Eine Arthrose bezeichnet per Definition den fortschreitenden Verschleiß von Gelenken. Betroffen sein können die unterschiedlichsten Gelenke. Die Gelenke der Gliedmaßen ebenso, wie etwa die Facettengelenke der Halswirbelsäule, die kleinen Wirbel im Rücken oder das Kiefergelenk. Arthrosen des Bewegungsapparates werden auch als Spat (Form der Arthrose, die sich beim Pferd in den kleinen Sprunggelenken manifestiert), Hufrolle (das Strahlbein ist von degenerativen Veränderungen betroffen) oder Schale (Knochenzubildungen an Huf-, Kron- oder Fesselbein) bezeichnet.
Welches Gelenk auch immer erkrankt sein mag, grundsätzlich geht einer Arthrose eine Arthritis (Gelenksentzündung) voraus. Wird diese nicht erkannt und vollständig ausgeheilt, ist häufig Knorpelabbau und die sich daraus entwickelnde chronische Arthrose die Folge. Der Gelenkknorpel wird nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt. Hierdurch entstehen irreversible Schäden.
Früherkennung
Arthrose lässt sich nicht heilen, daher ist es umso wichtiger, Gelenkprobleme so früh wie möglich zu erkennen. „Gelenksfüllung, positive Beugeproben und leichte Lahmheit können bereits im Frühstadium auf eine Arthritis hindeuten“, erklärt Dr. Volker Sill, Klinikleiter der Pferdeklinik Bargteheide. „Sollte der begründete Verdacht eines entzündlichen Prozesses im Gelenk bestehen, so kann man mit Hilfe der Szintigraphie Klarheit erlangen. Eine Arthritis ist eine akute Gelenkerkrankung, die noch ausheilbar ist. Frühzeitig erkannt und behandelt, führt sie nicht zwangsläufig zur Arthrose.“
Gelenksfunktion
Gelenke sind bewegliche Verbindungen von zwei oder mehr Knochen. Die Flächen der Gelenke sind mit sehr glattem Knorpel überzogen und mit einer Gelenkkapsel umschlossen. Die Kapsel produziert die Gelenkschmiere (Synovia). Diese puffert das Zusammentreffen der Knochenoberfläche und das Pferd kann sich „wie geschmiert“ bewegen. Zum Beispiel durch Fehlbelastungen oder Traumata können sich kleine Risse in Knorpel oder Kapsel bilden. Es entsteht eine Arthritis. Ist der Knorpel dann nicht mehr in der Lage sich selbst zu regenerieren, kommt es zu Entzündungen im Gelenk. Werden diese chronisch, führt das zur Ausbildung einer Arthrose.
Ursachen für Arthrose beim Pferd
Die Ursachen der Arthrose sind vielfältig. Es können Fehlbelastungen oder Überlastungen, Fütterungs- und Managementfehler ebenso zu Grunde liegen, wie Fehlstellungen, schlechter Hufbeschlag oder Traumata.
Die Entwicklung ist oft schleichend, so dass die ersten Symptome häufig nicht erkannt werden. Oftmals sind ältere Pferde von Arthrosen betroffen. Hier kann der Knorpel durch den jahrelangen Einsatz des Pferdes abgenutzter und die Regenerationsfähigkeit eingeschränkter sein. Knorpelwichtige Nährstoffe werden nicht mehr optimal verstoffwechselt und die Gelenkschmiere ist weniger gleitfähig. Ein Grund, weshalb Traumata schlechter abgefangen werden.
