Ein Reiter mit dunkler Kleidung und Hut sitzt auf einem sich aufbäumenden, grauen Pferd mit rotem Zaumzeug. Die Szene spielt sich in einer weiten, kargen Landschaft mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund während der Dämmerung ab. Ein Hund ist im Vordergrund zu sehen und beobachtet die Situation.
Erziehung und Training

Wenn das Pferd steigt: Ursachen, Risiken und Lösungsansätze

28.02.2025

Es ist ein sonniger Nachmittag auf dem Reitplatz. Dein Pferd trottet unter dir im Schritt vor sich her. Doch mit einem Schlag ändert sich die Situation – dein Vierbeiner hebt den Kopf, die Ohren sind gespitzt und die Muskeln angespannt. Mit einem kräftigen Ruck steigt das Tier plötzlich auf die Hinterbeine. Du hältst dich tapfer in der Balance, doch der Moment ist gefährlich. Du bist dir bewusst, wie schnell die Situation eskalieren kann. Eine Horrorvorstellung, oder?

 

Leider ist ein steigendes Pferd keine Seltenheit. Viele Reiter und Reiterinnen kennen diese abrupte Reaktion. Doch was sind die Gründe dafür, dass ein Pferd steigt? Und was kannst du tun, damit das Verhalten nicht zu einem langfristigen Problem wird? In diesem Artikel befassen wir uns mit den Ursachen und Risiken des Steigens und beleuchten Lösungsansätze, die dabei helfen können, solche Situationen zu verhindern.

 

Was bringt ein Pferd zum Steigen?

 

Das Steigen eines Pferdes ist eine Abwehrreaktion, die zunächst trotzig erscheinen kann. Nicht selten verbirgt sich dahinter jedoch eine tiefergehende Problematik.

 

  1. Natürliche Instinkte und Verhaltensweisen: Pferde sind Fluchttiere. Das Steigen ist ein natürliches Verhalten, mit dem sie sich gegen Angreifer verteidigen oder in der Rangordnung durchzusetzen versuchen. Dieser Instinkt bleibt in der domestizierten Haltung meist bestehen. Fühlt sich ein Pferd bedroht oder eingeengt, kann es das Steigen als Mittel zur Gegenwehr einsetzen. Auch dann, wenn der Auslöser uns Menschen banal erscheint. Manche Pferde, darunter insbesondere Hengste, steigen auch, um zu imponieren. Bei jungen Tieren kann es Ausdruck von Übermut sein.
  2. Physische Ursachen: Nicht immer ist das Steigen ein reines Verhaltensproblem. Manchmal stecken auch körperliche Ursachen dahinter. Mögliche Gründe sind Blockaden oder Schmerzen im Rücken oder in den Gelenken sowie Zahnprobleme, die dazu führen, dass das Pferd das Tragen des Gebisses als unangenehm empfindet. Nicht zuletzt kann falsch sitzendes Equipment zu Unwohlsein und damit zu einer Abwehrreaktion führen.
  3. Psychische Ursachen: Einige Pferde steigen, wenn sie überfordert sind oder Angst haben. Andere sind in der Vergangenheit auf diese Weise einer unangenehmen Situation entkommen, haben es sich infolgedessen angewöhnt und nutzen nun das Steigen als Strategie, um dem Willen des Reiters oder der Reiterin nicht Folge leisten zu müssen.
  4. Reitfehler: In manchen Fällen ist das Steigen auch auf Fehler des Reiters oder der Reiterin zurückzuführen. Unklare, widersprüchliche Hilfengebung oder zu schnelles und ungeduldiges Training können zu Unsicherheit und Überforderung auf Seiten des Tieres führen. Auch vergangene schlechte Erfahrungen, die das Vertrauen zum Menschen erschüttert haben, können eine solche Verhaltensweise nach sich ziehen.

 

Die möglichen Gründe für das Steigen sind vielfältig. Um dieses Verhalten künftig zu vermeiden, ist es demnach von großer Bedeutung, dessen Ursache zu ermitteln.

 

Risiken und Gefahren eines steigenden Pferdes

 

Mensch und Pferd können schwere Verletzungen vom Steigen davontragen. Besonders gefährlich wird es, wenn das Pferd die Balance verliert, zur Seite oder nach hinten kippt und den Reiter oder die Reiterin unter sich begräbt.

