Immer wieder tauchen in sozialen Netzwerken und Online-Foren Fotos oder Berichte über Hunde auf, bei denen vermutet wird, sie hätten das Down-Syndrom. Oft hat das mit bestimmten optischen Merkmalen oder Verhaltensauffälligkeiten zu tun, die den Verdacht aufkommen lassen. Doch medizinisch betrachtet gibt es das Down-Syndrom bei Hunden nicht. Die genetische Trisomie 21 ist eine menschliche Erkrankung, die sich nicht 1:1 auf andere Spezies übertragen lässt.
Das heißt jedoch nicht, dass es bei Hunden keine genetisch bedingten Fehlentwicklungen gibt. Im Gegenteil: Es existieren durchaus erbliche oder angeborene Krankheiten, die mit einer Symptomatik einhergehen, die dem Down-Syndrom stark ähnelt. In diesem Artikel erklären wir, was es damit auf sich hat.
Warum es keine Hunde mit Down-Syndrom gibt
Um verstehen zu können, warum es das Down-Syndrom bei Hunden nicht geben kann, müssen wir uns die Spezifikationen der Erkrankung und das Genom von Hund und Mensch näher anschauen.
Was ist das Down-Syndrom?
Beim Down-Syndrom handelt es sich um eine genetische Anomalie beim Menschen. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass das Chromosom 21 nicht doppelt vorkommt, wie es normalerweise der Fall ist, sondern dreifach. Aus diesem Grund spricht man auch von Trisomie 21 (aus griech. τρία ‚drei‘ und σῶμα ‚Körper‘). Durch die dreifache Ausbildung sind die Informationen, die auf dem Chromosom 21 abgelegt sind, gewissermaßen defekt. Das hat bestimmte körperliche und kognitive Einschränkungen zur Folge, wobei viele Menschen mit Down-Syndrom über ein sehr ausgeprägtes Einfühlungsvermögen und ein breites emotionales Spektrum verfügen. Mögliche Symptome sind Wachstums- und Lernverzögerungen, Seh- und Hörprobleme, Herz-, Schilddrüsen-, Verdauungs- und Wirbelsäulenprobleme, ein schlechter Muskeltonus und ein geschwächtes Immunsystem.
Die körperlichen Merkmale bzw. Stereotype, die mit dem Down-Syndrom in Verbindung gebracht werden, sind
- flaches, mondförmiges Gesicht
- flache Nase
- mandelförmige, schräg gestellte, weit auseinanderstehende Augen
- kleine Ohren
- ein kurzer Nacken (oft mit ausgeprägter Nackenfalte)
- kurze Gliedmaßen
- Kleinwüchsigkeit
Auch Hunde können ein derartiges Aussehen haben. Das ist allerdings nicht auf das Down-Syndrom zurückzuführen, denn unsere Vierbeiner können daran nicht erkranken. Grund dafür sind Unterschiede im Erbgut zwischen Hund und Mensch.
Die DNA von Hund und Mensch im Vergleich
Jede normale menschliche Zelle (ausgenommen Samen- und Eizellen, rote Blutkörperchen usw.) besteht aus 23 Chromosomenpaaren, also insgesamt 46 Chromosomen. Jedes Chromosomenpaar setzt sich aus einem Chromosom vom Vater und einem Chromosom von der Mutter zusammen und codiert eine bestimmte genetische Information, beispielsweise die Haar- oder Augenfarbe oder Körpergröße. So verhält es sich auch mit dem Chromosom 21. Es gehört zu den kleinsten menschlichen Chromosomen und trägt mit etwa 14 Genen nur 1,5 Prozent der menschlichen Erbinformation. (Zum Vergleich: Das Chromosom 22 ist Träger von 545 Genen.)
Hunde haben im Gegensatz zum Menschen 39 Chromosomenpaare und somit insgesamt 78 Chromosomen. Das geht mit einer anderen Verteilung der genetischen Informationen einher. Aus diesem Grund trägt das Chromosom 21 bei Hunden nicht die analogen Gene wie das Chromosom 21 bei Menschen. Ein Defekt führt daher nicht zum Down-Syndrom. Vielmehr verhält es sich so, dass Hunde, bei denen das Chromosom 21 mutiert, gar nicht überlebensfähig sind und meist noch vor der Geburt versterben. Trisomie 21 ist also ein Gendefekt, der spezifisch Menschen betrifft. Nur bei Primaten mit menschenähnlicher DNA (Schimpansen) konnte bisher ein vergleichbares Syndrom nachgewiesen werden, wobei hier ein Defekt am 22. Chromosom vorlag.