Die Belastung der Gelenke der Pferde im Spring- und Dressur- aber auch im Rennsport ist mitunter immens. „Wir finden bei Sportpferden häufiger Arthrosen als bei Freizeitpferden“, so Dr. Volker Sill. „Eine ausgewogene Fütterung, viel Bewegung, fachkundige Hufpflege und Beschlag sind essenziell zur Vorbeuge von Arthrosen. Und nicht zu vergessen ist, dass übergewichtige Pferde ihre Gliedmaßen deutlich mehr strapazieren, einfach nur dadurch, dass sie sie die Mehrkilos dauerhaft mit sich herumtragen.“
Die Liste für Gründe, die zu einer Arthrose führen:
- Überlastung der Gelenke durch zu starke sportliche Belastung
- Übergewicht
- Angeborene und nicht korrigierte Fehlstellungen
- falsche oder unzureichende Ernährung
- zu frühe oder zu starke Belastung junger Pferde
- Gelenkfehlstellungen & Gelenkserkrankungen
- Nicht ausgeheilte Gelenksentzündung
- fehlerhafte Abnutzung der Gelenke
- Knorpelschäden durch Gelenksentzündung
- traumatische Reizung des Gelenks (Tritte, Stürze)
- Fehlstellung Huf
- Falsche Beschläge
Diagnose bei Arthrose
Diagnostisch werden klassischerweise erst einmal Röntgenbilder gefertigt. Hier ist die Arthrose allerdings häufig erst bei deutlicher Schädigung des Knochens zu erkennen. Veränderungen am Knochen in früheren Stadien lassen sich mittels MRT (Magnetresonanztomografie) oder CT (Computertomografie) darstellen, Entzündungsherde am Skelett zeigen sich mit Hilfe der Szintigrafie. Übernimmt die KV der Uelzener die Kosten zu allen bildgebenden Verfahren?
Symptome
Die Arthrose ist ein schleichender Prozess. Geringe Schädigungen des Knorpels machen sich häufig nach außen nicht bemerkbar. Schreitet die Degenration weiter fort, so fallen eventuell gelegentliches Stolpern oder ein steifer Gang auf. Ganz typisch ist, dass das Pferd sich erst einmal „warmlaufen“ muss. Zu Beginn der Arbeit zeigt es eine leichte Lahmheit, die aber nach der Aufwärmphase wieder verschwunden ist. Betroffene Pferde erscheinen unter Umständen faul und haben weniger Bewegungsfreude. Meist laufen sie bei feuchtkaltem Wetter schlechter als an warmen Sommertagen. Erst im späteren Stadium lässt sich eine deutliche Lahmheit erkennen. Es ist in jedem Fall anzuraten, bereits beim Verdacht auf eine Gelenkschädigung tierärztlichen Rat einzuholen. Je später eine Arthrose erkannt wird, umso schwieriger ist es, die Folgen zu lindern.
Wie macht sich Arthrose beim Pferd bemerkbar?
Arthrosen des Bewegungsapparates
- Das Pferd muss sich „einlaufen“
- Gelegentliches Stolpern
- Taktunreinheit
- Steifer Gang
- Bewegungsunwilligkeit
- Steifer, klammer Gang
Bei Kiefergelenksarthrose
- Probleme beim Kauen
- Pferd kaut schief oder einseitig
Bei Arthrose der Halswirbelsäule
- Unkoordinierter Gang
- Gleichgewichtsstörungen
- Koordinationsstörungen
- Unrittigkeit
- Steifheit
- Schiefe
- Eingeschränkte Halsbeweglichkeit
- Ataktische Symptome
Behandlung einer Arthrose
Grundsätzlich gilt: Arthrose ist nicht heilbar. Es ist eine degenerative Erkrankung und die Gelenkveränderungen sind nicht rückgängig zu machen. Aber es gibt Therapiemöglichkeiten:
Ist die Arthrose eindeutig diagnostiziert, so gibt es gängige Therapieansätze. Es können per Injektion und / oder übers Futter entzündungshemmende Medikamente verabreicht werden. Oder es wird Kortison als Entzündungshemmer in Kombination mit Hyaluronsäure direkt in das Gelenk injiziert. Mehrfache Wiederholungen der Injektionen sind möglich. Ziel der Therapie ist es, Entzündungsprozesse abheilen zu lassen.
Begleiten lässt sich die Therapie mit Wärme- oder Kältebehandlungen sowie verschiedenen Einreibungen.
„Bei jungen Pferden hat sich die IRAP (Interleukin Rezeptor Antagonist Protein) Therapie bewährt“, erklärt der Klinikleiter der Pferdeklinik Bargteheide. „Dem Pferd wird Blut entnommen und dieses in einem bestimmten Verfahren aufbereitet. So erhalten wir ein körpereigenes Serum, das hoch konzentriert IRAP enthält. Es wird in das erkrankte Gelenk gespritzt. An dem gelenkzerstörenden Prozess ist das Protein Interleukin-1 wesentlich beteiligt. Dieses wird durch IRAP in seiner Funktion gehemmt.“
Operativ kann versucht werden, Gelenkoberflächen zu Glätten und in Fällen weit fortgeschrittener arthrotischer Veränderungen (vor allem bei Spat oder am Krongelenk) können veränderte Gelenkteile operativ versteift werden. Dies ist nur bei Gelenken möglich, die physiologisch einen geringen Bewegungsradius aufweisen. Das Pferd kann sein normales Gangbild wieder gewinnen, indem die Gelenkbewegung eingeschränkt wird und es zu einer Fusion der betroffenen Gelenkoberflächen kommt.
