Sägebock veranschaulicht Sägebockstellung beim Pferd.
Tiergesundheit

Sägebockstellung beim Pferd: Ein Symptom, viele mögliche Ursachen

10.05.2024

Die Sägebockstellung beim Pferd ist ein markantes Symptom, das auf ernstzunehmende Erkrankungen hindeuten kann. Die Position wird oft als Reaktion auf Schmerz oder Unbehagen eingenommen, was verschiedene gesundheitliche Probleme oder Störungen zur Ursache haben kann. Zeigt ein Pferd die Sägebockstellung, sollte es daher umgehend tierärztlich untersucht werden. Aber wie sieht diese Haltung eigentlich aus und wie kommt es dazu? Wir klären auf.  

Was ist die Sägebockstellung?

Bei der Sägebockstellung handelt es sich um eine unnatürliche Haltung von Körper und Gliedmaßen, die krankheitsbedingt auftritt. Das Pferd stellt dabei die Vorder- und Hinterbeine schräg von sich weg, so dass sie eine A-Form annehmen. Die Gliedmaßen sind weit auseinandergestellt und der Rücken ist nach unten gedrückt, als ob er durchhängt. Die Position erinnert an einen Sägebock, der als Stützkonstruktion zum Sägen von Holzscheiten dient. Ähnlichkeit besteht auch zum Turngerät Pferd. Im Grunde genommen handelt es sich um eine Art Schonhaltung, mit der das Pferd versucht, sich bei Schmerzen oder Unbehagen Erleichterung zu verschaffen. 

Ursachen für die Sägebockstellung

Die Sägebockstellung beim Pferd deutet darauf hin, dass das Tier unter erheblichem Stress steht oder Schmerzen hat und bietet wichtige diagnostische Anhaltspunkte für die weitere Untersuchung und Behandlung. Typischerweise tritt die Sägebockstellung bei Tetanus und Kreuzverschlag auf, sie kann aber ein Hinweis auf Koliken, Magengeschwüre oder Hufrehe sein.

Sägebockstellung bei Tetanus

Tetanus, auch Wundstarrkrampf genannt, ist eine Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Clostridium tetani bzw. dessen Sporen hervorgerufen wird. Die Sporen kommen überall auf dem Boden vor und sind als bakterielle Dauerformen imstande, jahrzehntelang unter widrigen Bedingungen zu überleben. Dringen die Sporen in Wunden (bspw. Schürf- oder Stichwunden, Kastrationswunden, Nabelwunden) ein, beginnen sie, im sauerstoffarmen Milieu zu keimen und neue Zellen zu bilden. Sie vermehren sich und sondern Toxine ab, die sich ausbreiten. Zu den Toxinen gehören Tetanospasmin und Tetanolysin. Tetanolysin ist herzschädigend und bewirkt das Absterben von Gewebezellen, so dass sich die Vermehrungsbedingungen für das Bakterium verbessern. Tetanospasmin greift die muskelsteuernden Nervenzellen an, was zu spastischen Lähmungen und Muskelkrämpfen führt. Diese Krämpfe sind verantwortlich für die Sägebockstellung. Daneben können noch weitere Symptome entstehen, etwa

  • Krampfen der Gesichts- und Kaumuskulatur
  • Kiefersperre
  • Kontraktion des dritten Augenlids
  • Schluck- und Kaubeschwerden
  • steifer Gang
  • generelle Übererregbarkeit, Schreckhaftigkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Apathie

Tetanus kann bei erfolgloser Therapie innerhalb von drei Tagen bis zwei Wochen zum Tod führen. Um einer Erkrankung vorzubeugen, ist eine Schutzimpfung möglich und in jedem Fall zu empfehlen – einerseits, weil das Tetanus verursachende Bakterium ubiquitär vorkommt und andererseits, weil Pferde unter den Haustierarten am empfänglichsten für die Erkrankung sind.

