Eine Schlundverstopfung beim Pferd tritt meist plötzlich auf und kann ernste Folgen haben, wenn das Tier nicht umgehend medizinisch versorgt wird. Sie entsteht, wenn Fremdkörper (meist Futter) in der Speiseröhre stecken bleiben und den Nahrungsfluss blockieren. Das verursacht einen Würgereiz beim Pferd, der jedoch meist dazu führt, dass die Schleimhaut in der Speiseröhre anschwillt und sich der Durchgang noch weiter verengt. All das ist für das Tier mit viel Stress und Schmerzen verbunden. In diesem Artikel erklären wir, wodurch eine Schlundverstopfung hervorgerufen werden kann, was im Ernstfall zu tun ist und welche Möglichkeiten der Vorbeugung es gibt.
Was ist eine Schlundverstopfung?
Eine Schlundverstopfung, fachsprachlich Ösophagusobturation genannt, ist eine der häufigsten Speiseröhrenerkrankungen bei Pferden. Sie tritt akut auf und kann alle Altersklassen und Rassen betreffen, wobei manche Tiere aufgrund ihres Fressverhaltens oder Vorerkrankungen einem höheren Risiko ausgesetzt sein können. Bei einer Schlundverstopfung bleiben Fremdkörper – meist Futter – in der Speiseröhre stecken und können sich nicht mehr vor- und zurückbewegen. Dazu muss man wissen, dass der Schlund eines Pferdes per se lang und eng ist und in einem spitzen Winkel in den Magen übergeht, wodurch es dem Tier nicht möglich ist, sich zu erbrechen.
Kommt es zu einer Verstopfung, kontrahiert die Speiseröhre weiter, um den Futterbrei zum Magen zu befördern. Die Blockade löst sich dadurch jedoch nicht auf. Stattdessen ziehen sich die Muskeln an der Engstelle noch mehr zusammen, was Würgereiz und Husten beim Pferd verursacht. Das führt zu einem Anschwellen der Schleimhaut und zu einer weiteren Verengung des Durchgangs. Die Futterpassage ist dann vollständig blockiert, so dass kein Abschlucken mehr möglich ist.
Es gibt drei Bereiche der Speiseröhre des Pferdes, in denen Schlundverstopfungen am häufigsten auftreten.
- Unmittelbar hinter dem Rachen bzw. Kehlkopf
- Am Eingang zur Brusthöhle
- An der Schnittstelle zwischen Speiseröhre und Zwerchfell
Eine Schlundverstopfung ist ein medizinischer Notfall und muss sofort behandelt werden. Grund: Durch das Würgen fließt futterhaltiger Speichel aus Maul oder Nüstern wieder heraus. Dabei besteht die Gefahr, dass das Pferd Bestandteile des Futters einatmet, denn Speise- und Lungenröhre liegen nah beieinander. Gelangen Futterpartikel in die Lunge, können sie dort schwere Entzündungen auslösen.
Mögliche Ursachen einer Schlundverstopfung
Abhängig von den zugrundeliegenden Ursachen werden zwei Arten der Schlundverstopfung unterschieden: die primäre und die sekundäre. Die primäre Form kommt am häufigsten vor und hängt mit der Fütterung bzw. Nahrungsaufnahme zusammen. Sie entsteht beispielsweise infolge von nicht ausreichend aufgeweichtem Futter wie Rübenschnitzeln oder Pellets. Diese können um ein Vielfaches aufquellen, wenn sie sich im feuchten Milieu des Schlunds vollsaugen. Das führt dazu, dass sie den Durchgang blockieren. Das Risiko besteht grundsätzlich bei gepressten, mehligen oder klebenden Futtermitteln.
Eine weitere primäre Ursache ist, dass Pferde zu hastig fressen, etwa weil sie aufgrund von Futterneid unter Stress stehen oder sehr großen Hunger haben. Durch das schnelle Fressen wird das Futter nicht richtig eingespeichelt und gekaut, wodurch es leichter steckenbleibt. Oft passiert das beispielsweise bei Möhren, Äpfeln oder kurzhalmigem Heu. Das unzureichende Zerkleinern der Nahrung ist auch der Grund, warum Zahnprobleme beim Pferd zu einer Schlundverstopfung führen können.
