Pferd hat Maul geöffnet als würde es erbrechen.
Tiergesundheit

Warum können Pferde nicht erbrechen?

11.08.2025

Wenn Hund, Katze oder Mensch etwas Unverträgliches zu sich genommen haben, können sie es durch Erbrechen wieder loswerden. Pferde hingegen sind anatomisch nicht in der Lage zu erbrechen. Das kann im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein, etwa bei einer Vergiftung. Doch woran liegt das überhaupt? In unserem Artikel erklären wir dir, warum Pferde nicht erbrechen können, weshalb das problematisch ist und wie du dein Tier vor gesundheitlichen Risiken schützen kannst.

Anatomische Besonderheiten, die Pferde am Erbrechen hindern

Der Verdauungstrakt von Pferden ist grundsätzlich sehr speziell aufgebaut. Die Speiseröhre ist ungefähr 1,20 Meter lang und mündet in den Pferdemagen, der mit einem Fassungsvermögen von 12 bis 15 Litern im Verhältnis zur Körpergröße recht klein ist.

Am Mageneingang befindet sich ein Schließmuskel, der untere Ösophagussphinkter, auch Kardia-Schließmuskel genannt. Er ist bei Pferden außergewöhnlich stark ausgeprägt. Hat der Nahrungsbrei die Speiseröhre passiert und ist im Magen angekommen, schließt der Muskel dicht und fest. Auf diese Weise verhindert er, dass Futter aus dem Magen in die Speiseröhre zurückfließt. Das hat auch einen Vorteil, denn dadurch sind Entzündungen der Speiseröhre aufgrund von zurückfließendem Magensaft, wie sie etwa bei Hunden entstehen können, bei Pferden ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Speiseröhre in einem sehr spitzen Winkel in den Magen mündet, was den Rückfluss abermals erschwert.

Es gibt also mehrere anatomische und physiologische Faktoren, die zusammenspielen und das Erbrechen für Pferde quasi unmöglich machen. 

Und doch: Es gibt Ausnahmen

Pferde sind aufgrund ihrer Anatomie nicht in der Lage, zu erbrechen und trotzdem kann es Situationen geben, in denen sie es tun. Dabei erbrechen sie jedoch nicht aus dem Maul, sondern durch die Nase, was wiederum auf die Anatomie des Pferderachens zurückzuführen ist. Grund dafür kann eine Magenüberladung sein: Dazu kann es kommen, wenn ein Pferd zu schnell und zu viel frisst – insbesondere quellendes oder gärendes Futter, das sein Volumen im Magen nochmals vergrößert. Das Pferd entwickelt dann einen Würgereiz und der Schließmuskel öffnet sich doch, so dass der Futterbrei über Speiseröhre und Nase nach außen gelangt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Mageninhalt einen hohen Flüssigkeitsanteil hat. 

Eine Magenüberladung kann auch infolge einer Verstopfung auftreten, denn fließt der Futterbrei nicht mehr weiter, kommt es zu einem Rückstau im Magen. Auch ein Darmverschluss kann Ursache fürs Erbrechen sein, nämlich dann, wenn Dünndarmsäfte in den Magen zurückfließen und diesen so weit füllen, dass sich der Schließmuskel öffnet. Abgesehen davon husten und würgen Pferde auch, wenn ihnen Futter im Schlund steckenbleibt. Die Nahrung fließt dann aus den Nüstern heraus. 

Warum es problematisch ist, dass Pferde nicht erbrechen können

Dass Pferde nicht erbrechen können, ist aus verschiedenen Gründen problematisch. 

  • Hohes Risiko für Magenruptur: Der Magen eines Pferdes ist relativ klein und kann sich nur begrenzt dehnen. Bei zu großer Futter- oder Gasansammlung kann er überdehnt werden. Da das Pferd nicht erbrechen kann, fehlt der natürliche Entlastungsmechanismus. Im Extremfall droht eine Magenruptur oder ein Magendurchbruch. Dazu kann es auch kommen, wenn das Pferd versucht, sich zu erbrechen. Denn dabei baut sich eine derart große Spannung auf, dass der Magen reißen kann. Das ist ein Notfall und für das Pferd lebensbedrohlich
  • Hohes Risiko bei Koliken: Koliken sind Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts und bei Pferden besonders ernst zu nehmen, weil sie sich weder durch Erbrechen noch über andere Wege schnell entlasten können. Aus diesem Grund kann eine Kolik schnell extreme Ausmaße annehmen und zum Kreislaufversagen führen.
  • Hohes Risiko für Vergiftung: Wenn Pferde schädliche Substanzen aufgenommen haben, beispielsweise Giftpflanzen oder verdorbenes Futter, ist eine gezielte Ausleitung durch Erbrechen, wie sie beim Menschen möglich ist, nicht umsetzbar. Das erhöht das Risiko einer Vergiftung.

