Der Ballentritt ist eine Verletzung, die bei Pferden relativ häufig vorkommt und zu einer blutigen Angelegenheit werden kann. Schon kleine Wunden sind behandlungsbedürftig, weil der Ballen naturgemäß nah am Boden ist und daher leicht mit Schmutz und Keimen in Berührung kommen kann. Von einem Ballentritt spricht man, wenn das Pferd mit dem Hinterhuf in die Fesselbeuge seines vorderen Hufs tritt. Das kann beispielsweise beim übermütigen Toben auf der Weide oder auch beim Reiten in verschiedenen Disziplinen (Springen, Vielseitigkeit, Fahren etc.) passieren. Meistens sind Ballentritte selbst zugefügt, sie können aber auch durch Artgenossen verursacht werden, beispielsweise wenn ein Pferd dem anderen auf der Weide zu nah kommt oder von hinten zu dicht heranreitet und ihm in die Hacken tritt.
Die Verletzungen müssen nicht immer schwerwiegend sein. Kleinere Kratzer und Hautabschürfungen können Halter und Halterinnen im Normalfall gut selbst behandeln. Tiefe Wunden und schwerwiegende Prellungen müssen jedoch umgehend tierärztlich versorgt werden. Aufgrund der guten Durchblutung des Hufs passiert es häufig, dass Verletzungen durch Ballentritte stark bluten. In solchen Situationen ist es wichtig, einen Druckverband anzulegen. Wir geben einen Überblick über die Sofortmaßnahmen.
Ballentritt richtig versorgen: Erste Hilfe und Druckverband
Ballentritte bei Pferden kommen vorwiegend am inneren oder äußeren Ballen des Vorderbeins vor, seltener an den Hinterbeinen. Nicht immer sind Komplikationen zu erwarten. Es kann jedoch passieren, dass sich die Wunde entzündet oder der Tritt so heftig war, dass das Gewebe bis zur Sehnenscheide oder zum Kronrand einreißt. Der Ballen ist ein sehr empfindlicher Teil des Pferdehufs. Er befindet sich oberhalb des Hufhorns und ist nur durch Haut und Fell geschützt. Das ist auch der Grund, weshalb es schnell zu Verletzungen kommen kann. Schmerzhaft ist ein Ballentritt in jedem Fall, weswegen Pferde unmittelbar nach dem Ereignis häufig anfangen zu lahmen und Schwierigkeiten haben, aufzutreten. Umso wichtiger ist, schnell zu handeln und geeignete Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen.
Hilfsperson holen und Umgebung absichern
Bei der Erstversorgung eines Pferdes steht Sicherheit an erster Stelle. Es handelt sich um Fluchttiere mit starkem Instinktverhalten, die in Stresssituationen anders reagieren können, als man es erwarten würde. Um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen, ist es daher wichtig, sich zunächst eine Hilfsperson zu suchen, die das Pferd fixieren und beruhigen kann. Reagiert ein Pferd panisch, ist das nicht nur für die Helfenden gefährlich, sondern kann auch dazu führen, dass sich das Tier noch weiter verletzt. Zudem empfiehlt es sich, das Pferd – sofern möglich – in eine sichere Umgebung zu führen.
Wunde säubern und desinfizieren
Hat sich das Pferd einen Ballentritt zugezogen, sollte die Wunde zunächst gesäubert werden. Dazu verwendet man am besten eine Wundspüllösung oder eine antiseptische Seife (Jodseife) in Verbindung mit kaltem, sauberem Wasser. Sollten weder ein Wundreinigungsprodukt noch Seife zur Hand sein, kann man die Wunde auch erst einmal nur mit Wasser ausspülen. Das kalte Wasser bewirkt, dass sich die Gefäße zusammenziehen, was die Stillung der Blutung unterstützt. Bei der Wundreinigung ist darauf zu achten, Dreck und Sand möglichst gründlich zu entfernen. Die Wunde sollte dabei weitestgehend in Ruhe gelassen werden, um sie nicht erneut zu verunreinigen und weiter zu reizen.
Wenn nicht schon nach der ersten Sichtung, so sollte sich spätestens bei der Wundreinigung abzeichnen, ob ein Notfall für eine tierärztliche Behandlung vorliegt oder nicht. Kleinere Kratzer und oberflächliche Wunden lassen sich meist gut selbst behandeln, so dass nicht zwingend ein Tierarzt oder eine Tierärztin hinzugezogen werden muss – es sei denn, man traut sich die weitere Versorgung nicht zu oder kann die Situation nicht so recht einschätzen. In dem Fall geht man mit professioneller Hilfe auf Nummer sicher. Ist die Wunde sehr tief, sehr groß oder blutet stark, muss umgehend ein Tierarzt oder eine Tierärztin gerufen werden, denn dann ist es wahrscheinlich, dass die Wunde getackert, geklammert oder genäht werden muss.
