Katze bekommt im Garten einen Epilepsie-Anfall.
Tiergesundheit

Epilepsie bei Katzen: Alles Wissenswerte für Halterinnen und Halter

08.07.2024

Wenn die geliebte Fellnase plötzlich zu Boden fällt und unkontrolliert krampft, löst das bei vielen Halterinnen und Haltern Panik und ein Gefühl von Hilflosigkeit aus – zumindest, wenn sie dies zum ersten Mal bei ihrer Katze erleben. Kein Wunder, denn der Anblick kann verstörend sein und große Angst machen, wenn man nicht weiß, womit man es hier überhaupt zu tun hat. Die Erleichterung ist riesig, wenn der Krampf vorübergeht und sich die Katze wieder weitgehend normal verhält. Aber auch wenn es dem Tier wieder besser zu gehen scheint, ist ein Besuch beim Tierarzt oder der Tierärztin unumgänglich. Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, dass die Katze einen epileptischen Anfall hatte. 

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die Katzen zwar seltener betrifft als beispielsweise Hunde, aber trotzdem relativ häufig bei den Samtpfoten vorkommt. Ein typisches Symptom sind Krampfanfälle, die von unterschiedlicher Dauer und Schwere sein können. Leider ist Epilepsie nicht heilbar, es gibt jedoch Behandlungsmöglichkeiten, die dem Tier Linderung verschaffen können. Welche das sind, was man tun sollte, wenn die Katze einen epileptischen Anfall hat, und viele weitere Fragen klären wir in diesem Artikel. 

Was ist Epilepsie?

Als Epilepsie bezeichnet man eine neurologische Störung, die durch wiederkehrende Anfälle verbunden mit Krämpfen, Zuckungen und Zittern gekennzeichnet ist. Diese Anfälle werden durch eine abnorme, plötzliche und übermäßige elektrische Entladung im Gehirn hervorgerufen, ähnlich einem Gewitter. Durch die spontane Entladung verschiebt sich das Gleichgewicht der Neurotransmitter. Das sind biochemische Botenstoffe, die die Aufgabe haben, Reize und Informationen von Nervenzelle zu Nervenzelle weiterzuleiten. Manche Neurotransmitter wirken anregend auf die Nervenzellen, andere haben eine hemmende Wirkung. Geraten sie nun in ein Ungleichgewicht, konterkarieren Erregung und Hemmung, was zu einer Störung der Reizweiterleitung führt. In der Folge kommt es zu einem epileptischen Anfall.

Eine Epilepsie kann angeboren oder erworben bzw. durch andere Krankheiten verursacht sein. Unterschieden werden in dem Zusammenhang die idiopathische und symptomatische Epilepsie:

  • Idiopathische Epilepsie: Bei der idiopathischen oder primären Epilepsie ist keine zugrundeliegende Ursache erkennbar, weshalb man von einer genetischen Veranlagung ausgeht. Die angeborene Epilepsie tritt bei Katzen im Vergleich zu Hunden seltener auf und wenn, dann vorrangig bei jüngeren Tieren.
  • Symptomatische Epilepsie: Bei der symptomatischen oder sekundären Epilepsie ist eine zugrundeliegende Ursache erkennbar. Sie entsteht meist infolge einer mangelnden Sauerstoffzufuhr im Gehirn oder Schäden im Nervengewebe. Bei Katzen ist die erworbene Epilepsie am häufigsten verbreitet.

Die Ursachen einer erworbenen Epilepsie können sowohl inner- als auch außerhalb des Gehirns und Nervensystems liegen. Sind die Auslöser innerhalb des Gehirns zu verorten, spricht man von intrakraniellen oder intrazerebralen Ursachen. Das können beispielsweise sein:

  • Gehirnverletzungen infolge von Traumata
  • Gehirntumore und -wucherungen, sowohl bösartig als auch gutartig
  • Hirnhautentzündungen (Meningitis) und Gehirnentzündungen (Enzephalitis) infolge bakterieller oder viraler Infektionen oder Autoimmunerkrankungen 

Liegen die Ursachen außerhalb des Gehirns, ist die Rede von extrakraniellen oder extrazerebralen Auslösern. Sie haben mittelbare Auswirkungen auf Gehirn und Nervensystem. Beispiele dafür sind:

  • Stoffwechselstörungen infolge von Nieren-, Leber-, Schilddrüsenerkrankungen oder Diabetes mellitus
  • Herzerkrankungen
  • Medikamente
  • Vitamin- und Nährstoffmangel 

Um eine Katze mit Epilepsie bestmöglich behandeln zu können, ist es wichtig, sie tierärztlich untersuchen zu lassen und die Ursache ausfindig zu machen. 

