Mädchen sitzt lachend auf einem Pferd. Erfüllt sie das Bild eines Pferdemädchens?
Häufige Fragen

Pferdemädchen: Klischees, Vorurteile und (Halb)Wahrheiten

12.07.2023

Von Herablassung und Spott bis hin zu unbeschwerter Reit- und Pferdebegeisterung. Vieles hat unter dem Begriff Pferdemädchen seinen Platz. Oftmals ist die Bezeichnung Pferdemädchen eine Zuschreibung von außen, mitunter bezeichnen sich Pferdeliebhaber:innen jedoch auch selbst als Pferdemädchen. Wir beleuchten die Bedeutung des Begriffs Pferdemädchen hier einmal von allen Seiten.

Was ist ein typisches Pferdemädchen?

Ganz allgemein benennt der Begriff Pferdemädchen junge Frauen und Mädchen, die eine enge Beziehung zu Pferden haben, sich stark für Pferde interessieren und viel Zeit mit Pferden oder Themen rund um Pferde verbringen. Sie begeistern sich beispielsweise für das Training oder die Pflege von Pferden, für Pferdesport und Pferderassen. Viele von ihnen reiten regelmäßig oder haben ein eigenes Pferd.

Das war es aber auch schon mit den allgemeingültigen Aussagen. Denn das typische Pferdemädchen gibt es nicht. Pferdemädchen sind so unterschiedlich, wie Menschen nur sein können.

Pferdemädchen

  • verbringen die meiste Zeit im Stall.
  • haben ihr Zimmer mit Pferdepostern tapeziert und nutzen ausschließlich Hefte und Stifte, die mit Pferden dekoriert sind.
  • folgen auf Social Media unzähligen Pferde- und Reit-Accounts.
  • tragen farblich aufeinander abgestimmte Reitkleidung möglichst passend zur aktuell verwendeten Schabracke.
  • verrücken 15 bis 20 kg schwere Futtersäcke von A nach B oder sind darin geübt voluminöse Heunetze zu bewegen.
  • haben ein breites Wissen über die Physiologie und Anatomie von Pferden.
  • können aus dem Stehgreif einen einstündigen Vortrag über so ziemlich jede beliebige Pferderasse halten.
  • Kümmern sich um die Gesundheit ihres Pferdes, unter anderem indem sie eine Pferde-OP- oder Krankenversicherung abschließen.
  • verfolgen ambitionierte Trainingspläne
  • stehen problemlos früh auf, wenn es auf ein Turnier geht.
  • scheuen sich nicht, sich die Hände dreckig zu machen.

Pferdemädchen können jedes dieser und noch viele weitere Merkmale in sich vereinen. Sie sind so unterschiedlich wie Fußballjungs, Radfahr-Menschen oder Jogger:innen. Der gemeinsame Nenner ist jeweils das Interesse für Fußball, Radfahren, Joggen oder eben Pferde. So ist Pippi Langstrumpf vielleicht sogar eines der bekanntesten Pferdemädchen. Nur, dass der Begriff Pferdemädchen ein ganz besonderer zu sein scheint. Denn mit ihm sind häufig negative und herablassende Äußerungen verbunden.

Klischees und Vorurteile

Vielfach gelten Pferdemädchen als arrogant, verwöhnt, zickig oder oberflächlich. Ab und an mag das zutreffen, wie im Übrigen auf viele andere Menschen. Setzt man sich mit dem Begriff Pferdemädchen auseinander trifft man auf viele Vorurteile und Klischees. Dies sind einige der häufigsten:

  • Pferdemädchen kommen aus wohlhabendem Elternhaus und sind per se hochnäsig.
  • Pferdesport ist nur etwas für Reiche, also sind diejenigen, die ihn betreiben, verwöhnt.
  • Im Stall geht es um Konkurrenz und Status. Daher sind Pferdemädchen zickig
  • Pferdemädchen interessieren sich ausschließlich für Pferde und sind daher oberflächlich.

Doch das Leben mit Pferden führt im Allgemeinen zu ganz anderen Eigenschaften als den vorgenannten.  Zumeist widmen sich pferdebegeisterte Mädchen oder junge Frauen mit großer Konsequenz ihrem Hobby. Das Zusammensein im Stall kann den Ausbau sozialer Fähigkeiten fördern. So müssen in der Gemeinschaft Konflikte gelöst, das gemeinschaftliche Erreichen von Zielen bewältigt werden. Wer eine Quadrille reitet und sich bei der Pferdepflege gegenseitig unterstützt, lernt vieles, was auch außerhalb des Stalls nützlich sein kann. Zudem verfügen pferdebegeisterte Menschen im Allgemeinen über vielfältige praktische Fähigkeiten. Sie sind fit und geübt darin, mit anzupacken, wenn es um körperlich anstrengende Tätigkeiten geht. Sie sind oftmals handwerklich geschickt und führen kleinere Reparaturen problemlos selbst durch.