 

Abgesehen von den potenziellen körperlichen Schäden können brenzlige Situationen wie diese Auswirkungen auf die Pferd-Mensch-Beziehung und das gegenseitige Vertrauen haben. Vor allem unerfahrenen Reitern und Reiterinnen fällt es oftmals nicht leicht, sich in Folge eines solchen Erlebnisses wieder unbeschwert auf den Rücken des Pferdes zu schwingen.

 

Sollte sich das Pferd bei dem Manöver verletzen, ist es unabdingbar, es tierärztlich untersuchen und behandeln zu lassen. Das kann allerdings spürbar ins Geld gehen. Eine Pferdekrankenversicherung oder Pferde-OP-Versicherung hilft, die finanziellen Belastungen abzufedern. Entsteht durch das Pferd ein Schaden an Dritten, erweist sich eine Pferdehaftpflichtversicherung als sinnvoll.

 

Notfallmaßnahmen: Was zu tun ist, wenn das Pferd steigt

 

Solltest du dich in einer Situation wiederfinden, in der das Steigen des Pferdes nicht mehr abzuwenden ist, gilt es, richtig zu reagieren. Wie du dich am besten verhältst, erklären wir dir im Folgenden:

 

  • Ruhe bewahren: Natürlich kann die Situation sehr nervenaufreibend sein, insbesondere wenn das Pferd völlig unerwartet oder zum ersten Mal steigt. Es ist jedoch wichtig, ruhig zu bleiben und mit Bedacht zu handeln. Panik kann zu unüberlegten Handlungen führen und die Situation verschlimmern. Zudem kann deine Ruhe auf das Tier ausstrahlen und ihm Sicherheit geben.
  • Zügel nach vorn geben: Der erste Reflex, den viele haben, ist es, sich festzuhalten. Dafür nutzen einige die Zügel, die ja ohnehin in der Hand liegen. Das Anziehen der Zügel kann jedoch dazu führen, dass das Pferd sich noch weiter aufbäumt oder das Gleichgewicht verliert. Die Zügel solltest du also stattdessen nach vorn geben und dem Pferd genügend Platz einräumen, um wieder zum Boden zu finden. Eine leichte Verbindung sollte bestehen bleiben.
  • Schwerpunkt verlagern: Verlagere deinen Schwerpunkt möglichst weit nach vorne. Das kann es dem Pferd erschweren, sich weiter aufzurichten und dir dabei helfen, im Sattel zu bleiben.
  • Konsequenz: Sollte das Steigen auf eine bewusste Verweigerung des Pferdes zurückzuführen sein und nicht auf gesundheitliche Ursachen, ist es entscheidend, konsequent zu bleiben. Das bedeutet, das Training nicht sofort abzubrechen. Ein abruptes Ende könnte das unerwünschte Verhalten verstärken, da das Pferd so lernt, dass es durch das Steigen seinen Willen bekommt. Stattdessen sollte das Pferd nach der Situation weiter sinnvoll beschäftigt werden.

 

Zögere nicht, dir im Zweifel professionelle Unterstützung von einem Trainer oder einer Trainerin zu holen, denn eins ist klar: Die Sicherheit von Mensch und Pferd hat immer oberste Priorität.

 

Maßnahmen zur Abgewöhnung des Steigens

 

Um einem Pferd das Steigen abzugewöhnen, ist gezieltes Training unerlässlich. Folgende Maßnahmen können dabei helfen:

 