Bei Arthrose der Hufrolle oder des Krongelenks kommt ein Nervenschnitt (Neurektomie) in Frage. Diese Methode ist diskussionswürdig, da sie zwar den Schmerz, aber auch das Gefühl in der Gliedmaße nimmt. Auf den Entzündungsprozess im Gelenk hat es keinen Einfluss. Wenn man dem Pferd noch einen schmerzfreien Lebensabend auf der Weide ermöglichen möchte, kann es eine Chance sein. Turnierteilnahmen nach einer Neurektomie sind verboten.
Es gibt auch Erfolge mit Hilfe von Stoßwellentherapie. Hierbei werden hochenergetische Druckwellen auf den betroffenen Bereich gegeben, die Durchblutung wird angeregt und Entzündungen können dadurch besser abklingen.
Hilfe durch optimale Fütterung
Die Fütterung kann nicht nur bei der Entstehung von Arthrosen Einfluss nehmen. Therapien können mit durchdachter Fütterung positiv unterstützt werden. Ein ausgewogener Mineralstoffhaushalt und ein gesunder Stoffwechsel haben großen Einfluss darauf, ob sich Entzündungsprozesse eindämmen lassen.
Es ist unbedingt anzuraten, hier Tierärztin oder Tierarzt oder Fütterungsexpert:innen hinzuzuziehen. Eine Raufutteranalyse sollte die Grundlage bilden, auf der alles Weitere aufbaut. Besonders wichtig ist die Versorgung mit Mangan, Kupfer, Kalzium, Zink, Magnesium sowie Schwefel. Aber auch Vitamin K und Vitamin E kommt eine entscheidende Bedeutung zu.
Glucosamin kann gemeinsam mit Chondroitinsulfat die Gelenkfunktion positiv unterstützen. Hyaluronsäure ist eine Komponente der Gelenkschmiere, Methyl Sulfonyl Methan ein wichtiger Nährstoff für Knorpel und Bindegewebe.
Das Extrakt der Grünlippmuscheln kann ebenso wie Omega-3-Fettsäuren entzündungshemmende und dadurch schmerzlindernde Wirkung haben.
Schwefel unterstützt bei der Entzündungshemmung ebenso, wie zum Beispiel Gaben von Teufelskralle und Ingwer oder Kräuter wie zum Beispiel Brennnessel, Rosmarin, Weidenrinde, Hagebutte, Curcuma, Weihrauch, Löwenzahn, Weißdorn oder Salbei.
Haltung von Arthrosepferden
Das A und O für Arthrosepferde ist die Möglichkeit zur stetigen und gleichmäßigen Bewegung. Daher ist die Haltung im Offenstall oder täglicher, mehrstündiger Weidegang mit ruhigen „Kumpels“ sehr anzuraten. Gerade im Winter ist es unabdingbar, dem Pferd ausreichend Bewegungsmöglichkeiten zu schaffen.
Nicht unweigerlich ist Reiten nach der Diagnose ausgeschlossen. Natürlich darf man das Pferd nur in den Gangarten bewegen, in denen es absolut schmerzfrei ist und keinerlei Anzeichen von Lahmheit zeigt. Wichtig ist, das Pferd ausreichend im Schritt aufzuwärmen. Auch ist es gut bei Sprunggelenkarthrose im Schritt langsam über Stangen zu reiten. Die Produktion der Gelenkschmiere wird so verstärkt angeregt. Lektionen sind mit Bedacht zu wählen. Der Boden sollte weich und eben sein, Seitengänge und enge Wendungen vermieden werden.