Druckverband bei stark blutenden Wunden
Bei stark blutenden Wunden sollte nach dem Säubern ein Druckverband angelegt werden, um die Blutung zu stoppen und die Zeit bis zum Eintreffen von Tierarzt oder Tierärztin zu überbrücken. Dafür benötigt man folgende Utensilien:
- sterile, fusselfreie Wundauflage
- Verbandswatte als Polstermaterial, alternativ: medizinische Wolle, Mullbinde oder 1-2 Babywindeln (kleine bis mittlere Größe)
- selbsthaftende, elastische Bandage und/oder flexibles Gewebeklebeband
- Schere zum Zuschneiden des Verbandsmaterials
- Einmalhandschuhe
- ggf. Panzertape
Das Anlegen eines Druckverbands erfordert Übung und sollte im Idealfall mit dem Pferd vorher trainiert worden sein. Anderenfalls kann es passieren, dass das Tier Angst- oder Abwehrverhalten zeigt, weil es die Situation als ungewohnt oder unangenehm empfindet. Außerdem ist wichtig zu wissen, wie viel Druck man beim Umwickeln anlegen muss. Deswegen sollte man sich das Anlegen vorher am besten von einem Experten oder einer Expertin demonstrieren lassen.
Es ist sinnvoll, eine Hilfsperson hinzuzunehmen. Sie kann während des Prozederes unterstützen und beruhigend auf das Pferd einreden. Das Vorgehen gestaltet sich wie folgt:
- Einmalhandschuhe anziehen
- Die Hilfsperson hält das betroffene Bein des Pferds hoch
- Als erstes wird die Wunde mit einer sterilen Wundauflage bedeckt. Diese darf ruhig großzügig zugeschnitten werden.
- Danach wird die Verbandswatte sauber um den Huf des Pferds gelegt. Sie dient als Polstermaterial, um Druck aufzubauen und die Blutung zu stillen. Die Polsterung sollte möglichst dick sein, damit Blut- und Nervenbahnen im Huf nicht abgeschnürt werden. Statt Verbandswatte können auch verpackte Mullbinden oder Babywindeln als Druckpolster eingesetzt werden.
- Die Verbandswatte wird mit einer selbsthaftenden, elastischen Bandage überzogen und mit Gewebeklebeband fixiert. Ist keine Bandage zur Hand, kann die Verbandswatte auch nur mit Gewebeklebeband umwickelt werden. Wichtig ist dabei, auf eine gute Festigkeit zu achten, also mit einem konstanten Zug zu wickeln.
- Zum Schluss kann man gegebenenfalls Panzertape zur weiteren Stabilisierung und zum Schutz vor Nässe umlegen. Am besten bedeckt man zuerst die Sohle mit Tape und wickelt es dann um den Huf. Dieser Schritt ist meist nicht zwingend notwendig, da der Druckverband nur bis zur Notversorgung und Stillung der Blutung eingesetzt wird.
Auch wenn nicht viel Zeit vergeht, bis professionelle medizinische Hilfe eintrifft, ist das Anlegen eines Druckverbands eine wichtige Maßnahme, die dem Tierarzt oder der Tierärztin die spätere Versorgung erleichtert.
Leichte Verletzungen selbst verarzten
Kleine und oberflächliche Wunden, die kaum bis gar nicht bluten, kann man nach dem Reinigen und Desinfizieren selbst verarzten. Hier empfiehlt sich ein klassischer, trockener Verband. Bei sehr leichten Verletzungen kann es ausreichen, lediglich Wundsalbe aufzutragen und die Wunde an der Luft heilen zu lassen. Verzichtet man auf einen Verband, ist jedoch verstärkt darauf zu achten, dass die Wunde vor Dreck geschützt ist, bis sie sich vollkommen geschlossen hat. Außerdem ist ein Verband nicht nur zum Schutz vor Infektionen anzuraten. Bei Wunden im unteren Beinbereich bildet sich besonders häufig sogenanntes „Wildes Fleisch“. Das ist überschießendes Gewebe, das sich zu wulstartigen Verdickungen entwickelt und den Heilungsprozess beeinträchtigt.
Frische Wunden sollten regelmäßig (mindestens 1x am Tag) gesäubert und neu verarztet werden. Das bedeutet auch, einen frischen Verband anzulegen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass das Verbandsmaterial mit dem Gewebe der Wunde verklebt und verwächst. Frisch gebildetes Gewebe wird dann beim Abziehen abgetragen, was die Heilung verzögert und für des Pferd mit Schmerzen verbunden ist. Hat sich im Verlauf der Zeit eine Kruste gebildet, kann diese mit einer Wundcreme geschmeidig gehalten werden, so dass sie bei der Bewegung des Hufs nicht immer wieder aufreißt. Es empfiehlt sich auch, während des Heilungsprozesses immer mal wieder zu kühlen, um Schwellungen zu lindern und dem Tier Erleichterung zu verschaffen.
