Pferdebeine mit Kastanien an den Gelenken.
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Kastanien: Einzigartige Merkmale am Pferdebein

04.09.2025

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Wer Pferde genauer betrachtet, wird an ihren Beinen kleine, rundliche bis ovale Hornstrukturen entdecken: die sogenannten Kastanien. In der Pferdewelt gelten sie als ein spannendes Relikt der Evolution. Jedoch stellen sich viele Pferdehalter und -halterinnen irgendwann die Frage, welchen Zweck diese Hornplatten erfüllen und ob man sie sogar entfernen sollte. Was Kastanien genau sind, warum Pferde sie besitzen und wie man damit  umgehen sollte, erfährst du in diesem Artikel.

Was sind die Kastanien bei Pferden?

Kastanien sind kleine Erhebungen an den Innenseiten der Pferdebeine. Sie bestehen aus Hornsubstanz, genauso wie Pferdehufe, und wachsen ein Leben lang kontinuierlich weiter.

An den Vorderbeinen befinden sie sich oberhalb des Karpalgelenks, das dem menschlichen Handgelenk entspricht. Einige Rassen tragen die Kastanien nur vorne, beispielsweise Isländer oder Banker Horses. Bei den meisten anderen Rassen hingegen sind sie auch an den Hinterbeinen ausgeprägt – unterhalb oder auf der Höhe des Sprunggelenks. 

Warum haben Pferde Kastanien? Ein Blick in die Entwicklungsgeschichte

Für das Pferd haben die Kastanien keine besondere Funktion, dennoch gehören sie zur typischen Anatomie dazu. Ihre Entstehung reicht weit in die equine Entwicklungsgeschichte zurück. Forschende gehen davon aus, dass es sich um Überbleibsel einer Zehe handelt, die die Vorfahren unserer heutigen Pferde besaßen. 

Urpferde besaßen ursprünglich mehrere Zehen. Im Laufe der Evolution setzte sich jedoch die kräftige Mittelzehe bei der Fortbewegung durch – das, was wir heute als Huf kennen. Um diese Entwicklung nachzuvollziehen, wurden die Zehen von fossilen Pferdearten mittels Micro-Computertomographie untersucht. Anhand biomechanischer Modelle wurde zudem getestet, wie belastbar die einzelnen Zehen waren. Dabei zeigte sich: Noch bis vor rund 20 Millionen Jahren halfen die Seitenzehen aktiv dabei, die Körperlast zu tragen und die Mittelzehe zu stabilisieren. Erst später, bei Arten wie Pliohippus und Hippotherium, veränderte sich die innere Struktur der Mittelzehe so stark, dass sie allein die Last tragen konnte. Damit wurden die Seitenzehen überflüssig und verschwanden im Laufe der Evolution fast vollständig.

Die heutigen Kastanien gelten daher als Überbleibsel dieser einst vorhandenen Zehen – vermutlich als Relikt des „Daumens“. Warum die Kastanien vorne und hinten an verschiedenen Stellen liegen, konnte die Forschung bisher nicht eindeutig klären. Es wird jedoch vermutet, dass es mit der unterschiedlichen evolutionären Rückbildung der Finger- und Zehenknochen zu tun hat.

Können Pferde durch ihre Kastanien Probleme bekommen?

Kastanien wachsen ein Leben lang, wodurch sie bei manchen Pferden recht dick werden und abstehen können. Da sie aus hartem Horn bestehen, existiert eine gewisse Verletzungsgefahr – etwa wenn die Vierbeiner beim Laufen oder Spielen damit hängen bleiben. Reißen dabei Teile der Kastanie ab, kann das teils zu starken Blutungen am Pferdebein führen. Probleme können auch dann entstehen, wenn sich Schmutz, Staub oder Bakterien darunter festsetzen. Das passiert jedoch nur selten. Sollte sich trotzdem eine Entzündung oder Verletzung entwickeln, ist eine tierärztliche Behandlung sinnvoll. In solchen Fällen kann eine Pferdekrankenversicherung eine wertvolle Unterstützung sein, da sie die Kosten für tierärztliche Maßnahmen übernimmt. 

Im Allgemeinen besteht aber kein Grund zur Sorge: Kastanien sind eine völlig normale anatomische Erscheinung und in keiner Weise krankhaft.

Lassen sich Kastanien bei Pferden entfernen?

