Bei der Pferdepflege achten die meisten Halterinnen und Halter ganz selbstverständlich auf Fell, Hufe, Augen, Ohren und Maul, um sich ein Bild vom Allgemeinzustand ihres Vierbeiners zu machen. Doch es gibt Körperregionen, die mitunter übersehen werden. Eine davon ist die Schlauchtasche. Sie gehört zum Intimbereich von männlichen Pferden, der bei der Pflege und Begutachtung nicht immer Berücksichtigung findet. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Manchen Besitzern und Besitzerinnen ist das Thema schlicht unangenehm, anderen nicht so präsent und wieder andere unterschätzen, wie wichtig die Gesunderhaltung der Intimzone für das Wohlbefinden des Pferdes ist. Probleme mit der Schlauchtasche werden oft erst dann ersichtlich, wenn sich eine Schwellung zeigt. Dann liegt jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit schon länger etwas im Argen. Was dahinterstecken kann und welche Maßnahmen zur Behandlung und Vorbeugung es gibt, erklären wir in diesem Artikel.
Was ist die Schlauchtasche beim Pferd?
Bei der Schlauchtasche handelt es sich um eine Hautfalte, die den Pferdeschlauch (Schlauch = Penis) ummantelt. Sie schützt das Geschlechtsorgan des Tieres und fungiert wie eine äußere Vorhaut. Innenliegend wird der Schlauch mit einer weiteren Hautfalte bedeckt, die dem Hengst oder Wallach das Ausschachten (Erigieren und Ausfahren) erleichtert. Aufgrund ihrer Lage ist die Schlauchtasche allerhand Beanspruchungen ausgesetzt. Schwillt sie an, lässt sich daraus schließen, dass ein gesundheitliches Problem zugrunde liegt und das Pferd Schmerzen hat oder in seinem Wohlbefinden zumindest eingeschränkt ist.
Mögliche Ursachen für eine geschwollene Schlauchtasche beim Pferd
Eine geschwollene Schlauchtasche ist in erster Linie ein Symptom und kann auf unterschiedliche gesundheitliche Probleme hindeuten. Wir geben einen Überblick über mögliche Ursachen:
- Ansammlung von Smegma: Anatomiebedingt können sich in der Schlauchtasche allerhand Körpersekrete ansammeln. Ein Problem kann das sogenannte Smegma darstellen. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Talg, Sperma, Urin und abgestorbenen Hautzellen. Lagert sich zu viel davon in der Schlauchtasche an, kann das zu Reizungen, Irritationen und Entzündungen führen, zumal durch die wachsartige Konsistenz weiterer Schmutz aus der Umgebung hängen bleibt. Smegma-Ablagerungen können für Pferde sehr schmerzhaft sein und das Wasserlassen erschweren. Hengste haben damit tendenziell weniger Probleme als Wallache. Grund dafür ist, dass Hengste aufgrund ihres Sexualtriebs und der Deckakte häufiger ausschachten. Das hilft ihnen dabei, solche Ansammlungen loszuwerden. Bei Wallachen tritt das Ausschachten kastrationsbedingt seltener auf.
- Infektion: Wundinfektionen durch Bakterien sowie Pilzinfektionen können ebenfalls Entzündungen hervorrufen und Ursache für eine geschwollene Schlauchtasche sein. Zudem tritt eine Entzündung der Schleimhaut (Balanoposthitis) häufig in Zusammenhang mit dem Equinen Herpesvirus (EHV-3) auf.
- Trauma: Durch Prellungen beim Deckakt, Stöße oder Tritte kann es zu Gewebeverletzungen und Blutergüssen im Intimbereich kommen, die zu einer Schwellung der Schlauchtasche führen.
- Lymphstau: Eine geschwollene Schlauchtasche kann auch durch einen gestörten Lymphabfluss verursacht werden. Indem Lymphflüssigkeit nicht mehr richtig abtransportiert wird, bilden sich Ödeme, die für die Schwellung verantwortlich sind. Angelaufene Beine sind dahingehend ein typisches Warnzeichen. Ursache für einen Lymphstau ist meist mangelnde Bewegung. Auch Herz-Kreislauf-Probleme können den Lymphabfluss beeinträchtigen. Da bei älteren Pferden häufig beides zusammenkommt, sind sie besonders anfällig dafür.
- Allergische Reaktion: Eine Schwellung an der Schlauchtasche kann auch eine allergische Reaktion beispielsweise auf einen Insektenstich oder ein Kontaktallergen (Einstreu, Pflegeprodukte etc.) sein.
Gutartige oder bösartige Tumore können ebenfalls dazu führen, dass die Schlauchtasche anschwillt. Das kommt allerdings selten vor.
Was tun, wenn die Schlauchtasche beim Pferd geschwollen ist?
Ist die Schlauchtasche beim Pferd geschwollen, sollte das Tier dem Tierarzt oder der Tierärztin vorgestellt werden. Eine professionelle Untersuchung ist wichtig, um die Ursache ausfindig zu machen und geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen. Ist das Pferd inspiziert und abgetastet worden, schließen sich gegebenenfalls weitere Diagnoseverfahren an.
- Ein Ultraschall ermöglicht es, sich einen Eindruck von tieferliegenden Gewebestrukturen zu verschaffen und eventuelle Neubildungen oder Wucherungen zu identifizieren.