Aufgrund der Risiken, die sich für Pferde aus der mangelnden Fähigkeit, erbrechen zu können, ergeben, werden an das Fütterungs-, Haltungs- und Gesundheitsmanagement hohe Anforderungen gestellt. Entscheidend ist nicht nur, das Pferd artgerecht und ausgewogen zu ernähren, sondern auch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen durchführen zu lassen. Als Halter oder Halterin solltest du dein Pferd genau im Blick behalten und bei Verdacht auf Verdauungsprobleme, Koliken oder Vergiftungen umgehend tierärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. 

Verdauungsprobleme frühzeitig erkennen

Wenn Tiere erbrechen, ist das häufig ein Anzeichen dafür, dass etwas mit dem Verdauungstrakt nicht stimmt. Da Pferde dazu nicht imstande sind, fällt dieses Symptom weg. Dadurch ist es schwerer, Magen-Darm-Problemen auf die Schliche zu kommen. Aus diesem Grund solltest du besonders aufmerksam sein und schon auf kleinste Anzeichen von Unwohlsein oder gesundheitlichen Beschwerden achten.

Dazu gehören:

  • Verhaltensänderungen wie plötzliche Unruhe und Nervosität
  • Scharren, Wälze, vermehrtes Hinlegen und wieder Aufstehen
  • Abgeschlagenheit, Apathie, verminderte Aktivität
  • Appetitlosigkeit, Nahrungsverweigerung
  • Übermäßiges Schlucken beim Fressen
  • Veränderungen beim Stuhlgang, was die Häufigkeit, die Konsistenz und die Menge betrifft
  • Aufgeblähter Bauch
  • Schwitzen

Bei solchen Symptomen solltest du unbedingt einen Tierarzt oder eine Tierärztin hinzuziehen – je früher, desto besser. Eine Pferdekrankenversicherung bietet dir in solchen Fällen finanziellen Schutz. Sie erstattet die Tierarztkosten, so dass deinem Pferd die optimale medizinische Versorgung zuteil werden kann.

Fazit

Pferde können anatomisch bedingt nicht erbrechen. Das ist für sie mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden. Bei Verdauungsstörungen, Magenüberladungen oder der Aufnahme schädlicher Substanzen fehlt ihnen ein natürlicher Schutzmechanismus, um den Mageninhalt rasch loszuwerden. Selbst wenn sie versuchen, sich zu übergeben, kann das in einer lebensbedrohlichen Magenruptur enden, da ihr Organismus nicht auf das Erbrechen ausgelegt ist. Aus diesem Grund sind ein gutes Fütterungs-, Pflege- und Gesundheitsmanagement enorm wichtig. Schon bei ersten Anzeichen auf Verdauungsprobleme oder eine Vergiftung sollte tierärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden, um Schlimmeres zu verhindern.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Erbrechen bei Pferden

Wie kann man vorbeugen, wenn Pferde nicht erbrechen können?

Da Pferde sich im Notfall nicht durch Erbrechen entlasten können, ist Vorbeugung besonders wichtig. Hier einige Maßnahmen:

  • Futterhygiene sicherstellen: Nur qualitativ einwandfreies, nicht schimmelndes oder gärendes Futter anbieten. Auch bei Obst und Gemüse auf Frische achten.
  • Langsame Futterumstellungen: Neue Futtermittel oder Futterrationen immer schrittweise einführen, damit sich der Verdauungstrakt anpassen kann.
  • Mehrere kleine Portionen füttern: Große Futtermengen auf einmal erhöhen das Risiko für Fehlgärungen und Magenüberladungen.
  • Ausreichend Raufutter zur Verfügung stellen: Eine dauerhafte Heuzufuhr unterstützt die Verdauung und verhindert Leerlauf im Magen.
  • Ständige Wasserverfügbarkeit: Frisches, sauberes Wasser ist essenziell für die Verdauung.
  • Stress vermeiden: Plötzliche Veränderungen, Transporte oder Haltungswechsel können sich negativ auf die Verdauung auswirken.
  • Regelmäßige Bewegung: Bewegung unterstützt die Darmtätigkeit und hilft dabei, Verdauungsproblemen vorzubeugen.
  • Gesundheitskontrollen & Zähne prüfen lassen: Unzureichend zerkleinertes Futter (bspw. durch Zahnprobleme) kann die Verdauung belasten.

Können Fohlen erbrechen?

Nein, auch Fohlen können nicht erbrechen. Die anatomischen Voraussetzungen, die das verhindern, sind bereits bei Geburt ausgeprägt. Fohlen sind daher denselben Risiken ausgesetzt wie ausgewachsene Pferde.

Was tun, wenn mein Pferd versehentlich etwas Giftiges gefressen hat?

Sofort tierärztliche Hilfe holen! Da das Pferd nicht erbrechen kann, müssen andere Maßnahmen erwogen werden. Je schneller gehandelt wird, desto besser sind die Chancen, dass das Pferd überlebt.

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