Pferde sind intelligente und neugierige Tiere, die körperlich und geistig gefordert werden möchten. In der Natur verbringen sie den Großteil ihrer Zeit mit Bewegung und Nahrungssuche und stehen im sozialen Austausch mit anderen Herdenmitgliedern. Sie sind also fast rund um die Uhr beschäftigt. Im Alltag von Stall und Weide fehlt diese Abwechslung oft. Gerade bei Pferden, die viel Zeit in der Box oder auf kleineren Paddocks verbringen, kann schnell Langeweile aufkommen. Das wirkt sich nicht nur negativ auf das Wohlbefinden der Tiere aus, sondern birgt auch das Risiko, dass sich Verhaltensauffälligkeiten entwickeln. Mit Pferdespielzeug können Halterinnen und Halter dagegen steuern. Es hilft dabei, Pferde sinnvoll zu beschäftigen und ihre Neugier zu wecken. Doch was für Spielzeuge gibt es überhaupt und wie wendet man sie an? Das und mehr erfährst du in diesem Artikel.
Spielzeug für Pferde: Wann ist es sinnvoll?
Je jünger ein Pferd ist, desto ausgeprägter ist meist der Spieltrieb. Aber auch mancher grauhaarige Pferdesenior tobt gern mit seinen Herdenmitgliedern auf dem Paddock oder der Weide. Das macht Spaß, vertreibt die Zeit und hält geistig und körperlich fit. Zudem bietet der Kontakt zur Herde nicht nur gute Gesellschaft, sondern vermittelt auch ein Gefühl von Sicherheit.
Kann ein Pferd nur in einer Einzelbox gehalten werden, hat es wenig Möglichkeiten, sozial zu interagieren und sich zu beschäftigen. Ist aufgrund einer Verletzung oder Erkrankung komplette Boxenruhe angesagt, fällt auch noch die Bewegung weg, die das Pferd durch Bodenarbeit und Reiteinheiten mit dem Menschen erhalten würde. Das ist für das Tier nicht nur eintönig, sondern steht auch einer bedürfnis- und artgerechten Haltung entgegen.
Andauernde Langeweile im Stall führt mitunter zu Stressreaktionen und unerwünschten Verhaltensweisen, aus denen sich ernste Verhaltensprobleme entwickeln können. Dabei handelt es sich um sogenannte Stereotypien, die sich in wiederholten und gleichbleibenden Handlungen äußern, die häufig zwanghaft wirken und weder Ziel noch Funktion haben. Sie sind schwer abzugewöhnen, da sie für das Pferd meist eine beruhigende Wirkung haben und als Stressventil dienen. Typische stereotype Verhaltensweisen, die aus Langeweile und mangelnder Beschäftigung resultieren, sind:
- Koppen: Beim Koppen spannt das Pferd die untere Halsmuskulatur an und beginnt, Luft zu schlucken, was oft von einem charakteristischen Geräusch begleitet ist. Am häufigsten kommt das sogenannte Aufsetzkoppen vor. Dabei drückt das Pferd seine oberen Schneidezähne auf einen festen Gegenstand, beispielsweise einen Balken, und zieht dann die Luft ein. Durch das Koppen können Zahnschäden, Koliken und andere gesundheitliche Probleme entstehen.
- Weben: Das Weben tritt nicht ganz so häufig auf wie das Koppen. Hier verlagert das Pferd abwechselnd sein Gewicht von einem Vorderbein auf das andere und pendelt mit Kopf und Hals hin und her. Das kann zu Gelenkverschleiß und Muskelverspannungen führen.
- Boxenlaufen: Beim Boxenlaufen handelt es sich um eine schwerwiegende Verhaltensstörung, die durch Stress und Frustration infolge von Bewegungsmangel und fehlender sozialer Interaktion entsteht. Das Pferd läuft permanent in seiner Box herum, oft im Kreis oder entlang der Wände. Das belastet die Gliedmaßen und kann zu Gelenkerkrankungen wie Arthrose führen.