Wie verläuft ein epileptischer Anfall?

Epileptische Anfälle folgen einem generellen Verlauf, der sich in vier Phasen gliedert.

  • Prodromalphase: Die Prodromalphase ist die Phase, in der sich ein epileptischer Anfall bei der Katze ankündigt. Sie kann Stunden oder Tage dauern. Das Tier verhält sich auffällig unruhig, hat einen großen Bewegungsdrang oder zeigt Angst und versteckt sich. 
  • Aura: Die Phase wenige Sekunden vor dem Anfall wird als Aura bezeichnet. Die Katze verhält sich völlig atypisch, indem sie sich beispielsweise unerwartet verkriecht, aggressiv oder extrem anhänglich wird.
  • Iktus: Der Iktus ist quasi der Höhepunkt und beschreibt die Zeit des eigentlichen epileptischen Anfalls. 
  • Postiktale Phase: Ist der Anfall überstanden, tritt die postiktale Phase ein. Diese kann sich ebenfalls unterschiedlich äußern. Manche Katzen sind extrem erschöpft, müde und lethargisch, andere bleiben aufgedreht und haben Probleme, sich zu orientieren.

Abhängig von der Dauer und Schwere des epileptischen Anfalls kann sich bei Katzen ein lebensbedrohlicher Zustand einstellen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn das Tier so stark krampft, dass seine Atmung aussetzt. Der fachsprachliche Begriff dafür lautet Grand-mal-Anfall. Ebenso gefährlich wird es, wenn die Katze länger als fünf Minuten das Bewusstsein verliert. Dieser Zustand wird als Status epilepticus bezeichnet und ist ein medizinischer Notfall. Ebenso muss die Katze zum Tierarzt oder zur Tierärztin gebracht werden, wenn es sich um einen Cluster- oder Serienanfall handelt. Hier treten die Krämpfe in kurzer Abfolge hintereinander auf. Kurz bedeutet: Zwei oder mehr Anfälle innerhalb von 24 Stunden. Aus einem Cluster-Anfall kann sich ein Status epilepticus entwickeln. 

Symptome eines epileptischen Anfalls bei Katzen

Epileptische Anfälle bei Katzen können von kaum wahrnehmbaren Symptomen bis hin zu ausgeprägten Krämpfen mit anschließender Bewusstlosigkeit begleitet sein. Hier ein paar Beispiele für mögliche Anzeichen:

  • Starrer Blick: Manche Katzen starren zu Beginn eines Anfalls einen willkürlichen Punkt an. Der Blick ist leer.
  • Verhaltens- und Wesensänderungen: In der Aura-Phase verhalten sich Katzen oft untypisch und sind beispielsweise ungewohnt ängstlich oder anhänglich.
  • Plötzliches Umfallen, Strecken der Gliedmaßen: Während eines epileptischen Anfalls fallen Katzen oftmals um und strecken die Pfoten von sich. 
  • Unkontrollierte, krampfartige Bewegungen: Ein typisches Symptom bei Epilepsie ist das unkontrollierte Krampfen.
  • Zucken und Zittern: Die Muskeln, vor allem im Gesicht und in den Gliedmaßen, beginnen zu zittern und zu zuckern.
  • Tonisch-klonische Bewegungen: Darunter versteht man rhythmisch strampelnde Beinbewegungen, während der restliche Körper steif bleibt.
  • Kauen und Speicheln: Ein epileptischer Anfall bei der Katze kann auch von heftigem Speicheln, Kauen und Beißen begleitet sein.
  • Erbrechen, unkontrollierbarer Harn- und Kotabsatz: Wenn die Katze die Kontrolle über Blase und Schließmuskel verliert, kann es passieren, dass sie uriniert oder Kot absetzt. Manche Tiere übergeben sich während des Anfalls.
  • Eingeschränkte Wahrnehmung: Die Katze wirkt geistig abwesend und ist nicht ansprechbar.
  • Bewusstlosigkeit: In schweren Fällen verlieren Katzen sekunden- oder minutenlang das Bewusstsein. 
  • Blind- und Taubheit, Desorientierung: Nach einem epileptischen Anfall können Katzen orientierungslos und unkoordiniert wirken. Manche scheinen vorübergehend sogar das Seh- und Hörvermögen zu verlieren.