Pferdemädchen werden erwachsen und nennen sich in der Regel nicht mehr Pferdemädchen. Es sind Frauen, die ihre Pferdebegeisterung auf ganz unterschiedliche Weise ausleben. Auch hier kommt man mit Stereotypen in der Beschreibung nicht weiter. Die eine liebt den Turniersport, eine andere geht mit ihrem geliebten Pferd lediglich spazieren, weil ihr Pferd aufgrund seines Alters nicht mehr geritten werden darf. Wieder eine andere hat weder Zeit noch Geld für ein eigenes Pferd, reitet aber wo immer sie kann, nimmt regelmäßig Reitstunden oder nutzt ihren Urlaub für ausgedehnte Ausritte. Gemeinsam ist ihnen die Liebe zu den großen Vierbeinern.

Etymologie

Der Begriff des Pferdemädchens ist ein umgangssprachlicher Begriff, bei dessen Herkunft man sich nicht ganz sicher ist. Angenommen wird eine Verbindung zu klischeehaften Darstellungen in Medien, wie Filmen und Büchern. So wurde das Bild vom pferdebegeisterten Mädchen durch die Protagonistinnen in Black Beauty-Verfilmungen, Wendy-Heften oder der Ostwind-Filmreihe geprägt.

Bekannte Bücher mit Pferdemädchen

Zumeist erscheinen Pferdebücher in Reihen. Hier einige der beliebtesten:

  • Nele Neuhaus: Elena – Ein Leben für Pferde
  • Gina Mayer: Pferdeflüsterer-Academy
  • Antje Szillat: Tessa
  • Carola Wimmer: Ostwind
  • Bonnie Bryant: Sattelclub

Berühmte Filme mit Pferdemädchen

Es gibt leider nicht sehr viele berühmte Filme mit Pferdemädchen. Doch diese hier sind zu Klassikern geworden:

  • Black Beauty
  • Dreamer – ein Traum wird wahr
  • Ostwind
  • Wendy-Filme
  • Spirit (von 2002)
  • Immenhof-Mehrteiler aus den 50er Jahren
  • Bibi & Tina

Weitere bekannte Pferdefilme sind:

  • Der Pferdeflüsterer
  • Jappeloup – eine Legende
  • Seabiscuit – Mit dem Willen zum Erfolg

Doch nicht nur in den klassischen Medien stößt man auf das Phänomen Pferdemädchen. Auch auf Social Media begegnet einem das Thema.

Freshtorge nimmt Pferdemädchen aufs Korn

Freshtorge ist ein deutschsprachiger Youtuber, der Steretoype aufs Korn nimmt und sich große Mühe gibt sie filmisch darzustellen. Dabei spielt er selbst alle Rollen, in teils grotesken Verkleidungen. So verwandelt sich der mit bürgerlichem Namen heißende Torge Oelrich zuweilen in das Pferdemädchen Mareike. Mareike bedient viele Klischees, die sogenannten Pferdemädchen zugeschrieben werden. Besonders eingängig beispielsweise mit einem eigenen Lied des Pferdemädchens Mareike.

Auf TikTok wiederum trifft man auf das Pferdemädchen Lydia.

Das ostfriesische „Pferdemädchen Lydia“

Hinter dem ostfriesischen Pferdemädchen Lydia steckt Bastian Mansholt. Aus einer Kneipenlaune heraus ergab sich das erste Video, dem mittlerweile viele weitere folgten. Auch er greift in seinen Videos verschiedene Klischees über Pferdemädchen auf.

Neben diesen Pferdemädchen veralbernden Accounts finden sich auf Social Media auch ernsthafte Pferdemädchen. So beispielsweise Kristin Connors, die sich selbst sogar als Pferdemädchen bezeichnet.

Kristin Connors – Pferdemädchen

Kristin Connors ist leidenschaftliche Reiterin und Pferdeliebhaberin. Auf ihrem Account derdismero postet sie auf Instagram Videos und Bilder von sich und ihrer Pferdebegeisterung. So finden sich dort viel Interessantes aus dem ganz realen Leben eines Pferdemädchens.

Fazit:

Das typische Pferdemädchen gibt es nicht. Der Begriff wird vielfach abwertend verwendet und bedient sich diverser Klischees und Vorurteile. Mit positiver Haltung verwendet beschreibt der Begriff Pferdemädchen ein Mädchen oder eine junge Frau, die sich für alles, was mit Pferden zu tun hat, begeistert. Wer die Vielfalt der Interessen und Eigenschaften Pferdebegeisterter zu sehen weiß, bekommt ein umfassenderes und höchstwahrscheinlich auch ein realistischeres Bild von Pferdeliebhaber:innen. Es lohnt sich, Vorurteile und Klischees zu hinterfragen.

FAQs: Häufig gestellte Fragen

Warum wird „Pferdemädchen“ als Beleidigung benutzt?

Der Begriff wird als Beleidigung verwendet, wenn jemand die Leidenschaft für Pferde als lächerlich oder oberflächlich kennzeichnen möchte. So werden pferdebegeisterte Mädchen und Frauen als albern, dumm oder deren Verhalten als peinlich gelabelt.

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