Verhaltensstörungen haben nicht immer körperliche Folgen für Pferde, doch geben sie Aufschluss über das psychische Wohlbefinden des betroffenen Tieres, denn in erster Linie haben sie den Zweck, der inneren Unruhe entgegenzuwirken. Stereotype Verhaltensweisen sind im Grunde genommen Bewältigungsstrategien, mit denen Pferde versuchen, in einer Umgebung zurechtzukommen, die ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird. Abhilfe schaffen können mehr Auslauf, soziale Interaktion und Beschäftigungsmöglichkeiten. Mit Pferdespielzeug können Halter und Halterinnen bereits einiges tun, um ihrem Pferd die geistige und körperliche Stimulation zu bieten, die es braucht.
Vom Knabberholz bis zum Plüschtier: Das passende Pferdespielzeug finden
Jedes Pferd ist individuell und hat seine eigene Persönlichkeit, deswegen kann es sein, dass man nicht auf Anhieb das passende Spielzeug findet. Es empfiehlt sich, getreu dem Motto „Versuch macht klug“ verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten, um herauszufinden, woran das Pferd am meisten Spaß und Interesse hat. Aktive und jüngere Pferde begeistern sich tendenziell häufiger für Bewegungsspiele, während es ältere Artgenossen lieber ruhiger angehen lassen und beispielsweise Knabberspielzeug bevorzugen.
Die Auswahl an Spielzeug für Pferde ist groß. Wir geben einen Überblick über die gebräuchlichsten Beschäftigungsartikel.
- Knabberhölzer: Die meisten Pferde haben Freude am Knabbern und tun sich auf der Weide gerne an Bäumen und Sträuchern gütlich, sofern sie Zugang dazu haben. Ein Knabberholz ist daher eine artgerechte Beschäftigungsmöglichkeit. Es gibt diverse Ausführungen im Handel, man kann aber auch Zweige und Äste von Bäumen der Umgebung nehmen, wenn sie gesund und unbehandelt sind. Geeignet sind beispielsweise Birke, Weide, Pappel, Erle und das Holz von Obstbäumen wie Äpfeln, Birnen und Kirschen, sofern sie ungespritzt sind. Ungeeignet sind dagegen giftige Arten wie Thuja, Eibe, Eiche und Vogelbeere. Nadelgehölze sollen wegen der enthaltenen ätherischen Öle nur in Maßen gegeben werden.
- Leckerli-Bälle: Ein Leckerli-Ball ist ein hervorragendes Pferdespielzeug gegen Langeweile. Er wird mit Pferdefutter oder -snacks befüllt und auf den Boden gelegt oder an einem Seil frei schwingend aufgehängt. Sobald das Pferd den Ball durch Anstupsen ins Rollen bringt oder ins Pendeln versetzt, fallen die Leckerlis durch eine oder mehrere Öffnungen heraus.
- Lecksteine: Lecksteine sind eigentlich als Zusatzfütterung gedacht. Sie können als naturbelassene Salzsteine oder Minerallecksteine ausgeführt sein und dienen dazu, Pferden Elektrolyte zuzuführen. Es gibt aber auch süße Varianten aus Traubenzucker und ein breites Angebot an unterschiedlichen Geschmacksrichtungen wie Apfel oder Banane, wobei hier die Inhaltsstoffe in den Blick genommen werden sollten. Grundsätzlich aber eignen sich Lecksteine gut, um Pferde ausgiebig zu beschäftigen. Da das Schlecken für die Tiere auf Dauer anstrengend ist, werden sie auch in körperlicher Hinsicht beansprucht.
- Heunetze und Heukörbe: Pferde sind von Natur aus darauf ausgelegt, über den Tag verteilt kleine Rationen Futter aufzunehmen. Heunetze und Heukörbe, auch Slow Feeder genannt, kommen ihrem natürlichen Fressverhalten entgegen. In erster Linie sorgen sie für verlängerte Fresszeiten, da die Tiere mehr Mühe haben, an das Heu heranzukommen. Gleichzeitig werden sie körperlich und geistig beschäftigt, was Langeweile entgegenwirkt. Allerdings sollte die Futteraufnahme nicht zu stark erschwert sein, da das zu Frustration beim Pferd führen würde. In dem Fall ist es besser, nur einen kleinen Teil der täglichen Heuration auf diese Weise zur Verfügung zu stellen.