Die sekundäre Schlundverstopfung ist auf angeborene oder erworbene Vorerkrankungen der Speiseröhre zurückzuführen. Das können beispielsweise Wucherungen, Tumore oder Geschwüre sein, die den Durchgang verengen oder den Transport des Futters behindern. Eine Erkrankung, die aus genetischen Gründen vor allem unter Friesen verbreitet ist, ist der sogenannte Megaösophagus. Dabei handelt es sich um eine Aussackung der Speiseröhre, die mit Bewegungsstörungen der Muskulatur verbunden ist. Tiere mit dieser Erkrankung sind einem höheren Risiko für eine Schlundverstopfung ausgesetzt.
<h3>Schlundverstopfung beim Pferd erkennen: Die häufigsten Symptome</h3>
Es gibt Symptome, die für eine Schlundverstopfung typisch sind. Wir geben einen Überblick über die gängigsten Anzeichen:
- Verweigerung der Nahrungsaufnahme
- Starkes, teils schwallartiges Speicheln
- Würgen und Husten
- Krampfen des Halses
- Ggf. sicht- oder tastbare Schwellung im Halsbereich
- Speichel- und futterhaltiger Ausfluss aus den Nüstern
- Nach vorne gestreckter, zu Boden gesenkter Kopf
- Verkrampfte, angespannte Körperhaltung
- Erhöht Puls- und Atemfrequenz
- Unruhe, Scharren, Wälzen
- Schwitzen
Setzt sich das Futter im hinteren Teil der Speiseröhre fest, kann es passieren, dass das Pferd zunächst weiterfrisst, wodurch sich immer mehr Futter ansammelt. Es kann daher eine Weile dauern, bis sich Symptome zeigen. Befindet sich die Blockade dagegen im oberen Bereich der Speiseröhre, stellen sich die Symptome schneller ein.
Schlundverstopfung behandeln: Erste-Hilfe-Maßnahmen und medizinische Versorgung
Eine Schlundverstopfung beim Pferd muss dringend medizinisch behandelt werden. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Speiseröhre Verletzungen davonträgt oder Speichel und Nahrung in die Atemwege gelangen und eine Lungenentzündung verursachen. Sobald der Verdacht besteht, dass die Speiseröhre verstopft ist, sollten folgende Erste-Hilfe-Maßnahmen ergriffen werden:
- Sofort den zuständigen Tierarzt bzw. die Tierärztin oder eine nahegelegene Tierklinik verständigen
- Dem Pferd kein Futter und Wasser mehr verabreichen (Gefahr des Einatmens)
- Den Kopf des Pferdes nach unten strecken (Speichel kann so besser abfließen)
- Den Hals des Pferdes vorsichtig von außen abtasten; bei Erfühlen einer Schwellung sanft abwärts massieren, sofern das Pferd es zulässt – keinen Druck ausüben und nicht in Richtung Maul streichen!
- Sollte das nicht möglich sein: Hals bedecken und wärmen, um die Muskeln zu entkrampfen
- Das Pferd nicht unnötig bewegen
- Nicht mit den Fingern ins Maul des Pferds greifen (kein Erbrechen möglich)
- Sollte das Pferd nervös oder panisch werden: Nicht selbst in Gefahr bringen, sondern zurücktreten und auf professionelle Hilfe warten
Sobald der Veterinär oder die Veterinärin eingetroffen ist, erfolgt die medizinische Versorgung. Zuerst wird dem Pferd ein krampflösendes und beruhigendes Mittel gespritzt, damit sich die Muskulatur entspannt. Bei leichteren Schlundverstopfungen kann das – gegebenenfalls in Kombination mit einer behutsamen Massage – schon helfen.
Sollte die Blockade sich nicht lösen, erfolgt meist eine Spülung mit warmem Wasser über eine Nasenschlundsonde. Dafür wird dem Tier ein Sondenschlauch in den Nasengang eingeführt und vorsichtig in den Schlund geschoben bis zu der Stelle, an der die Verstopfung sitzt. Dann wird gespült, bis sich der Futterbrei in Richtung Magen bewegt. Das kann eine halbe bis ganze Stunde dauern. Damit das Pferd ruhig bleibt und den Kopf während des Spülens unten hält, wird es vorab sediert. Bei schweren Verstopfungen kann eine Vollnarkose nötig sein. Alternativ besteht die Option, den Futterbrocken mittels Endoskop und Zange in Richtung Magen zu schieben, das ist jedoch mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden. Auch ein Speiseröhrenschnitt ist im Notfall möglich, kann aber zur Folge haben, dass Narben oder Geschwüre zurückbleiben. Diese verengen die Speiseröhre, was dazu führt, dass das Pferd anfälliger für Schlundverstopfungen wird.