Kommt es zu Komplikationen, etwa eitrigem Ausfluss, unaufhörlichem Nässen, starken Schwellungen, Hitzeentwicklung, Lahmheit oder Fieber beim Tier, ist eine tiermedizinische Untersuchung unerlässlich. Eine Pferdekrankenversicherung kann in solchen Fällen eine große Hilfe sein. Sie deckt die Kosten, die infolge tierärztlicher Untersuchungen und Behandlungen entstehen, und schützt Halter und Halterinnen vor hohen finanziellen Ausgaben.
Heilungschancen und Komplikationen beim Ballentritt
Wie viel Zeit Wunden durch Ballentritte brauchen, um zu heilen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Je ernster die Verletzung, desto länger dauert es normalerweise. Außerdem wird der Huf viel bewegt und heilt dadurch tendenziell langsamer als andere Körperteile. Schwierigkeiten ergeben sich meist dann, wenn der Ballen besonders tief eingerissen oder der Kronrand durchtrennt ist, da an dieser Stelle der Huf nachwächst. Der Heilungsprozess kann dann mehrere Monate oder sogar Jahre beanspruchen und schlimmstenfalls ergeben sich dadurch weitere Komplikationen. Nichtsdestoweniger kann man durch eine schnelle Erstversorgung, eine kompetente tiermedizinische Behandlung und eine sorgfältige Nachsorge zu einer effektiven Heilung beitragen.
Fazit
Ballentritte sind keine seltene Erscheinung und für Pferde sehr unangenehm. Die Verletzungen müssen nicht immer schwerwiegend sein, können es aber werden, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Es lohnt sich für Halterinnen und Halter, sich vorab mit Erstversorgungsmaßnahmen auseinanderzusetzen sowie das korrekte Anlegen eines Druckverbands zu lernen und mit dem Pferd zu üben, um im Fall der Falle gut vorbereitet zu sein und dem Tier bestmöglich helfen zu können.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Erstversorgung beim Ballentritt
Kann ein Pferd durch Ballentritt an Tetanus erkranken?
Ja. Wird die Wunde verunreinigt, was beim Tritt mit dem anderen Huf passieren kann, ist es möglich, dass sich das Pferd mit Tetanus-Erregern infiziert. Ein wirksamer Impfschutz ist daher sehr wichtig. Ist das Pferd nicht geimpft oder liegt die letzte Auffrischungsimpfung lange zurück, sollte das schnellstmöglich nachgeholt werden – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Pferde als besonders anfällig für Tetanus gelten und die Sporen des auslösenden Bakteriums (Clostridium tetani) überall in der Umwelt vorkommen.
Wie kann man Ballentritt verhindern?
Bei jungen Pferden, die noch im Wachstum sind, und bei schlecht ausbalancierten Pferde ist das Risiko für Ballentritte besonders groß. Sie neigen dazu, sich selbst zu treten, wenn sie über hohes Tempo geschickt werden und versuchen, das Gleichgewicht zu halten. Es gibt mehrere Möglichkeiten, dagegen zu steuern:
- Hufbeschlag und Hufbearbeitung: Ein unpassender Beschlag und eine falsche Hufbearbeitung können dazu führen, dass sich ein Pferd häufiger in die Ballen tritt. Es kann helfen, Anpassungen im Zehbereich (vorne kürzer) vorzunehmen oder das Hufeisen ein bisschen anzuschleifen. Das ermöglicht dem Pferd ein besseres Abrollen, so dass der Vorderhuf schon weg ist, wenn der Hinterhuf folgt.
- Hufglocken: Neigt ein Pferd dazu, sich in die Ballen zu treten, sind Hufglocken eine gute Lösung. Sie können dem Tier für den Aufenthalt auf der Weide angezogen werden und schützen Ballen und Kronrand vor Verletzungen. Hufglocken kommen in nahezu allen Disziplinen zum Einsatz, vor allem im Springreiten, Vielseitigkeitsreiten und Fahren.
Bei der Verwendung von Hufglocken ist in erster Linie auf einen guten Sitz und eine geeignete Passform zu achten. Es dürfen keine Scheuerstellen entstehen und der Bewegungsablauf des Pferdes darf nicht beeinträchtigt werden.
Können Ballentritte auch beim Reiten entstehen?
Ja, das Pferd kann sich beim Reiten selbst verletzen oder von Pferden, die von hinten herangaloppieren, in die Hinterbeine getreten werden. Eine große Verletzungsgefahr besteht bei Hufeisen mit Stollen, insbesondere wenn sie mit Stahlstiften ausgestattet sind. Stollen sollen dem Pferd einen besseren Halt auf dem Untergrund bieten und werden in verschiedenen Disziplinen auf Parcours eingesetzt.