Wenn sich beim Reiten ein leichter Schaum am Maul des Tieres bildet, gilt das gemeinhin als gutes Zeichen. Schließlich steht die Speichelproduktion durch das Leerkauen für ein entspanntes Pferd, obwohl es gerade Höchstleistungen vollbringt. Es kann aber auch andere Ursachen geben, etwa Schmerz oder Stress. Daher ist es immer wichtig, die Gesamtsituation zu beurteilen.
Leerkauen, häufig auch als Abkauen bezeichnet, ist bei Pferden eine Maultätigkeit, die Speichelfluss auslöst. Als natürlicher Reflex wird die Speichelproduktion bei Entspannung angeregt, damit zum Beispiel rohfaserhaltiges Futter verdaut werden kann. Bei Anspannung wird hingegen weniger Speichel gebildet.
Es ist allerdings oft zu sehen, dass ein Pferd auch bei körperlicher Anstrengung oder Stress auf seinem Gebiss kaut. Sowohl das Material des Gebisses, als auch Berührungspunkte und die Stärke der Kaubewegung haben dabei Einfluss auf die Speichelproduktion. Darüber hinaus ist das Abkauen bei jedem Pferd sehr individuell. Es heißt also nicht grundsätzlich, dass ein schäumendes Pferd entspannt ist.
Welche Bedeutung hat das Abkauen beim Pferd?
Die Maultätigkeit setzt nicht nur bei Entspannung ein, sondern hat auch selbst eine beruhigende Wirkung auf das Pferd. Das Genick wird gelockert und Verspannungen lösen sich. Beim Reiten sind fließendere Bewegungsabläufe und eine bessere Versammlung möglich. Des Weiteren tritt Leerkauen meist ein, wenn Spannung abgebaut wird und die Entspannungsphase beginnen kann. Beispielweise ist bei Pferden oft ein Effekt zu beobachten, wenn sie eine Übung verstanden haben und richtig umsetzen oder sich nach dem Training im Paddock entspannen. Beginnt ein Pferd beim Reiten also zu kauen, wenn es eine Lektion gut umgesetzt hat, so sollte immer ein liebevolles Lob folgen.
Leerkauen kann aber auch zur Sprache der Pferde untereinander gehören. Fohlen und Jungpferde kauen häufig ab, um eine beschwichtigende Geste gegenüber älteren Tieren zu signalisieren. Wenn Pferde diese Geste auch ihren Menschen zeigen, ist das ein Anzeichen von großem Druck und damit ein ganz anderes Signal als das entspannte Kauen. Denn auch Schmerzen und Magengeschwüre können zu einer Kaubewegung verleiten. Mitunter tritt diese Bewegung zusammen mit einem Zähneknirschen auf und ist ein wichtiger Hinweis, dass das Pferd tierärztlich untersucht werden sollte. Mit finanzieller Unterstützung durch eine Pferde-Krankenversicherung sollte man Anzeichen dieser Art bald nachgehen.
Ist Schaum ein Zeichen für ein entspanntes Pferd?
Abkauen und Schaum sind alleinstehend noch keine Belege für ein entspanntes Pferd. Es müssen immer auch die anderen Signale eines Pferdes berücksichtigt werden. Zeigen Schweif, Ohren, Mimik und das generelle Verhalten keine Merkmale von Stress, ist das ein wichtiges und gutes Zeichen. Auch Abschnauben und ein tief schwingender Kopf sind deutliche Signale von Entspannung.
Beim Reiten zeigt sich die Lösung von Anspannung außerdem durch einen schwingenden Rücken. Statt vor Stress oder Schmerzen zu verkrampfen, spannen sich die langen Rückenmuskeln wechselseitig an und ab und ermöglichen so eine gute Verbindung zur Vor- und Hinterhand des Pferdes und damit auch zu einem entspannten Genickbereich. Eher klebriger Speichel allein kann auch einfach durch die Anstrengung beim Training entstehen.
Entspannte oder hektische Maultätigkeit beim Pferd?
Ob die Maultätigkeit entspannt ist oder hektisch, lässt sich anhand einiger Faktoren entscheiden. Beim entspannten Abkauen ist der Pferdekopf gesenkt und die Lippen sind leicht geöffnet. Zähne und Zunge können sichtbar sein und eine horizontale Kaubewegung entsteht am Gebiss.
Ein hektisches Kauen geht hingegen meist auf Stress, Überforderung oder Schmerzen zurück. Es ist keine Entspannungshaltung auszumachen und der Unterkiefer presst sich stark gegen den Oberkiefer. Sogar ein Klappern mit den Zähnen kann vorkommen. Pferde reagieren so häufig auf unpassende Ausrüstung oder zu hartes Training. Da das Kauen konditioniert werden kann, ist über lange Zeit falsch behandelten Pferden dieses Verhalten mitunter nur schwer wieder abzugewöhnen.