Begleitend zur Behandlung erhält das Pferd Infusionen, damit es nicht dehydriert. Mitunter werden auch schmerz- und entzündungshemmende Medikamente verabreicht, da die Schleimhaut der Speiseröhre infolge der Verstopfung stark gereizt ist und sich entzünden kann. In den ersten 24 Stunden nach der Behandlung darf das Pferd nur Wasser zu sich nehmen. Danach erfolgt eine langsame Anfütterung mit Schonkost, am besten mit breiigem Futter (Mash) oder eingeweichter Kleie. In den ersten fünf Tagen sollte zu Kontrollzwecken noch Fieber gemessen werden, um möglichst frühzeitig zu erkennen, falls sich das Pferd eine Lungenentzündung zugezogen hat. Wenn es Probleme mit der Atmung oder Husten entwickelt, sollte es abermals tierärztlich untersucht werden und erhält dann gegebenenfalls Antibiotika.
Ein Schlundverstopfung beim Pferd sollte zügig behandelt werden, da ansonsten Komplikationen und Spätfolgen drohen. Möglich ist beispielsweise, dass das festgesetzte Futter austrocknet, mit der Speiseröhre verklebt und operativ entfernt werden muss. Das kann wiederum Gewebsverletzungen und Narben verursachen, die die Entstehung einer weiteren Schlundverstopfung begünstigen. Deswegen gilt: Nicht warten, sondern handeln. Eine Pferdekrankenversicherung kann im Notfall eine große Hilfe sein. Sie übernimmt die Kosten für konservative Behandlungen und chirurgische Eingriffe, so dass Halter und Halterinnen ihr Tier bestmöglich versorgen lassen können, ohne Angst vor finanziellen Risiken haben zu müssen.
Wie kann man einer Schlundverstopfung beim Pferd vorbeugen?
Zwar kann man einer Schlundverstopfung nicht zu 100% vorbeugen, mit der richtigen Fütterung und einer umfassenden Gesundheitsvorsorge lässt sich das Risiko jedoch reduzieren. Sinnvolle vorbeugende Maßnahmen sind:
- Gemüse und Obst in richtiger Größe verfüttern: Äpfel, Möhren, Birnen und dergleichen sollten nach Möglichkeit im Ganzen gegeben werden, da sie dann eher gekaut werden. Steht jedoch zu erwarten, dass das Futter unzerkaut im Schlund landet, sollte es klein zerteilt werden. Pferden mit Zahnproblemen kann man auch geraspeltes Obst und Gemüse geben.
- Trockenschnitzel, Weizenkleie und Co. ausreichend einweichen: Trockene Rübenschnitzel, Heucobs, Weizenkleie, Pellets und andere Futtermittel, die bei Kontakt mit Flüssigkeit aufquellen, müssen lange genug einweichen, bevor sie gegeben werden. Bei Trockenschnitzeln sind 12 Stunden empfehlenswert.
- Raufutter vor Kraftfutter: Erhält ein Pferd zuerst Raufutter, kann es seinen ersten Hunger stillen und läuft weniger Gefahr, im Anschluss das Kraftfutter hinunterzuschlingen.
- Slowfeeder, Heukörbe oder Heunetze: Für hastige Fresser sind Slowfeeder, Heukörbe und Heunetze ideal. Sie ermöglichen eine langsame Fütterung, da das Pferd nur kleine Mengen des Raufutters herausziehen kann. Eine Alternative ist, große Steine in den Trog zu legen. Das Pferd muss dann sortieren, was das Fresstempo reduziert.
- Mehrere kleine Futterportionen: Erhält das Pferd mehrmals am Tag kleinere Portionen Futter, hat es nicht so schnell wieder Hunger. Das kann dazu beitragen, dass es weniger schlingt.