Welche Erkrankungen bei Hunden ähneln dem Down-Syndrom?
Es gibt erblich bedingte oder angeborene Erkrankungen bei Hunden, die mit einer ähnlichen Symptomatik einhergehen, wie wir sie vom Down-Syndrom kennen. Dazu zählen beispielsweise die Kongenitale Hypothyreose und der Hypophysäre Zwergwuchs.
Kongenitale Hypothyreose
Die Kongenitale Hypothyreose bezeichnet eine erblich bedingte oder angeborene Unterfunktion der Schilddrüse. In dem Fall produziert die Schilddrüse nicht genug Hormone, die für Stoffwechselprozesse benötigt werden. Das hat zur Folge, dass sich die Knochen nicht weiter ausbilden und der Hund kleinwüchsig bleibt. Schon in einem Lebensalter von zwei Wochen kann eine Wachstumsverzögerung bei Welpen sichtbar werden. Auch geistige Beeinträchtigungen und eine verzögerte Sinnesentwicklung (sehr spätes Öffnen von Augen und Ohren) sind typische Symptome. Zu Rassen, die tendenziell häufiger an der Kongenitalen Hypothyreose erkranken, zählen beispielsweise der Spanische Wasserhund, Fox Terrier, Rat Terrier und die Französische Bulldogge. Unbehandelt haben betroffene Welpen kaum Überlebenschancen. Durch die Gabe von Schilddrüsenhormonen lassen sich die Prognosen verbessern, allerdings müssen sie frühzeitig und ein Leben lang verabreicht werden.
Hypophysärer Zwergwuchs
Der Hypophysäre Zwergwuchs (auch Nanismus oder Pituitary Dwarfism genannt) ist auf eine genetisch bedingte Degeneration der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) zurückzuführen. Diese produziert nicht genug Wachstumshormone, was zu Kleinwüchsigkeit führt. Deutlich wird das bereits ab dem dritten oder vierten Lebensmonat. Betroffene Welpen sind in dem Alter bereits deutlich kleiner als normal entwickelte Wurfgeschwister. Hinzu kommt, dass die Tiere kein Erwachsenenfell entwickeln. Stattdessen behalten sie ihr Welpenfell, das dann jedoch mit der Zeit ausfällt. Die Haut ist dadurch zunehmend ungeschützt und einem hohen Entzündungsrisiko ausgesetzt. Auch andere Organe werden durch die Funktionsstörung der Hypophyse in Mitleidenschaft gezogen. So kann es beispielsweise sein, dass sich die Nieren aufgrund der fehlenden Wachstumshormone nicht vollständig ausbilden, was wiederum zu einer Insuffizienz führen kann. Durch die Verabreichung von Hormonen lässt sich dem Verlauf entgegenwirken, sofern die Diagnose rechtzeitig erfolgt. Die Krankheit kommt vorrangig bei Schäferhunden (Deutscher Schäferhund, Weißer Schweizer Schäferhund etc.) sowie dem Tschechoslowakischen Wolfshund, dem Sarloos Wolfshund und dem Tibet-Terrier vor.
Brachyzephalie, also Kurzköpfigkeit, die wir von einschlägigen Hunderassen wie dem Mops, der Französischen Bulldogge, dem Boxer oder Chihuahua kennen, ist eine erblich bedingte Deformation des Schädels, die für betroffene Tiere mit zahlreichen gesundheitlichen Nachteilen wie Atem- und Herz-Kreislauf-Problemen einhergeht. Die Proportionen des Kopfes im Verhältnis zu den meist großen und weiter auseinanderstehenden Augen sind hier besonders auffällig.
Was tun, wenn ein Hund auffällige Symptome zeigt?
Hunde mit genetischen Anomalien zeigen entsprechende Symptome meist schon im Welpenalter. Hier kommt es in erster Linie auf eine engmaschige tierärztliche Betreuung an, um den Gesundheitszustand des Tiers einschätzen zu können und der Ursache auf den Grund zu gehen. Solltest du Symptome an deinem Hund bemerken, ist es wichtig, ihn umgehend veterinärmedizinisch untersuchen zu lassen. Basierend auf der Diagnose wird der Tierarzt oder die Tierärztin eine geeignete Therapie einleiten. Eine medizinische Behandlung ist das A und O, um deinem Hund gute Prognosen zu ermöglichen. Eine Hundekrankenversicherung schützt dich vor hohen Tierarztkosten, so dass du die um finanzielle Aspekte keine Sorgen machen musst.