Nicht bei allen Katzen zeigen sich diese Symptome und es gibt keine eindeutigen Signale, anhand derer man erkennen könnte, dass ein epileptischer Anfall bevorsteht. Es kann daher sinnvoll sein, die Katze genau zu beobachten und zu prüfen, ob es bestimmte Verhaltensweisen gibt, die immer wieder auftauchen, um für das nächste Mal besser vorbereitet zu sein. 

Epilepsie bei der Katze diagnostizieren

Hat die Katze einen epileptischen Anfall erlitten, muss sie unverzüglich einem Tierarzt oder einer Tierärztin vorgestellt werden. Je schneller diagnostiziert wird, welche Ursache die Epilepsie hat, desto besser stehen die Chancen auf eine wirksame Behandlung. 

Ein wesentlicher Bestandteil der Diagnose ist die Anamnese. In dem Zusammenhang werden Halter und Halterinnen nach der Ernährung, den Haltungs- und Lebensbedingungen und die Herkunft der Katze gefragt. Hilfreich bei der Bestandsaufnahme sind zeitliche Protokollierungen und Beobachtungen: Wie lange hat der Anfall gedauert? Welche Symptome hat die Katze gezeigt? Unter welchen Umständen kam es dazu? Nach der Anamnese folgt eine allgemeine klinische Untersuchung. Daraufhin wird der Tierarzt oder die Tierärztin entscheiden, welche weiteren diagnostischen Verfahren angewendet werden.

So gibt es beispielsweise die Möglichkeit, das Blut zu untersuchen oder Nervenwasser zu entnehmen, um dieses auf Entzündungen im Bereich von Hirn und Rückenmark zu prüfen. Bildgebende Verfahren (Röntgen, CT, MRT) sind hilfreich, wenn es darum geht, innere Verletzungen, Tumore oder andere strukturelle Anomalien ausfindig zu machen. Wird eine angeborene Epilepsie diagnostiziert, ist keine Ursache feststellbar, so dass man davon ausgeht, dass die Anfälle genetisch bedingt sind.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Katzen mit Epilepsie?

Epilepsie ist eine unheilbare Erkrankung. Deswegen ist es Ziel der Therapie, Häufigkeit und Schwere der epileptischen Anfälle zu reduzieren, um der Katze zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Relativ gebräuchlich – vor allem bei angeborener Epilepsie – ist die Gabe von Medikamenten wie Phenobarbital, das die Aktivität bestimmter Gehirnareale eindämmt. Es wird oft zusammen mit Kaliumbromid verabreicht, um die Wirksamkeit zu verstärken. Seltener kommt es zu chirurgischen Eingriffen, wobei diese durchaus in Erwägung gezogen werden können, wenn beispielsweise eine Missbildung oder strukturelle Wucherung ursächlich für die Epilepsie ist. Bei Tumoren können auch eine Bestrahlung oder Chemotherapie infrage kommen. Liegt eine bakterielle Infektion vor, besteht die Option, diese mit einem Antibiotikum zu behandeln.

Anpassungen in der Ernährung und den Haltungsbedingungen sind ein weiterer therapeutischer Ansatz, um die Anzahl und Intensität der epileptischen Anfälle zu verringern. Die Katze sollte in einem möglichst vertrauten, ruhigen Umfeld leben und strukturierte Abläufe haben. Veränderungen können Stress verursachen, den es bei Epilepsie zu vermeiden gilt. Geht es um Spezialdiäten, liegt der Fokus häufig auf einem hohen Fettanteil und wenig Kohlenhydraten. Allerdings lässt sich hier in Sachen Wirksamkeit nichts pauschalisieren. Unterstützend werden mitunter auch alternative Therapiemethoden wie Akupunktur angewendet.

Wichtig ist, eine Katze mit Epilepsie engmaschig zu betreuen und regelmäßig durchchecken zu lassen, um ihren Zustand im Blick zu behalten und die Therapiemaßnahmen gegebenenfalls anzupassen. Eine Katzenkrankenversicherung ist in dem Fall eine große Hilfe. Sie übernimmt die Kosten für veterinärmedizinische Leistungen, seien es diagnostische Verfahren oder Medikamente, so dass die Katze bestmöglich behandelt werden kann, ohne dass Halter und Halterinnen sich finanziell verausgaben müssen.

Sofortmaßnahmen: Was tun bei einem epileptischen Anfall?