- Eine Blutuntersuchung liefert Entzündungswerte und gibt Aufschluss darüber, ob eine Infektion vorliegt.
- Auch eine Urinprobe kann sinnvoll sein, um ermitteln zu können, ob das Tier an einem Harnwegsinfekt leidet.
In erster Linie geht es darum, das Übel an der Wurzel zu packen und die Primärursache zu behandeln. Ist diese behoben, bildet sich im Normalfall auch die Schwellung zurück.
In vielen Fällen liegt einer geschwollenen Schlauchtasche keine Primärerkrankung zugrunde. Häufig sind es Smegma-Ablagerungen, die für Reizungen und Irritationen sorgen und die Schwellung hervorrufen. Mitunter bilden sich im Bereich des Harnröhrenausgangs harte, talgähnliche Klumpen, sogenannte Smegma-Steine, die einen unangenehmen Druck und Schmerzen verursachen können. Diese sollten vorsichtig entfernt werden. Theoretisch können Pferdehalter und -halterinnen diese Aufgabe selbst übernehmen. Allerdings sind dafür Erfahrung und Feingefühl gefragt. Geht man zu grob oder unsachgemäß vor, können Verletzungen und weitere Entzündungen die Folge sein. Hat das Pferd bei der Behandlung Schmerzen oder fühlt sich unwohl, kann es für den Menschen sogar gefährlich werden. Im Zweifel ist es daher besser, den Tierarzt oder die Tierärztin mit der Aufgabe zu betrauen. Eine Pferdekrankenversicherung bietet finanziellen Schutz, so dass das Pferd im Ernstfall optimal behandelt werden kann.
So kann man Schwellungen der Schlauchtasche vorbeugen
Eine geschwollene Schlauchtasche kann vielfältige Ursachen haben, daher gibt es kein allgemeingültiges Konzept zur Vorbeugung. Trotzdem kann man als Halter oder Halterin ein paar Vorsichtsmaßnahmen treffen:
- Regelmäßige Sichtkontrollen: Es ist wichtig, das Pferd regelmäßig von Kopf bis Fuß zu begutachten, um Veränderungen oder Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen. Dazu gehört auch eine Inspektion des Intimbereichs. Ebenso wichtig ist es, das Verhalten des Pferdes zu beobachten, um beispielsweise herauszufinden, ob es Schwierigkeiten beim Wasserlassen hat.
- Tierärztliche Untersuchungen: Regelmäßige Check-ups beim Tierarzt oder bei der Tierärztin helfen dabei, gesundheitliche Probleme zu identifizieren, die für Halter und Halterinnen nicht ohne weiteres erkennbar sind.
- Hygienemaßnahmen: Eine sachgemäße Intimpflege ist für die Gesunderhaltung eines Pferdes sehr wichtig. Das heißt nicht, dass Schlauch und Schlauchtasche täglich gereinigt werden müssen. Das wäre sogar kontraproduktiv, da man dadurch das natürliche Mikrobiom zerstören würde. Eine Waschung alle paar Monate ist ausreichend. Scharfe Reinigungsmittel braucht es dafür nicht. Warmes Wasser und Jodseife sind schonender zur Haut und reinigen genauso gut.
Auf die Gesundheit seines Pferdes zu achten, bedeutet, auf sämtliche Bereiche zu schauen, die für sein Wohlbefinden relevant sind und Themen, die einem vielleicht unangenehm sind, nicht auszublenden. Verantwortung endet nämlich nicht dort, wo es unbequem wird. Wer sich mit allen Aspekten der Pferdepflege auseinandersetzt, stärkt letztlich auch die Bindung zu seinem Tier.
Fazit
Auch wenn die Schlauchtasche im Pflegealltag vieler Pferdehalter und -halterinnen nicht im Vordergrund steht, sollte sie regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf gereinigt werden. Schwellungen in dem Bereich sind nicht immer ein Grund zur Sorge – oft steckt lediglich eine Verschmutzung dahinter. Allerdings kann eine geschwollene Schlauchtasche auch auf eine Entzündung, Verletzung oder andere gesundheitliche Probleme hinweisen. Wer sein Pferd gut kennt und auf Veränderungen achtet, kann frühzeitig handeln und seinem Vierbeiner wieder zu mehr Wohlbefinden verhelfen.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema geschwollene Schlauchtasche beim Pferd
Die Schlauchtasche meines Pferdes ist geschwollen. Wann muss ich zum Tierarzt?
Wenn die Schwellung plötzlich auftritt, sehr groß oder hart ist, schmerzhaft wirkt oder nicht von selbst zurückgeht, sollte das Pferd schnellstmöglich tierärztlich untersucht werden. Dasselbe gilt bei Verdacht auf eine Infektion, Verletzung oder Smegma-Steine im Harnröhrenausgang.
Was tun, wenn mein Pferd sich an der Schlauchtasche nicht anfassen lässt?
Dann sollte man behutsam vorgehen und versuchen, langsam Vertrauen aufzubauen. Viele Pferde sind in diesem Bereich sehr empfindlich. Wenn eine Reinigung nötig ist, kann auch ein Tierarzt oder eine Tierärztin helfen – gegebenenfalls unter leichter Sedierung.
Können Parasiten Schwellungen der Schlauchtasche verursachen?
Ja, Milben und andere Hautparasiten können in seltenen Fällen Reizungen oder Entzündungen der Schlauchtasche auslösen.