Kastanien lassen sich nicht vollständig entfernen, und das sollte auch nicht versucht werden. Da sie ähnlich wie Fingernägel aufgebaut sind, wachsen sie nach. Oftmals lösen sich dickere Stücke von selbst, etwa wenn das Pferd sich an Bäumen oder Zäunen scheuert. Einige Pferde knabbern bei der Fellpflege sogar Teile der Kastanien selbst ab.

Wenn die Hornplatten sehr groß werden oder stören, können sie vorsichtig mit einer Hufzange oder einem scharfen Messer gekürzt werden. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn unter dem Horn befindet sich empfindliches Gewebe. Deswegen sollte man diese Arbeit dem Hufschmied bzw. der Hufschmiedin oder dem Tierarzt bzw. der Tierärztin überlassen. Für das Pferd ist das Kürzen in der Regel schmerzfrei, solange nur das Hornmaterial entfernt wird.

Kastanien als Fingerabdruck des Pferdes

Jede Kastanie ist einzigartig. Ähnlich wie ein Fingerabdruck beim Menschen kann ihre Form herangezogen werden, um ein Pferd zu identifizieren. Aus diesem Grund werden ihre Größe und Lage im Pferdepass erfasst. 

Die Ausprägung der Kastanien variiert dementsprechend stark. Manche Pferde haben sehr kleine, flache Hornplatten, während andere deutlich sichtbare, grobe Kastanien entwickeln. Auch die Oberflächenbeschaffenheit ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich und reicht von glatt und eben bis rissig und schuppig. Diese Unterschiede sind in erster Linie individuelle, angeborene Merkmale. Doch auch das Alter des Tieres kann einen Einfluss haben. So haben ältere Pferde mitunter größere und dickere Kastanien vorzuweisen.

Fazit

Kastanien beim Pferd sind kleine, aber faszinierende Details am Körper der Pferde. Sie sind ein sichtbarer Beweis für die lange Entwicklungsgeschichte der Equiden und dienen heute der Identifikation. Für das Pferd selbst stellen sie kein Problem dar, solange sie nicht übermäßig einreißen oder verschmutzen. Ein gelegentliche Sichtkontrolle und ein vorsichtiges Kürzen bei Bedarf reichen völlig aus. Auch wenn sie auf den ersten Blick unscheinbar wirken, erzählen Kastanien eine spannende Geschichte und machen die Anatomie der Pferde noch ein Stück interessanter.

FAQ: Häufige Fragen zum Thema Kastanien beim Pferd

Haben alle Pferde Kastanien?

Ja, jedes Pferd besitzt Kastanien – sie gehören fest zur Anatomie der Tiere. Unterschiede gibt es allerdings in der Ausprägung..

Haben auch andere Tiere Kastanien?

Ja, auch nahe Verwandte des Pferdes wie Esel, Zebras oder Wildeselarten (z. B. Onager und Kulan) haben Kastanien. Bei ihnen sitzen die Hornplättchen jedoch ausschließlich an den Vorderbeinen.

Gibt es Erkrankungen, die speziell die Kastanien befallen?

Dedizierte Erkrankungen der Kastanien sind nicht bekannt. Da sie jedoch aus Horn bestehen, können sie einreißen oder beim Spielen oder Scheuern verletzt werden. In solchen Fällen kann es zu Blutungen oder kleinen Wunden kommen. Außerdem können sich unter losen oder aufgebrochenen Hornstücken Schmutz und Bakterien sammeln, was im ungünstigsten Fall zu lokalen Entzündungen führt. Bei Rötungen, Schwellungen, Wärme oder auffälligem Schmerzverhalten im Bereich der Kastanie sollte deshalb ein Tierarzt oder eine Tierärztin hinzugezogen werden.

Können Kastanien zur Altersbestimmung genutzt werden?

Nein, Kastanien eignen sich nicht zur Altersbestimmung eines Pferdes. Zwar verändern sie im Laufe des Lebens ihr Aussehen, etwa indem sie bei älteren Pferden größer, dicker oder unregelmäßiger werden, diese Veränderungen sind jedoch sehr individuell und lassen sich nicht pauschalisieren. Anders als bei den Zähnen, die tatsächlich zur Altersbestimmung herangezogen werden können, gibt es bei den Kastanien keine verlässlichen Anhaltspunkte. Sie lassen also eher Rückschlüsse auf das individuelle Erscheinungsbild als auf das genaue Alter zu.

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