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Tiergesundheit

Wie funktioniert die Verdauung eines Pferdes?

14.05.2021

Die Verdauung ist eine der wichtigsten Säulen für die Gesundheit und das Wohlbefinden eines Pferdes. Sie ist nicht nur für die Nährstoffaufnahme verantwortlich, sondern auch entscheidend für das Immunsystem und die gesamte Stoffwechselbalance. Wer versteht, wie die Verdauung beim Pferd funktioniert, kann damit zusammenhängende Probleme frühzeitig erkennen und entsprechend handeln. In unserem Artikel erfährst du alles, was du dazu wissen musst.

Grundlagen der Pferdeverdauung und Ernährung

Pferde sind reine Pflanzenfresser (Herbivoren) und nehmen von Natur aus über viele Stunden hinweg kleine Mengen an Nahrung zu sich. Das Verhalten ist das Ergebnis einer langen evolutionären Anpassung. Genau darauf ist auch ihr Verdauungssystem ausgelegt. 

Aufgrund der geringen Größe ihres Magens sind die Tiere darauf angewiesen, über den Tag verteilt nahezu ununterbrochen zu fressen. Größere Futterpausen können nicht nur Stress verursachen, sondern auch zu gesundheitlichen Problemen führen, etwa zu einer Übersäuerung des Magens.

Das Verdauungssystem des Pferdes ist hochsensibel und komplex. Es umfasst verschiedene Organe, die perfekt aufeinander abgestimmt zusammenarbeiten. Nur wenn jeder einzelne Prozess optimal funktioniert, kann das Pferd Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen und verwerten. Ein grundlegendes Verständnis für die Verdauung hilft dabei, die Fütterung gezielt zu gestalten und typische Erkrankungen wie Koliken, Kotwasser oder Fehlgärungen vorzubeugen.  

Das Verdauungssystem des Pferdes

An der Verdauung des Pferdes sind unterschiedliche Organe beteiligt. Mithilfe des Titelbildes kannst du die Erklärungen zu den nummerierten Organen leicht nachverfolgen. Wir fangen im Maul des Pferdes an:

Zähne

Ein ausgewachsenes Pferd verfügt über 40 bis 44 Zähne. 12 davon sind Schneidezähne (Incisivi), mit denen das Tier Gräser und andere feste Nahrung ab- und durchbeißen kann. Hinzu kommen bis zu 4 Canini (Eck- oder Hakenzähne), die jedoch häufig nur bei Hengsten vorkommen. Daher rührt der Alternativbegriff Hengst­zähne. Die 24 Backenzähne (12 Prämolaren und 12 Molaren) dienen zum Zermahlen der Nahrung. Bei manchen Tieren sind zusätzlich noch Anlagen für 4 Wolfszähne ausgebildet. Dabei handelt es sich um rudimentäre Backenzähne, die heute keine Funktion mehr haben.

Speiseröhre (Oesophagus)

Der Muskelschlauch transportiert das zerkleinerte Futter in den Magen. Aufgrund der anatomischen Verhältnisse am Mageneingang können Pferde nicht erbrechen.

Magen (Gaster bzw. Ventriculus)

Der Magen besteht aus einer Schleimhaut mit Drüsen und einer drüsenlosen Schleimhaut. Aufgrund seiner Lage im Bauchraum kann er weder von außen ertastet noch auf rektalem Weg untersucht werden, was die Diagnostizierung bei gesundheitlichen Problemen erschwert. Mit einem Fassungsvermögen von 8 bis 15 Litern ist der Magen im Vergleich zum Rest des Verdauungsapparates eher klein ausgeprägt. Hinzu kommt, dass ununterbrochen Magensäure produziert wird. Aus diesen Gründen ist eine kontinuierliche Futteraufnahme über den ganzen Tag notwendig. Anderenfalls können Stress und gesundheitliche Beschwerden wie eine Übersäuerung die Folge sein.

Darm (Intestinum)

Die gesamte Länge des Pferdedarms beträgt je nach Größe des Pferdes 25 bis 40 Meter. Das entspricht circa dem 10-fachen der Körperlänge.

Dünndarm (Intestinum tenue)

Zwischen Magen und Blinddarm liegt der Dünndarm. Er ist an der sogenannten Gekrösewurzel aufgehängt. Diese gibt ihm ausreichend Freiheit, um im Bauchraum zu schwimmen. Die Aufgabe des Dünndarms besteht darin, schnell verdauliche Kohlenhydrate aus dem Futter aufzuspalten. Die Passagezeit ist mit ein bis zwei Stunden recht schnell. Durch die Bauchspeicheldrüse werden verschiedene Enzyme in den vorderen Abschnitt des Dünndarms eingeleitet, die zusätzlich bei der Verdauung helfen. Der Dünndarm beim Pferd ist insgesamt 20 bis 30 Meter lang und besteht aus drei Abschnitten.

Zwölffingerdarm (Duodenum)

Der Zwölffingerdarm ist der erste Abschnitt hinter dem Magen. Seine Länge beträgt 1 bis 1,5 Meter.