- Tiere bei Futterneid getrennt füttern: Futterneid unter Artgenossen kann insbesondere bei rangniederen Pferden Stress auslösen, denn sie dürfen erst fressen, wenn die ranghöheren Tiere satt sind. Das kann dazu führen, dass sie gehetzt schlucken statt in Ruhe zu kauen. Um das zu verhindern, ist es ratsam, die Tiere bei Futterneid getrennt voneinander zu füttern.
- Freies Füttern auf der Weide untersagen: Eine Schlundverstopfung kann auch entstehen, wenn Passanten das Pferd auf der Weide unsachgemäß füttern. Verbotsschilder, Warnhinweise und gegebenenfalls zusätzliche Zaunabsicherungen können dabei helfen, dem Szenario vorzubeugen.
- Regelmäßige Zahnkontrollen: Mindestens einmal im Jahr sollte das Gebiss des Pferdes tierärztlich untersucht werden, denn Zahnprobleme können zur Folge haben, dass die Nahrung nicht richtig zerkleinert und eingespeichelt wird und sich infolgedessen in der Speiseröhre sammelt.
Bei Tieren, die bekannte Vorerkrankungen an der Speiseröhre haben, ist besondere Sorgfalt bei der Fütterung gefragt. Sie sollten ebenfalls regelmäßig tierärztlich vorgestellt werden.
Fazit
Eine Schlundverstopfung beim Pferd ist eine akute Erkrankung, die schwerwiegende Folgen wie Lungenentzündungen oder Verletzungen der Speiseröhre haben kann. Sie entsteht oft durch Schlingen oder eine ungeeignete Fütterung, beispielsweise die Verabreichung unzureichend eingeweichter Trockenschnitzel. Auch Zahnprobleme, Speiseröhrenerkrankungen und Futterneid können ein ungesundes Fressverhalten begünstigen und zu einer verstopften Speiseröhre führen. Durch ein sorgfältiges Futtermanagement und Präventionsmaßnahmen wie regelmäßige tierärztliche Check-ups lässt sich das Risiko jedoch reduzieren. Generell ist eine Schlundverstopfung gut behandelbar, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Aus diesem Grund ist es wichtig, das Tier bei Verdacht umgehend medizinisch versorgen zu lassen.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Schlundverstopfung beim Pferd
Ist eine Schlundverstopfung lebensbedrohlich für das Pferd?
Eine Schlundverstopfung kann gefährlich werden, wenn sie unbehandelt bleibt. Mögliche Komplikationen sind Schäden an der Speiseröhre und Lungenentzündungen durch das Einatmen von Futter.
Können bestimmte Futterarten Schlundverstopfungen begünstigen?
Ja, trockenes oder zu fein gemahlenes Futter, das in Kontakt mit Flüssigkeit aufquillt, kann eine Schlundverstopfung begünstigen. Ein Risiko besteht auch bei klebrigen Futtermitteln und zu großen Futterballen.
Was ist der Unterschied zwischen einer Schlundverstopfung und einer Kolik?
Eine Schlundverstopfung betrifft die Speiseröhre und behindert den Futtertransport. Koliken sind dagegen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, die mitunter Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme verursachen. Beide Erkrankungen erfordern sofortige tierärztliche Hilfe.
Kann eine Schlundverstopfung von selbst wieder verschwinden?
In besonders leichten Fällen kann sich die Verstopfung lösen, doch es ist immer ratsam, einen Tierarzt oder eine Tierärztin zu rufen, um Komplikationen zu vermeiden und das Pferd nicht unnötigen Risiken auszusetzen.
Wie lange dauert die Genesung nach einer Schlundverstopfung?
Das hängt vom Schweregrad der Verstopfung ab. In vielen Fällen erholt sich das Pferd innerhalb von wenigen Tagen, jedoch können bei komplizierteren Verläufen längere Regenerationsphasen oder Nachbehandlungen nötig sein.
Kann eine Schlundverstopfung wiederholt auftreten?
Ja, wenn die Ursache wie hastiges Fressen, Zahnprobleme oder strukturelle Anomalien der Speiseröhre nicht behoben wird, kann es zu wiederkehrenden Verstopfungen kommen.