Darüber hinaus kannst du im Alltag einiges tun, um deinem Hund zu mehr Lebensqualität zu verhelfen:
- Liebe und Sicherheit: Zeige deinem Hund deine Zuneigung und vermittle ihm Sicherheit, damit er sich geborgen und gut aufgehoben fühlt. Hat er erkrankungsbedingt Sehprobleme oder Schwierigkeiten mit dem Laufen oder der Koordination, solltest du das Zuhause möglichst unfallsicher gestalten und Barrieren oder Gegenstände, an denen er sich verletzen könnte, aus dem Weg räumen. Es ist wichtig, dem Hund im Alltag Hilfestellung zu geben und Routinen zu entwickeln, damit er sich orientieren kann.
- Adäquate Beschäftigung: Auch Hunde mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen benötigen Spiel und Beschäftigung. Was das konkret beinhaltet, hängt von der individuellen Konstitution des Tieres ab. Wenn du mit deinem Hund trainierst, achte darauf, ihn nicht zu demotivieren oder zu frustrieren. Mute ihm nur zu, was er auch leisten kann (und will), und arbeite mit positiver Verstärkung. Nicht alles wird gelingen und vieles braucht Zeit. Sei geduldig – am Ende geht es nicht um Erfolg, sondern darum, gemeinsam schöne Momente zu erleben.
- Gesunde Ernährung: Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist wichtig, wenn es um die Gesundheit deines Hundes geht. Denn nur, wenn er mit allen Nährstoffen versorgt wird, die er braucht, kann sein Körper optimal funktionieren. Mit einer bedarfsgerechten Fütterung kannst du deinen Vierbeiner sehr gut unterstützen. Dein Tierarzt oder deine Tierärztin wird dich hierzu umfassend beraten.
Wenn ein Hund Symptome zeigt, die auf eine Erkrankung schließen lassen, muss das nicht bedeuten, dass er kein schönes Leben haben kann. Im Gegenteil, in liebevollen Händen können auch Tiere mit besonderen Bedürfnissen viel Freude und Glück erfahren.
Fazit
Das Down-Syndrom bei Hunden gibt es nicht. Grund dafür ist, dass sich das menschliche Genom von dem des Hundes unterscheidet. Hunde haben eine andere Anzahl und Struktur von Chromosomen, weshalb Trisomie 21 bei ihnen nicht vorkommt. Dennoch können zahlreiche genetische Defekte, Erkrankungen oder Störungen bei Hunden auftreten. Werden Anomalien frühzeitig erkannt, lässt sich in vielen Fällen mit einer geeigneten Therapie entgegenwirken. Zwar werden die betroffenen Tiere weiterhin besondere Bedürfnisse haben oder auf Hilfe angewiesen sein, können aber durchaus ein glückliches und erfülltes Leben führen, wenn sie engmaschig betreut werden und ein sicheres, liebevolles Zuhause haben.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Down-Syndrom beim Hund
Was kann ich tun, wenn mein Welpe aussieht oder sich verhält, als hätte er das Down-Syndrom?
Ein Tierarztbesuch ist der erste Schritt: Stellst du fest, dass dein Welpe entwicklungsverzögert ist oder andere Auffälligkeiten zeigt, solltest du ihn umgehend medizinisch untersuchen lassen. Eine zuverlässige Diagnose und passende Therapie sind entscheidend, um gesundheitliche Risiken zu minimieren und deinem Hund bestmöglich zu helfen.
Gibt es spezielle Tests für Gendefekte bei Hunden?
Ja, für viele genetische Erkrankungen oder Defekte gibt es spezielle Tests oder Untersuchungen, die bei der Diagnose helfen.
Ist ein Hund mit Down-Syndrom-ähnlichen Symptomen weniger intelligent?
Nicht unbedingt. Viele Hunde mit Gendefekten lernen auf ihre eigene Art – manchmal langsamer, manchmal schneller. Mit Geduld, Einfühlungsvermögen und positiver Verstärkung können sie sich vieles aneignen und eine enge Bindung aufbauen.
Können betroffene Hunde sozial mit anderen Hunden leben?
In vielen Fällen ja. Je nach Art und Ausmaß der Einschränkung können sie gut in bestehende Rudel integriert werden. Wichtig ist, die körperliche Konstitution, das individuelle Verhalten und eventuelle Unsicherheiten zu berücksichtigen.