Orthopädische Spezial-Beschläge können dem Pferd Erleichterung bringen. Hier ist eine gute Hufschmiedin oder ein guter Hufschmied gefragt, der durch die richtige Bearbeitung des Hufs und Wahl des Eisens dafür sorgen kann, dass die Gelenke entlastet werden. „Stellungsfehler bereits im Fohlenalter fachkundig zu korrigieren ist eine sehr wichtige Maßnahme zur Vorbeuge gegen Arthrose“, so Dr. Volker Sill. „Ist die Erkrankung eindeutig diagnostiziert, so können Spezialbeschläge dem Pferd viel Erleichterung schaffen. Die enge Zusammenarbeit mit einem guten Hufschmied ist wichtig.“
Arthrose ist nicht heilbar, aber mit Hilfe eines guten Behandlungsplans und Management besteht die Chance, dass das Pferd schmerzfrei damit leben kann. Tierärzt:innen, Hufschmied:innen, Fütterungsexpert:innen, Stallbetreiber:innen und Besitzer:innen sollten gemeinsam festlegen, was das Beste für den Patienten ist.
Arthrose und die Zucht
Dr. Volker Sill beobachtet die Häufigkeit des Auftretens von Arthrosen seit Jahrzehnten seiner Praxiserfahrung. Seiner Einschätzung nach, ist ein leichter Rückgang der Fälle zu verzeichnen. Dies führt Dr. Sill auf zwei Punkte zurück: Zum einen, dass die Zuchtverbände bei den Hengsten seit langer Zeit sehr streng selektieren. Bereits zur Körung werden Röntgenbilder gefertigt. Sind hier Befunde, so wird der Hengst nicht zur Zucht zugelassen. Zum anderen sind die diagnostischen Verfahren über die letzten 20 Jahre immens verbessert worden. So lassen sich Veränderungen an den Gelenken bereits frühzeitig erkennen und besser behandeln.
Zuchthengste werden vor dem Erlangen der Zuchtzulassung geröntgt – Zuchtstuten nicht. Wenn eine Stute aufgrund einer Arthrose-Diagnose nicht mehr reitbar ist, liegt der Gedanke nahe, mit ihr zu züchten. Hier ist Vorsicht geboten. Kam es zu der Erkrankung aufgrund einer Sportverletzung oder eines sonstigen Traumas, so kann, wenn die Stute schmerzfrei ist, darüber nachgedacht werden, mit ihr ein Fohlen zu ziehen. Entstand die Arthrose aber eindeutig nicht durch Verletzung oder Unfall, sondern durch Verschleißerscheinungen oder Fehlstellungen, ist vom Einsatz als Zuchtstute abzuraten. Die Trächtigkeit stellt eine hohe Belastung für die Stute dar und die Gründe, die zur Ausbildung der Arthrose geführt haben, können durchaus erblich sein.
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Welche Übungen helfen Pferden bei Arthrose?
Es gibt keine pauschalen „Übungen“, die bei Arthrosen helfen. Dies ist stets davon abhängig, welches Gelenk wie stark betroffen ist. Hier sollte gemeinsam mit dem oder der Tierärzt:in ein Konzept erstellt werden.
Kann ein Pferd mit Arthrose geritten werden?
Grundsätzlich gilt, dass Bewegung bei Arthrose gut ist. Das Pferd darf aber nur in den Gangarten geritten werden, in denen es schmerzfrei ist. Ausreichend lange Aufwärmzeiten sind auf jeden Fall zu berücksichtigen und „Kaltstarts“ darf es nicht geben. Eine angepasste, ruhige und gleichmäßige Bewegung hingegen, kann sich positiv auf die Gelenke auswirken. Die Intensität des Trainings sollte am besten mit dem oder der Tierärzt:in besprochen werden.
Was kann ich meinem Pferd bei Arthrose füttern?
Der Markt bietet unzählige Zusatzfuttermitteln. Grundsätzlich gilt, dass die Basis ein qualitativ hochwertiges Grundfutter sein muss. Dann kann eine Gabe von Ergänzungsfuttermitteln, die den Knorpel- und Knochenstoffwechsel unterstützen sinnvoll sein. Gerade älteren Pferden kann das regelmäßige Zufüttern von Kräutern und natürlichen Entzündungshemmern wie etwa Teufelskralle oder Ingwer das Leben erleichtern. Am besten, man spricht mit Tierärzt:innen und / oder Fütterungsexpert:innen.
Wann muss man ein Pferd mit Arthrose einschläfern?
Wenn das Pferd austherapiert ist und kein lebenswertes Leben ohne Schmerzen mehr führen kann, lässt sich das Einschläfern eines Tieres leider kaum vermeiden. Das genau Vorgehen sollte mit der Tierärztin oder dem Tierarzt besprochen werden. Dabei kann es hilfreich sein, bereits frühzeitig an die nachfolgende Zeit zu denken: Was tun, wenn das Pferd verstorben ist?