- Kratz- und Scheuermatten: Für Pferde ist es ganz natürlich, untereinander Fellpflege zu betreiben, um soziale Bindungen zu stärken, Stress abzubauen, Juckreiz zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Kratzmatten und Scheuerstreifen kommen diesem Bedürfnis entgegen. Sind sie sicher an der Wand angebracht, können sich die Tiere ohne fremde Hilfe daran schubbern. Viele Matten bieten unterschiedliche Härtegrade und Massageeffekte. Alternativ kann man alte Bürsten mit Naturborsten an der Stallwand festschrauben.
- Spielbälle: Die Auswahl an Spielbällen ist groß. Kleine Stallbälle, die mithilfe eines Griffs aufgehängt werden können, ermöglichen es Pferden, sich auch in der Box spielerisch zu beschäftigen. Auf dem Paddock oder auf der Weide können Pferde in Einzelhaltung oder Herden mit größeren Gymnastikbällen herumtollen.
- Knisternde Plüschtiere: Plüschtiere bieten Pferden ebenfalls die Möglichkeit, sich zu beschäftigen. Manche Varianten sind mit Knisterfolie ausgestattet, haben Gliedmaßen aus Tau, an denen das Pferd knabbern und ziehen kann, und sind Leckerlis befüllbar. Zwar sind Plüschtiere kein Ersatz für soziale Interaktion mit anderen Pferden, können aber eine spannende Abwechslung sein.
Pferdespielzeuge sprechen je nach Ausführung unterschiedliche Bedürfnisse an, sei es Freude an Bewegung, den natürlichen Kautrieb oder den Wunsch nach Gesellschaft. Sie bieten Spaß und Beschäftigung und helfen dabei, das Pferd geistig und körperlich aktiv zu halten.
Darauf solltest du bei der Anschaffung von Pferdespielzeug achten
Pferdespielzeug muss in erster Linie ungefährlich und sinnvoll für das Pferd sein. In dem Zusammenhang sind folgende Aspekte zu beachten:
- Sicherheit und Robustheit: Pferde haben starke Zähne, daher muss das Spielzeug aus robustem, bruch- und reißfestem Material bestehen. Es darf weder spitze Ecken und scharfe Kanten noch lose oder leicht ablösbare Teile geben, an denen sich das Pferd verletzen könnte. Aufhängevorrichtungen, Seile und Halterungen müssen stabil und hochwertig verarbeitet sein, um eine sichere Befestigung zu ermöglichen.
- Passende Größe: Das Spielzeug darf nicht zu klein und nicht zu groß sein, damit das Pferd damit gut interagieren kann.
- Einsatzort: Welche Art von Spielzeug in Frage kommt, hängt davon ab, ob es in der Box, auf dem Paddock oder auf der Weide zur Verfügung stehen soll. Hängende Leckerlis sind zum Beispiel gut für Boxen geeignet, während große Gymnastikbälle für Offenställe oder größere Flächen sinnvoll sind.
- Bedürfnisse des Pferdes: Das Spielzeug soll den Bedürfnissen des Pferdes entsprechen. In dem Zusammenhang ist zu überlegen, welche Art von Beschäftigung das Tier braucht. Spielbälle eignen sich gut für Pferde, die Bewegung brauchen, während Futterbälle und Hölzer für Knabberfans geeignet sind.
- Vermeidung von Frustration: Das Spielzeug soll dem Pferd in erster Linie Spaß machen und positiv verknüpft werden. Um Überforderung und Frustration zu vermeiden, ist es wichtig, dass das Spielzeug dem Erfahrungslevel und den körperlichen bzw. geistigen Fähigkeiten des Pferdes entspricht.
- Einfache Reinigung: Pferdespielzeug ist ein Gebrauchsgegenstand und wird zwangsläufig dreckig. Deswegen sollte es möglichst schmutzabweisend sein und sich leicht reinigen lassen.
- Unbedenkliche Materialien und Inhaltsstoffe: Die Natürlichkeit und Unbedenklichkeit der Materialien und Inhaltsstoffe sollte immer im Vordergrund stehen. Produkte aus Gummi sind zwar robust, können aber Weichmacher enthalten. Es sind auch längst nicht alle Hölzer zum Knabbern geeignet. Vorsicht ist zudem bei Lecksteinen geboten, gerade bei solchen, die zum überwiegenden Teil aus Zucker bestehen. Künstliche Aromastoffe haben in Pferdenahrung nichts zu suchen.