Sägebockstellung bei Kreuzverschlag

Die Sägebockstellung kann auch bei einem Kreuzverschlag auftreten. Dabei handelt es sich um eine sehr schmerzhafte Entzündung der Rückenmuskulatur, die während oder nach einer größeren körperlichen Belastung entsteht. Sie tritt vorrangig nach Ruhephasen auf und kann sowohl unregelmäßig bewegte Pferde als auch gut trainierte Tiere wie Sport- und Rennpferde betreffen. Ursache ist eine Stoffwechselstörung, die durch die Aufnahme zu vieler Kohlenhydrate zustande kommt. Kohlenhydrate bzw. Glukose wird in den Muskeln in Form von Glykogen gespeichert, das bei Muskelaktivität unter Zuhilfenahme von Sauerstoff abgebaut wird, um Energie freizusetzen. Bei von Kreuzverschlag betroffenen Tieren ist zu viel Glykogen in den Muskeln eingelagert. Das passiert beispielsweise, wenn sie während Ruhetagen weiterhin volle Rationen Kraftfutter erhalten. Der Pferdekörper hat dann genug Zeit, größere Mengen von Glykogen zu speichern. 

Ist nun zu viel Glykogen vorhanden, reicht der Sauerstoff für die Energiegewinnungsprozesse nicht aus. In der Folge entsteht Laktat, ein Salz der Milchsäure. Es kann aufgrund des Sauerstoffmangels nicht abtransportiert werden und reichert sich an. Laktat bewirkt eine Übersäuerung der Muskeln, die dadurch beschädigt oder sogar zerstört werden können. Platzen die Muskelzellen auf, entweicht der rote Muskelfarbstoff Myoglobin, der den Sauerstoff in den Muskeln speichert. Er gelangt in den Blutkreislauf und wird über die Nieren ausgeschieden, wodurch sich der Urin betroffener Tiere immer dunkler färbt. Abhängig vom Schweregrad zeigen sich bei Kreuzverschlag weitere Symptome:  

Milder Kreuzverschlag (Symptome 5 bis 10 Minuten nach Belastungsbeginn) 

  • Unruhe
  • klammer Gang
  • verspannter Rücken
  • verkrampfte Haltung
  • strohgelber Urin

Moderater Kreuzverschlag (Symptome 15 bis 30 Minuten nach Belastungsbeginn) 

  • starkes Schwitzen
  • Bewegungsverweigerung
  • Zittern
  • stark verkrampfte Rückenmuskulatur (auf Höhe der Nieren und Kruppe)
  • Sägebockstellung
  • orangener bis hellbrauner Urin

Schwerer Kreuzverschlag (Symptome 30 Minuten bis mehrere Stunden nach Belastungsbeginn) 

  • massive Bewegungsverweigerung
  • extremes Schwitzen
  • Schmerzen
  • rasender Puls
  • schnelle Atmung
  • Fieber
  • dunkelbrauner Urin

Die Sägebockstellung kann bei moderatem und schwerem Kreuzverschlag auftreten. Das Pferd versucht auf diese Weise, die mit der krampfenden Rückenmuskulatur einhergehenden Schmerzen zu lindern.

Sägebockstellung bei Koliken und Magengeschwüren

Die Sägebockstellung beim Pferd kann des Weiteren auf Koliken oder Magengeschwüre hindeuten. Indem das Pferd die Vorder- und Hinterhand weit hinausstreckt, versucht es, sich Linderung bei akuten Magen- und Bauchschmerzen zu verschaffen und den Verdauungstrakt zu entlasten. Magenschmerzen und Magengeschwüre entwickeln Pferde häufig, wenn sie mit Kraftfutter gefüttert werden. Kraftfutter nimmt den Magensaft kaum auf, was dazu führt, dass die enthaltene Säure die Schleimhaut reizt. Zudem wird Kraftfutter nicht richtig gekaut. Dadurch gelangt weniger pH-neutraler Speichel in den Magen, der die überschüssige Magensäure puffern würde. Das passiert nicht, wenn das Pferd vorher Raufutter zu sich nimmt, das als Grundlage dient und die Magenschleimhaut vor der Säure schützt. Wichtig ist daher, vor dem Kraftfutter Raufutter zu geben. Im Zuge der Kraftfutteraufnahme kann es auch sein, dass das Pferd beim Reiten plötzlich stehen bleibt, in die Sägebockstellung geht und nicht mehr weiterlaufen möchte. Das lässt sich darauf zurückführen, dass die überschüssige Magensäure durch die kontrahierenden Bauchmuskeln in den vorderen Magenteil gelangt und dort die Schleimhaut reizt. 