Es kann allerdings auch vorkommen, dass gar keine Maulaktivität festzustellen ist. In dem Fall sollte zuerst der Nasenriemen gelockert werden, falls das Pferd einen trägt. Wenn die Kiefergelenke blockiert sind, verkrampft schnell das ganze Pferd. Es kann aber auch sein, dass Pferde sich ihren Reiter:innen widersetzen, weil ein falscher Sitz oder eine unruhige Zügelhaltung Schmerzen verursachen. Ein hektisches oder verkrampftes Leerkauen kann zu weiteren Verspannungen und Schmerzen führen. Auch die Zähne können unter dem druckvollen Kauen leiden.
Folgende Dinge sollten überprüft werden, bevor das entspannte Abkauenlassen zu einem Teil des Trainings wird:
- Hat das Pferd Schmerzen im Maulbereich und braucht vielleicht eine Zahnbehandlung?
- Können andere Schmerzen ursächlich sein?
- Passt der Sattel einwandfrei auf den Pferderücken oder kommt es zu Druckstellen?
- Ist der eigene Reitstil korrekt und fördert ein entspanntes Reiten?
Übungen, um das Abkauen mit dem Pferd zu trainieren
Grundsätzlich fördert bereits die richtige Ausrüstung, dass ein Pferd sich entspannen kann. Eine einfach oder doppelt gebrochene Wassertrense ermöglicht dem Pferdemaul viel Bewegungsfreiheit, insbesondere wenn keine Riemen über die Nase gelegt werden. So kann das Pferd sein Maul leicht öffnen und entspannt die Zunge bewegen. Vor dem eigentlichen Training können einfache Übungen das Pferd bereits zum Leerkauen anspornen. Diese Übungen sind besonders bei Pferden wichtig, die über lange Zeit falsch geritten wurden und eben nicht von alleine in eine entspannte Haltung gehen.
Dabei können Reiter:innen vor dem Aufsteigen dem Pferd beispielsweise sanft die Lippen massieren und einen Finger in den Maulwinkel stecken. Schleckt das Pferd daraufhin mit der Zunge und setzt zum Kauen an, ziehe die Finger weg und lob das Tier. Tritt der Effekt nicht ein, kann der Druck leicht verstärkt werden. Übungen dieser Art sollten zwei bis dreimal wiederholt werden und immer positiv mit einem Lob enden.
Beobachtung ist der Schlüssel beim Leerkauen
Da das Leerkauen eines Pferdes immer in den Kontext der allgemeinen Körpersprache und Situation eingeordnet werden muss, ist es wichtig, sein Tier stets gut zu beobachten. Dabei fallen nicht nur Fehler im eigenen Reit- oder Trainingsstil, sondern auch Verletzungen und Schmerzen beim Pferd. Selbstverständlich müssen auch Gebiss und Sattel optimal passen. Läuft das Pferd locker und entspannt und bildet dabei Schaum vor dem Mund, dann ist das Abkauen wirklich, wie so oft behauptet, ein gutes Signal.
Läuft ein Pferd verspannt oder steht es beispielsweise angespannt in der Stallgasse, so kann man es gezielt zum Abkauen anregen. Bei vielen Pferden führen geeignete Übungen dazu, dass sie schlecken, kauen und den Kopf senken – also Druck ablassen und sich am ganzen Körper entspannen.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema “Leerkauen beim Pferd”
Was bedeutet es, wenn das Pferd auf dem Gebiss kaut?
Die Maultätigkeit setzt nicht nur bei Entspannung ein, sondern hat auch selbst eine beruhigende Wirkung auf das Pferd. Beim Reiten sind fließendere Bewegungsabläufe und eine bessere Versammlung möglich. Leerkauen kann aber auch zur Sprache der Pferde untereinander gehören. Fohlen und Jungpferde kauen häufig ab, um eine beschwichtigende Geste gegenüber älteren Tieren zu signalisieren.
Welches Gebiss ist das Beste für mein Pferd?
Mit Unterstützung eines Pferdezahnarztes oder dem sogenannten „2-Finger-Tests“ lässt sich feststellen, wie viel Platz im Maul des Pferdes ist und welche Gebissstärke empfehlenswert ist. Bei dem 2-Finger-Test legt man einfach die zusammengelegten Zeige- und Mittelfinger an die Stelle ins Pferdemaul, an der das Gebiss eingelegt wird.
Wie bringe ich mein Pferd zum Abkauen?
Eine einfach oder doppelt gebrochene Wassertrense ermöglicht dem Pferdemaul viel Bewegungsfreiheit, insbesondere wenn keine Riemen über die Nase gelegt werden. So kann das Pferd sein Maul leicht öffnen und entspannt die Zunge bewegen. Vor dem eigentlichen Training können einfache Übungen das Pferd bereits zum Leerkauen anspornen.