Pferdespielzeug kann sehr viel Gutes bewirken, aber auch zur Gefahr werden, wenn es minderwertig verarbeitet ist oder schädliche Stoffe enthält. Verletzt sich das Pferd beim Spielen und muss infolgedessen tierärztlich versorgt werden, ist das nicht nur eine mentale Belastung für Tier und Mensch, sondern auch mit einem enormen finanziellen Risiko verbunden. Eine Pferdekrankenversicherung oder Pferde-OP-Versicherung schützt vor hohen Tierarztkosten, so dass das Pferd im Ernstfall optimal behandelt werden kann. #
Gemeinsam spielen mit deinem Pferd
Ist ein Pferd zur Boxenruhe gezwungen, so wird es sich gewiss nicht nur über Pferdespielzeug, sondern auch über mehr Kontakt zu seinem Menschen freuen. Zur Beschäftigung eignen sich Übungen, die den Geist fordern, sehr gut. Per Clickertraining ist es beispielsweise möglich, einem Pferd nützliche, aber auch spaßige Tricks beizubringen, selbst wenn es sich nur wenig bewegen darf. Dazu zählen beispielsweise folgende Übungen:
- „Guten Tag sagen“: Vorderhufe nacheinander heben, einen davon nach vorne strecken
- Kopf senken
- Trensengebiss annehmen
- Huf in einen Eimer stellen
- Sich selbst eine Decke abziehen
Tricks wie diese können sich nach der Boxenruhe als sehr alltagspraktisch erweisen. Zudem sorgen sie für Abwechslung in der eintönigen Stallroutine und stärken die Bindung zwischen Mensch und Pferd.
Fazit
Pferdespielzeug ist eine wunderbare Möglichkeit, Spaß und Abwechslung in den Alltag unserer vierbeinigen Freunde zu bringen. Möglicherweise musst du erst verschiedene Beschäftigungsartikel ausprobieren, bevor du einen findest, der deinem Tier zusagt. Doch das Angebot ist groß, so dass für jedes Pferd etwas Passendes dabei sein sollte. Langeweile muss also nicht sein. Es gibt viele Optionen, dein Pferd auf Trab zu halten und auszulasten.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Pferdespielzeug
Brauchen Pferde Spielzeug?
Auch bei Pferden kann Langeweile aufkommen, vor allem, wenn sie nicht auf der Weide zusammen mit Artgenossen, sondern einzeln in der Box gehalten werden. Pferdespielzeug bietet Unterhaltung und Abwechslung und trägt auf diese Weise zu mehr Wohlbefinden beim Tier bei.
Wie kann ich mein Pferd in der Box beschäftigen?
In der Pferdebox bietet sich Spielzeug an, das nicht so viel Platz in Anspruch nimmt. Das können beispielsweise kleine Pferdebälle oder Heunetze zum Aufhängen sein. Daneben können mit dem Pferd gemeinsam Tricks einstudiert werden.
Wie oft sollte ich das Spielzeug wechseln?
Um die Begeisterung aufrechtzuerhalten, ist es sinnvoll, das Spielzeug regelmäßig auszutauschen oder in einem anderen Kontext zu verwenden. Wie oft man das tun sollte, hängt vom Pferd ab. Zeigt es weniger Interesse, ist es an der Zeit für einen Wechsel.
Kann Pferdespielzeug das Verhalten meines Pferdes verbessern?
Pferdespielzeug kann dabei helfen, Verhaltensweisen wie Koppen oder Weben, die durch mangelnde Auslastung und Langeweile entstehen, entgegenzuwirken, indem es für eine sinnvolle Beschäftigung sorgt.
Wie gewöhne ich mein Pferd an neues Spielzeug?
Als Fluchttiere stehen die meisten Pferde Neuem erst einmal skeptisch gegenüber. Für den Einstieg empfiehlt es sich, dem Pferd das Spielzeug erst einmal in Ruhe zu zeigen und es daran schnuppern zu lassen. Gegebenenfalls verwendet man parallel Futter oder Leckerlis, um Ängste abzubauen und das Pferd zum Spielen zu ermutigen.