Neben Magenreizungen und Magengeschwüren können Koliken Grund für die Sägebockstellung beim Pferd sein. Unter dem Begriff werden verschiedene Störungen des Verdauungssystems zusammengefasst, die zu starken Bauchschmerzen führen. Koliken können verschiedene Ursachen haben, sei es eine falsche Fütterung, Stress, Wetterumschwung, Vorerkrankungen oder Parasiten. Es können mehrere Arten von Koliken unterschieden werden:

  • Gaskoliken (Gasansammlungen im Verdauungstrakt)
  • Krampfkoliken (kontrahierende Darmbewegungen)
  • Sandkoliken (Entzündungen und Verstopfungen durch Sandaufnahme)
  • Verstopfungskoliken (Verstopfungen durch Nahrungsmittelstau)
  • Darmverschlingungen (Darm schlingt sich um sich selbst oder ein anderes Organ)
  • Darmdrehungen (Darm dreht sich um seine eigene Achse)
  • Darmverschluss (vollständige Darmblockade)

Koliken können für Pferde extrem gefährlich werden. In schweren Fällen wie einem Darmverschluss ist eine Notoperation oft die einzige Lösung, um das Pferd am Leben zu halten. Eine Pferde-OP-Versicherung oder Pferdekrankenversicherung übernimmt die Kosten, die mit chirurgischen Eingriffen bzw. tierärztlichen Behandlungen im Allgemeinen einhergehen. So sind Halter und Halterinnen im Ernstfall gut geschützt.

Sägebockstellung bei Hufrehe

Hufrehe ist eine gefährliche Erkrankung bei Pferden, deren erste Anzeichen leicht zu übersehen sind. Es handelt sich um eine Entzündung der Huflederhaut, die in vier Stadien verläuft und schwerwiegende Folgen haben kann. Schlimmstenfalls endet sie im Sohlendurchbruch und Ausschuhen. Beim Ausschuhen löst sich die Hufkapsel vollständig ab, so dass das Hufbein vollkommen ungeschützt ist. Für viele Pferde bedeutet das großes Leid und letztendlich das Todesurteil. 

Geht ein Pferd aufgrund schmerzender Hufe in Schonhaltung, spricht man häufig von Sägebockstellung. Es kann aber sein, dass nicht alle Beine schräg ausgestreckt sind, sondern nur die Vorderbeine, während die Hinterbeine unter den Körper gestellt werden. In jedem Fall versucht das Pferd, sich durch die Position zu entlasten. Die Sägebockstellung zeigt sich ab Stadium 2 (akute Hufrehe) und noch deutlicher in Stadium 3 (chronische Hufrehe). 

Fazit

Die Sägebockstellung beim Pferd ist ein Symptom, das in jedem Fall tierärztlich abgeklärt werden muss – nicht nur, weil sie auf eine schwerwiegende Erkrankung hindeuten kann, sondern weil sie zum Ausdruck bringt, dass das Pferd Schmerzen hat und unter Stress steht. 

FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Sägebockstellung beim Pferd

Gibt es die Sägebockstellung nur bei Pferden?

Nein, die Sägebockstellung tritt unter anderem auch bei Hunden auf. Die Ursachen dafür sind ähnlich wie bei Pferden. So zeigen Hunde die Sägebockstellung beispielsweise im Fall einer Magendrehung oder infolge einer Tetanus-Erkrankung.

Ist eine Sägebockstellung immer mit ernsten Erkrankungen verbunden?

In erster Linie ist eine Sägebockstellung beim Pferd Ausdruck von Schmerzen oder massivem Unbehagen. Die Haltung ist unnatürlich und deutet darauf hin, dass sich das Pferd Erleichterung verschaffen will. Die Ursache dafür muss nicht gleich lebensbedrohlich sein, sie kann es aber werden, wenn das Pferd unbehandelt bleibt. Allein um dem Pferd Schmerz und Stress zu ersparen, sollte schnellstmöglich gehandelt werden. 

Wie kann man eine Sägebockstellung beim Pferd behandeln?

Eine Sägebockstellung beim Pferd lässt sich nur behandeln, indem man das Übel an der Wurzel packt. Bedeutet: Die Ursache muss gefunden und mit entsprechenden Therapiemaßnahmen behoben werden. Erst wenn das Pferd schmerzfrei ist und sich besser fühlt, wird es wieder eine natürliche und gesunde Haltung annehmen.

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