen.
Fohlenaufzucht: Der Einfluss der Menschen auf die Erziehung
Den größten und wichtigsten Teil in der Sozialisierung übernehmen Mutterstute und Herde. Das Fohlen muss dennoch mit der Anwesenheit von Menschen vertraut und Kontakt mit ihnen gewohnt sein. Gerade im Umgang mit Tierärzt:innen und Hufschmied:innen ist es wichtig, dass sich das Pferd überall problemlos anfassen lässt und keine Angst vor Schmied:innen hat. So sollte ein Fohlen frühzeitig an eine regelmäßige Hufpflege gewöhnt werden und auch die ersten Impfungen sind nur wenige Monate nach der Geburt fällig: Immunisierungen gegen Tetanus, Equine Influenza und Herpes beim Pferd empfiehlt die ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKO-Vet) bereits im Alter von sechs Monaten.
Gezieltes Training mit dem Fohlen
Ein ungezwungener Kontakt zum Menschen kann bereits durch die tägliche Kontrolle und Säuberung der Weide oder des Offenstalls entstehen. Dabei müssen einige Grundprinzipien sichergestellt sein: Gegenseitiger Respekt, Aufmerksamkeit und Vertrauen sind die Grundlage dafür, dass das Pferd sich auf ein gemeinsames Training einlässt. Wichtig ist, dass das Training dabei immer mit einem Erfolgserlebnis, also mit positiven Gefühlen endet. Die Übungseinheiten sollten kurz sein und sich über eine stetige Wiederholung festigen.
Trainiert werden können im Fohlenalter grundlegende Dinge:
- Anfassen: Viele Fohlen sind von Natur aus neugierig und lassen sich gern auf den Menschen ein, dem auch die Mutterstute vertraut. So kann eine gemütliche Kraulstunde zu dritt beginnen. Dabei sollte der Mensch ein allzu übermütiges Verhalten des Fohlens – beispielsweise neugieriges Schnappen oder aufdringliches Verhalten – konsequent und liebevoll unterbinden.
- Aufhalftern: Das Fohlen kennt das Halfter bereits von der Mutter und nimmt es nach einigen Tagen nicht mehr als Fremdkörper wahr. So kannst du es ihm spielerisch zeigen und schließlich sogar anlegen – am besten, wenn das Jungtier gerade gespielt hat und sich müde in den Stall zurückzieht. Klappt das Aufhalftern, wird das Fohlen gelobt und mit Streicheleinheiten belohnt. In den nächsten Tagen wird die Übung wiederholt.
- Führen: Beim Führen sollte das Fohlen weder gezogen werden noch selbst ziehen, sondern ruhig an deiner Seite mitlaufen. Wenn das funktioniert, kann es mit Gegenständen, zum Beispiel Planen oder Stangen, vertraut gemacht werden. Das stärkt das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in die führenden Personen.
- Anbinden: Vor dem ersten Anbinden sollte ein solides Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Jungtier bestehen. Oft läuft es am besten, wenn die Mutterstute gelassen daneben steht. Zur Sicherheit sollte das Fohlen einen Strick mit Panikhaken tragen und zunächst nur an Orten angebunden werden, an denen beim etwaigen Losreißen und Weglaufen keine Gefahren drohen.
Beim Training sollten immer der Zustand und das Alter des Fohlens berücksichtigt werden. Lob und positive Verstärkung der gewünschten Verhaltensweisen sind von zentraler Bedeutung. Lob kann besonders gut durch Spiel- und Streicheleinheiten ausgedrückt werden. Ist ein junges Pferd motiviert, alles richtigzumachen und mitzuarbeiten, dann werden auch die ersten Vorbereitungen zum Reiten erleichtert. Du kannst auch Bodenarbeiten mit deinem Fohlen durchführen, um es an den Umgang mit Peitsche und Strick zu gewöhnen.
Der richtige Zeitpunkt für das Einreiten
Die letzten Wachstumsfugen in den Knochen schließen sich etwa mit fünf bis sechs Jahren, was beim Training und dem Zeitpunkt des Einreitens berücksichtigt werden sollte. Auf der Fohlenweide bleibt das junge Pferd in der Regel bis zum Erreichen des dritten Lebensjahres, bevor es selbst zur Zucht eingesetzt werden kann. Vollständig ausgewachsen ist ein Pferd mit fünf bis sieben Jahren.
Ein Fohlen erziehen: So klappt es
Gerade in den ersten Wochen ist die Sozialisierung sehr wichtig, damit das Pferd auch als erwachsenes Tier gut zurechtkommt – nicht nur mit seinem zukünftigen Reiter, sondern auch mit anderen Pferden. Wer seinem Fohlen ausreichend Zeit mit der Mutter lässt, ihm dann eine Herde zum Lernen gibt und stetig an den Umgang mit Menschen gewöhnt, der erspart sich viel Arbeit in der Zukunft. Handelt es sich um deine Mutterstute, ist dein Fohlen in den ersten Monaten durch die Pferde-Haftpflichtversicherung mitversichert.
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Ab wann kann ein Fohlen von der Mutter weg?
Normalerweise wird das Fohlen nach ca. 6 Monaten von der Mutterstute abgesetzt. Handelt es sich um Wildpferde, dauert der Prozess länger. Generell sollte das Absetzten aber Schritt für Schritt stattfinden, da es bei dem Fohlen starken Stress auslöst.
Welche Rolle nimmt die Fohlenherde bei der Erziehung ein?
Die Herde ist sehr wichtig für die Erziehung des Pferdes. So lernt das Pferd, dass es sich in einer Rangordnung etablieren muss und eine Herde aus unterschiedlichen Charakteren besteht.
Wie trainiere ich mein Fohlen?
Generell sollte das Fohlen lernen, angefasst, geführt und angebunden zu werden. Dabei ist es wichtig, dass es lernt, dass diese Vorgänge nicht schlimm sind. Dabei hilft es, wenn die Mutterstute in unmittelbarer Nähe ist und das Fohlen nach der Übung belohnt wird.