  • Gesundheits- und Ausrüstungscheck: Bevor es an erzieherische Maßnahmen geht, solltest du mögliche physische Ursachen für das Steigen erst einmal ausschließen. Konsultiere deinen Tierarzt oder deine Tierärztin und überprüfe den Sitz von Sattel, Gebiss und Trense.
  • Warnsignale erkennen: Versuche, ein Gefühl dafür zu bekommen, in welchen Situationen dein Pferd steigt. Lerne, die Anzeichen frühzeitig zu erkennen, um dem Pferd zuvorzukommen und das unerwünschte Verhalten unterbinden zu können. Das Hochreißen des Kopfes, eine festgehaltene Atmung, angespannte Muskulatur und die Verlagerung des Gewichts nach hinten können Indikatoren sein.
  • Trainingsmaßnahmen: Pferde, die aus Angst, mangelndem Vertrauen oder Unsicherheit steigen, profitieren von Bodenarbeit für den Vertrauensaufbau und von einem gezielten Gelassenheitstraining, das dazu dient, das Tier an verschiedene Umweltreize zu gewöhnen. Übermütigen Pferden kann es helfen, durch Ablongieren angestaute Energie loszuwerden.
  • Hilfengebung: Je klarer die Hilfengebung ist und je besser das Pferd auf diese reagiert, desto eher kannst du das Steigen unterbinden. Wenn du auf dem Pferd sitzt und merkst, dass es sich aufbäumen möchte, bringe es schnell in den Seitengang, so dass es gar nicht die Möglichkeit zum Steigen hat. Reite zur Übung öfter Schenkelweichen und sensibilisiere dein Pferd für die Schenkelhilfen.
  • Schrittweises Training: Überforderte Pferde neigen zum Steigen. Daher ist es wichtig, neue Lektionen schrittweise einzuführen und stets mit positiver Verstärkung zu arbeiten. Beende Trainingseinheiten mit einem guten Gefühl durch Belohnung.

 

Es kann seine Zeit dauern, bis das Problem gelöst ist. Bleibe kontinuierlich am Ball und zeige dem Pferd seine Grenzen auf, um ihm das Steigen langfristig abzugewöhnen.

 

Fazit

 

Steigende Pferde sind eine Herausforderung. Die Ursachen für das Verhalten können vielfältig sein und dem natürlichen Instinkt, aber auch physischen Beschwerden, psychischen Problemen oder Unsicherheiten und Fehlern in der Ausbildung  geschuldet sein. Um das Steigen zu verhindern, ist es entscheidend, den Grund ausfindig zu machen und sein Pferd lesen zu lernen. Geduld, Konsequenz und gezieltes Training helfen dabei, das Verhalten in den Griff zu bekommen. Eine vertrauensvolle und harmonische Zusammenarbeit zwischen Mensch und Pferd ist letztendlich das Ziel.

 

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema steigendes Pferd

 

Was tun, wenn mein Pferd beim Führen steigt?

Falls dein Pferd an der Hand steigt, solltest du Ruhe bewahren und deine Führtechnik ändern, indem du die Aufmerksamkeit des Tiers etwa durch Kreise laufen oder gezielte Richtungswechsel umlenkst. Auch hier gilt es, den Auslöser zu identifizieren und das Pferd entsprechend zu desensibilisieren und zu trainieren. Oftmals kann das Steigen beim Führen auf mangelndes Vertrauen oder Dominanzverhalten zurückgeführt werden.

 

Wie lange dauert es, einem Pferd das Steigen abzugewöhnen?

Das kommt auf die Ursache und das Pferd an. Während manche Tiere nach wenigen Wochen Training Fortschritte zeigen, kann es bei anderen Monate bis Jahre dauern, vor allem, wenn sich das Verhaltensmuster bereits gefestigt hat. Hier sind Geduld und konsequente Arbeit gefragt.

 

Sollte ich mein Pferd bestrafen, wenn es steigt?

Das Verhalten eines Pferdes wird in erster Linie von seinen Instinkten gesteuert und entsteht nicht aus einer bösartigen Intention heraus. Bestrafung ist daher kontraproduktiv und kann das Problem verschlimmern, da das Pferd noch mehr verunsichert wird. Wichtig ist daher, Ruhe zu bewahren, mit positiver Verstärkung zu arbeiten und auf ein nachhaltiges Training zu setzen, um das Verhalten langfristig zu unterbinden.

 

Wann sollte ich professionelle Hilfe hinzuziehen?

Wenn das Steigen häufiger vorkommt, unkontrollierbar wird oder du dich unsicher fühlst, ist professionelle Hilfe ratsam. Ein erfahrener Trainer oder eine Trainerin kann gezielte Maßnahmen ergreifen, um das Verhalten zu korrigieren.

Auch interessant