Pferd wird am Auge operiert.
Tiergesundheit

Augenoperation beim Pferd: Wann eine Vitrektomie sinnvoll ist

07.07.2025

Pferde sind genauso wie wir Menschen auf ihr Augenlicht angewiesen. Ist das Sehvermögen beeinträchtigt oder geht es vollständig verloren, kann das gravierende Auswirkungen auf das Wohlbefinden, das Sicherheitsgefühl und die Lebensqualität haben, zumal es sich bei Pferden um Fluchttiere handelt, die von Natur ihre Umgebung stets im Blick behalten möchten. Erkrankt ein Pferd am Auge und reichen klassische Behandlungsmethoden nicht aus, um die Sehfähigkeit zu erhalten, kommt in bestimmten Fällen ein operativer Eingriff in Betracht: die Vitrektomie. Dabei handelt es sich um eine mikrochirurgische Entfernung des Glaskörpers, die vor allem bei wiederkehrenden Augenentzündungen wie der rezidivierenden Uveitis erfolgversprechend sein kann. In unserem Artikel erklären wir dir, wie eine Vitrektomie genau abläuft und welche Chancen und Risiken damit einhergehen.

Was ist eine Vitrektomie?

Als Vitrektomie (lat. vitreus „gläsern“, griech. ek „heraus“ und tomein „schneiden“) bezeichnet man eine chirurgische Methode, bei der der Glaskörper des Auges ganz oder teilweise entfernt wird. Meist wird der Eingriff vorgenommen, wenn das Pferd an einer periodischen Augenentzündung erkrankt ist, fachsprachlich equine rezidivierende Uveitis oder auch Mondblindheit genannt. Diese wird in den allermeisten Fällen durch Leptospiren verursacht. Dabei handelt es sich um Bakterien, die hauptsächlich von Mäusen und Ratten übertragen werden und über die Schleimhäute oder kleine Wunden in den Organismus des Pferdes gelangen können. 

Verbreiten sie sich im Auge, können sie dort Entzündungen verursachen, die dazu führen, dass die inneren Augenstrukturen nach und nach geschädigt und zerstört werden. Bleibt die Infektion unbehandelt, lagern sich Entzündungsprodukte im Kammerwasser und Glaskörper ab. Das hat zur Folge, dass die Regenbogenhaut mit der Linse verklebt und die Linse sich trübt, da sie von der umgebenden Kammerflüssigkeit nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt wird. Das schränkt das Sehvermögen bereits erheblich ein. Im weiteren Verlauf kann es zu einer Netzhautablösung und einem vollständigen Sehverlust kommen. 

Eine Vitrektomie bietet die Chance, der fortschreitenden Zerstörung des Auges entgegenzuwirken. Zwar besteht die Möglichkeit, eine Uveitis mithilfe von Medikamenten wie Augensalben und oral verabreichten entzündungs- und schmerzhemmenden Präparaten zu behandeln, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Leider ist es jedoch oft so, dass trotz Medikation immer wieder Entzündungsschübe auftreten. Eine Entfernung des Glaskörpers kann helfen, weiteren Entzündungen vorzubeugen, die Sehfähigkeit des Pferdes zu erhalten oder zu verbessern oder zumindest eine weitere Verschlechterung des Sehvermögens zu verhindern.

Was passiert bei einer Vitrektomie?

 

Eine Vitrektomie beim Pferd erfolgt grundsätzlich in Vollnarkose. Sind beide Augen betroffen, werden sie nacheinander mit mindestens fünf Tagen Abstand operiert, weil bei einer gleichzeitigen OP ein Auge unter dem schweren Pferdekopf liegen und geschädigt werden könnte.

Der Glaskörper ist eine gelartige Masse zwischen Linse und Netzhaut, die den Augapfel formstabil hält. Seine wichtigste Aufgabe hat er vor der Geburt. Nach der Geburt kann er entfernt werden, sofern der entstehende Raum gefüllt wird – sonst würde das Auge kollabieren. Für die Sehfähigkeit ist es unerheblich, ob sich echter Glaskörper oder eine andere Flüssigkeit im Auge befindet.

Ablauf: Der Zugang erfolgt meist über die Lederhaut (Pars plana) im hinteren Augenabschnitt; dazu wird der Augapfel nach unten gedreht. Nach Eröffnung der Bindehaut werden zwei Zugänge (Double‑Port‑Technik) in die Lederhaut angelegt. Über den ersten wird eine Infusionsleitung gelegt, die den Augeninnendruck stabil hält. Durch den zweiten wird das Vitrektom eingeführt, das den Glaskörper zerkleinert und zusammen mit Bakterien sowie Entzündungsprodukten absaugt. Anschließend wird der Hohlraum mit einer antibiotischen Lösung befüllt, die das Auge innerhalb weniger Stunden durch Kammerwasser ersetzt. Zum Schluss entfernt man Infusion und Instrumente und verschließt die Sklerazugänge mit selbstauflösenden Fäden.

Was passiert nach der OP?

Nach der Operation bleibt das Pferd etwa vier bis zehn Tage zur Kontrolle in der Klinik. Die meisten Tiere sind unmittelbar nach dem Eingriff bereits schmerzfrei und können die Augen öffnen. Anschließend geht es an die Nachsorge. Die besteht üblicherweise darin, dem Pferd etwa eine Woche lang Augensalbe zu verabreichen. Begleitend kann das Tier wieder moderat bewegt und in Maßen trainiert werden. Bei komplikationslosem Verlauf ist normalerweise keine weitere Behandlung mehr nötig.