Leerdarm (Jejunum)

Mit rund 17 bis 28 Metern Länge ist der Leerdarm der längste Abschnitt. Er folgt direkt auf den Zwölffingerdarm. Seine Bezeichnung stammt aus der Humanmedizin, weil er bei den ersten Obduktionen immer leer vorgefunden wurde.

Hüftdarm (Ileum)

Mit 0,7 bis 0,8 Metern ist der Hüftdarm der kürzeste Teil und über eine Gekrösefalte mit dem Blinddarm verbunden. Er bildet den letzten Abschnitt des Dünndarms. 

Blinddarm (Caecum)

Der Blinddarm beim Pferd ist rund einen Meter lang und hat ein Fassungsvermögen von bis zu 68 Litern. Er befindet sich auf der rechten Körperseite, beginnt unterhalb der Lendenregion und zieht sich über die rechte Hungergrube bis zur Brustbeinspitze. Teilweise kann man das Einspritzgeräusch des Futterbreis aus dem Dünndarm in den Blinddarm hören. Es klingt wie bei einer alten Toilettenspülung, bei der man noch an einer Kordel ziehen musste. Der Blinddarm bildet zusammen mit dem Dickdarm die Gärkammer für die Zelluloseverdauung.

Dickdarm (Intestinum crassum)

Der Dickdarm ist insgesamt 6 bis 9 Meter lang und hat ein Fassungsvermögen von durchschnittlich 80 Litern. Man unterscheidet das große Kolon, das Querkolon und das kleine Kolon. Die Form des Kolons gleicht zwei übereinander angeordneten Hufeisen. Es liegt ohne feste Fixierung in der Bauchhöhle. Die einzelnen Darmabschnitte haben eine charakteristische Anzahl an Bandstreifen, anhand derer sie bei einer rektalen Untersuchung unterschieden werden können. Das kleine Kolon schließt sich dem großen Kolon an und hat eine Länge von 2 bis 4 Metern. Hier wird dem Kot Wasser entzogen und es entstehen die typischen Pferdeäpfel. Hat das Pferd Probleme bei diesem Vorgang, kann Kotwasser auftreten.

Mastdarm (Rektum)

Als letzter Abschnitt ist der Mastdarm die Verbindung zum After.

Wodurch kann die Verdauung eines Pferdes gestört werden?

Es gibt einige Faktoren, die ungünstig oder schädigend für die Verdauung sein können. Dazu zählt vor allem ein ungeeignetes Fütterungsmanagament, beispielsweise zu viel Kraftfutter, zu wenig Raufutter oder zu lange Fresspausen. Auch eine plötzliche Futterumstellung kann die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen. Stress, zu wenig Bewegung und mangelnde Wasseraufnahme sind ebenfalls potenzielle Auslöser für Verdauungsprobleme. Im schlimmsten Fall können solche Störungen zu einer lebensbedrohlichen Kolik führen.

Ein weiterer Risikofaktor ist mangelnde Zahnkontrolle. Pferde mit Zahnproblemen können ihr Futter nicht richtig zerkleinern, was die Verdauung erschwert und zu Verstopfungen führen kann. Nicht zuletzt können Parasiten wie Bandwürmer den Darm schädigen und die Verdauung nachhaltig stören. Gut zu wissen: Die Pferdekrankenversicherung der Uelzener bezuschusst Vorsorgemaßnahmen wie Entwurmungen mit bis zu 500 Euro pro Jahr und schützt dich vor finanziellen Risiken, falls dein Pferd medizinisch behandelt werden muss. So bist du auf der sicheren Seite.

Fazit

Die Verdauung des Pferdes ist ein hochkomplexer und sensibler Vorgang. Nur wenn alle Organe im Verdauungstrakt reibungslos zusammenarbeiten und das Fütterungsmanagement stimmt, kann das Pferd Nährstoffe optimal verwerten. Pferdehalter und -halterinnen sollten daher besonderes Augenmerk auf die Qualität des Futters, regelmäßige Fütterungszeiten, eine ausreichende Raufutterversorgung, Zahnkontrollen und ausreichend Bewegung legen. 

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Pferdeverdauung

Warum ist Heu so wichtig für die Pferdeverdauung?

Heu ist reich an strukturierter Rohfaser, die für die gesunde Funktion des Dickdarms unerlässlich ist. Es fördert die Kautätigkeit und dadurch die Produktion von Speichel, der wiederum die Magensäure puffert.

Was sollte man bei einer Futterumstellung beachten?

Eine Futterumstellung sollte immer schrittweise erfolgen, um die Darmflora nicht zu überfordern und Verdauungsstörungen zu vermeiden. Dafür solltest du mindestens zwei Wochen einplanen und das Futters in kleinen Anteilen nach und nach ersetzen. 

Warum ist Bewegung so wichtig für die Verdauung?

Bewegung fördert die Darmperistaltik, also die Bewegung des Darms, und regt somit die Verdauung an. Steht ein Pferd zu lange still, etwa bei Boxenhaltung ohne Weidegang, kann das unter anderem zu Verstopfung führen.

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