Ein epileptischer Anfall kann ein erschreckender Anblick sein, deswegen ist es umso wichtiger, Ruhe zu bewahren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Katze und sich selbst bestmöglich zu schützen. Steht das Tier kurz davor, einen Anfall zu erleiden, oder ist schon mittendrin, erweisen sich folgende SOS-Maßnahmen als sinnvoll:

    • Sichere Umgebung schaffen: Gefahrenquellen wie heiße, spitze oder scharfe Gegenstände in unmittelbarer Nähe der Katze sofort entfernen.
    • Abstand halten: Die Katze kann ihre Bewegungen während des Anfalls nicht koordinieren. Es besteht das Risiko, dass sie beißt oder kratzt. Deswegen ist es wichtig, sie nicht zu berühren – es sei denn, sie muss aus einer Gefahrensituation gerettet werden.
  • Äußere Reize reduzieren: Lärm und grelle Beleuchtung können zusätzlichen Stress beim Tier auslösen. Es ist daher sinnvoll, den Raum abzudunkeln und Lärmquellen auszuschalten. 
  • Dokumentieren: Um dem Tierarzt oder der Tierärztin möglichst konkret Auskunft über Dauer und Verlauf geben zu können, sollte der epileptische Anfall dokumentiert werden. Dazu kann man sich entweder schriftlich Notizen machen oder das Geschehen mit dem Smartphone filmen.
  • Erste-Hilfe-Set bereithalten: Sollte sich die Katze während des Anfalls verletzen oder medizinische Hilfe benötigen, ist es gut, wenn ein Erste-Hilfe-Set bereit liegt. 
  • Notfallkontakt wählen: Verliert die Katze das Bewusstsein, dauert der Anfall ungewöhnlich lange oder befindet sie sich in einem bedrohlichen Zustand, sollte unverzüglich eine Tierklinik oder ein Tiernotdienst gerufen werden.

Es scheint nicht viel zu sein, was man während eines epileptischen Anfalls tun kann. Trotzdem können diese Maßnahmen dabei helfen, im Ernstfall Schlimmeres abzuwenden.

Fazit

Epilepsie bei Katzen ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die für die betroffenen Tiere und ihre Menschen sehr belastend sein kann. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von genetischen Faktoren über Hirnverletzungen und Tumore bis hin zu Stoffwechselstörungen. Eine frühzeitige Diagnose und eine Betreuung in enger Zusammenarbeit mit dem Tierarzt oder der Tierärztin sind entscheidend, um die Lebensqualität der Katze zu verbessern und ihr schöne weitere Jahre zu ermöglichen.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Epilepsie bei Katzen

Kann man Epilepsie bei Katzen vorbeugen?

Leider nicht, denn das würde bedeuten, alle möglichen Ursachen ausschließen zu können. Was genetische Prädispositionen betrifft, so sollte man bei der Zucht und Anschaffung von Katzen darauf achten, dass die Elterntiere gesund und nicht durch Epilepsie belastet sind. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es dann zwar immer noch nicht, aber das Risiko lässt sich zumindest im Hinblick auf angeborene Epilepsie etwas senken. 

Sind Antiepileptika für Katzen sicher?

Antiepileptika können wie alle anderen Medikamente von Katzen unterschiedlich vertragen werden. Zudem gibt es mögliche Nebenwirkungen, beispielsweise gesteigerten Appetit, gesteigerten Durst, Schläfrigkeit, Hyperaktivität oder Ataxie. Werden Antiepileptika auf den gesundheitlichen Zustand der Katze angepasst, sind sie jedoch weitgehend sicher. Wichtig in dem Zusammenhang ist, das Tier regelmäßig zu checken und die Dosierungen und Anweisungen des Tierarztes oder der Tierärztin genau zu befolgen.

Können Katzen mit Epilepsie ein normales Leben führen?

Mit der richtigen Behandlung können Katzen mit Epilepsie ein relativ normales Leben führen. Regelmäßige tierärztliche Kontrollen und Anpassungen der Medikation, sofern nötig, sind jedoch unerlässlich.

Kann eine Katze mit Epilepsie alleine gelassen werden?

Es ist am besten, Katzen mit Epilepsie nicht über längere Zeiträume ohne Aufsicht zu lassen. Wenn sie allein gelassen werden müssen, sollte die Umgebung sicher und frei von Gefahren sein, die bei einem Anfall zu Verletzungen führen könnten.

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