Voraussetzungen und Prognosen für eine Vitrektomie

Eine Vitrektomie kann nicht bei einer akuten Entzündung bzw. während eines Entzündungsschubs durchgeführt werden. Stattdessen muss das betroffene Auge mindestens drei Wochen frei von Entzündungen sein. Eine weitere Voraussetzung ist eine intakte Hornhaut. Das ist vor allem bei Pferden zu prüfen, die sich häufig die Augen reiben oder über einen längeren Zeitraum mit kortisonhaltiger Augensalbe behandelt worden sind.

Grundsätzlich gilt: Je weniger Schäden am Auge vorliegen, desto höher ist die Chance, die Sehfähigkeit zu erhalten. Ist die Linse eingetrübt oder beginnt die Netzhaut bereits, sich abzulösen, kann eine Vitrektomie das Sehvermögen nicht wiederherstellen. Trotzdem kann ein Eingriff sinnvoll sein, da durch die Glaskörperentfernung weitere schmerzhafte Augenentzündungen verhindert werden.

Risiken und mögliche Komplikationen bei einer Vitrektomie

Eine Vitrektomie ist – wie jede Operation – mit gewissen Risiken verbunden. Zwar verläuft sie bei den meisten Pferden komplikationslos, trotzdem kann der Eingriff Folgen haben. Zunächst einmal besteht ein Narkoserisiko. So kann es durch die Anästhesie beispielsweise zu Blutdruckabfall, Atem- und Kreislaufstillstand oder allergischen Reaktionen kommen. Auch während der Ablegephase vor der Narkose und beim Aufwachen nach der OP kann es zu Komplikationen kommen, etwa wenn das Pferd sich unkontrolliert bewegt oder fällt und sich dadurch eine Fraktur zuzieht. 

Des Weiteren besteht nach der Operation und während des stationären Aufenthalts ein erhöhtes Risiko für Infektionen, da in Pferdekliniken viele Tiere zusammenkommen. Gerade ungeimpfte Pferde können sich beispielsweise leicht mit Influenzaviren anstecken. Weitere Komplikationen, die mit einer Narkose einhergehen können, sind Dickdarmentzündungen (Colitis X), Lungenentzündungen und Brustfellentzündungen. Darüber hinaus kann es während der OP am Auge zu Blutungen, Linsentrübungen, Glaukomen (Grüner Star), Netzhautablösungen oder Infektionen im Augeninneren kommen. 

Ist eine Vitrektomie die richtige Entscheidung?

Ob man eine Vitrektomie beim Pferd durchführen lässt, sollte – wie jeder operative Eingriff – gut überlegt sein. Folgende Fragen können bei der Entscheidung helfen:

  • Wie stark ist mein Pferd aktuell durch die Augenerkrankung eingeschränkt?
  • Welche Alternativen zur Operation gibt es und wie hoch sind ihre Erfolgsaussichten?
  • Ist der Eingriff aus tierärztlicher Sicht sinnvoll und aussichtsreich?
  • Wie gut lässt sich mein Pferd im Klinikalltag und in der Nachsorge händeln?
  • Wie groß ist die Chance, dass sich die Lebensqualität meines Pferdes durch die OP verbessert?
  • Was passiert, wenn ich mich gegen die Operation entscheide – mit welchen Folgen muss ich rechnen?

Auch finanzielle Aspekte können bei der Entscheidung eine Rolle spielen. Für eine Vitrektomie beim Pferd bezahlt man 1200 bis 2500 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Nachsorge. Eine Pferde-OP-Versicherung oder Pferdekrankenversicherung bietet hier finanzielle Sicherheit. Sie übernimmt die Kosten für chirurgische Eingriffe und damit verbundene Vor- und Nachbehandlungen. So sind Mensch und Tier im Ernstfall gut geschützt.

Fazit

Die Entscheidung, eine Vitrektomie beim Pferd durchführen zu lassen, trifft man sicherlich nicht leichtfertig. Schließlich handelt es sich dabei um einen anspruchsvollen Eingriff, der mit Risiken verbunden ist. Gleichzeitig kann eine Vitrektomie der einzige Weg sein, dem Pferd ein besseres Leben zu ermöglichen. Reichen Medikamente nicht mehr aus und ist das Auge dauerhaft entzündet, kann eine Operation Schmerzen lindern, das Augenlicht erhalten und dem Pferd im Alltag wieder mehr Lebensqualität und Sicherheit geben.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Vitrektomie beim Pferd

Was passiert, wenn man eine Periodische Augenentzündung nicht operiert?

Die Erkrankung verursacht dann wiederkehrende Entzündungsschübe und schädigt weiter die inneren Augenstrukturen. In der Folge drohen dauerhafte Schmerzen, Sehbeeinträchtigungen und schlimmstenfalls eine vollständige Erblindung. 

Verändert sich das Verhalten des Pferdes durch den Eingriff?

Unmittelbar nach dem Eingriff sind manche Pferde zunächst vorsichtiger oder reagieren sensibler auf Licht oder Bewegungen. Das legt sich aber mit der Zeit. Viele Tiere zeigen nach erfolgreicher Vitrektomie mehr Sicherheit im Alltag, etwa beim Führen, Reiten oder auf der Weide. 

Wie finde ich eine geeignete Klinik für die Vitrektomie?

Eine Vitrektomie sollte in einer auf Augenheilkunde spezialisierten Pferdeklinik mit entsprechender chirurgischer Ausstattung und Expertise durchgeführt werden. Dein Tierarzt oder deine Tierärztin kann dich gezielt weiterverweisen.

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