Die Fruchtbarkeit einer Stute hängt zu einem großen Teil von der Gesundheit ihrer Gebärmutter ab. Kommt es dort zu krankhaften Veränderungen, kann das nicht nur Auswirkungen auf die Trächtigkeit, sondern gegebenenfalls auch auf den Nachwuchs haben.
Eine der häufigsten Ursachen für Fruchtbarkeitsprobleme ist die sogenannte Endometrose – eine Erkrankung, die schleichend verläuft und lange Zeit unbemerkt bleiben kann. Was genau dabei in der Gebärmutter passiert, welche Risiken die Krankheit für Stute und Fohlen birgt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erfährst du in diesem Artikel.
Was ist Endometrose?
Der Uterus besteht aus drei Schichten: Innen liegt die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), darüber die Muskelschicht (Myometrium) und die Serosa (Perimetrium). Unter Endometrose versteht man eine chronisch-degenerative und nicht-infektiöse Veränderung der Gebärmutterschleimhaut. Dabei wird das Funktionsgewebe des Endometriums nach und nach durch Bindegewebe ersetzt. Es entstehen Vernarbungen und Drüsennester (überdurchschnittliche Ansammlung von Drüsen). Zudem kann es zu Drüsenatrophien (Drüsenschwund) und Zystenbildung kommen.
Das hat gravierende Folgen:
- Die Gebärmutter gibt weniger Nährstoffe an Embryo und Fötus weiter.
- Der Kontakt zwischen Mutterkuchen (Plazenta) und Gebärmutterwand ist eingeschränkt.
- Häufig kommt es dadurch zu einem frühen Fruchttod oder zu Aborten.
Die Erkrankung entwickelt sich meist über Jahre hinweg und bleibt lange unbemerkt. Häufig wird sie erst erkannt, wenn Schwierigkeiten bei der Deckung oder Trächtigkeit auftreten. Wichtig zu beachten ist, dass die Endometrose beim Pferd trotz begrifflicher Ähnlichkeit nicht der Endometriose beim Menschen gleicht.
Ursachen und Risikofaktoren von Endometrose bei Pferden
Die genauen Vorgänge, die zu einer Endometrose führen, sind noch nicht vollständig erforscht. Allerdings scheinen folgende Faktoren eine Rolle zu spielen:
- Alter: Mit zunehmendem Alter – ab etwa 15 Jahren – nimmt die Häufigkeit und Schwere endometrotischer Entwicklungen tendenziell zu. Grundsätzlich kann die Erkrankung jedoch bei Stuten aller Altersstufen auftreten.
- Genetische Faktoren: Es wurden in der Forschung teilweise große individuelle Unterschiede zwischen Stuten gleichen Alters festgestellt, was auf eine genetische Veranlagung hinweisen könnte.
Prinzipiell kann jede Stute an Endometrose erkranken. Eine sichere Möglichkeit der Vorbeugung ist zum jetzigen Forschungsstand nicht bekannt.
Symptome der Endometrose
Eine Endometrose zeigt oft keine äußeren Anzeichen. Der Erkrankung kommt man meist erst auf die Schliche, wenn sich Probleme im Rahmen der Zucht ergeben. Betroffene Stuten sind vermindert oder gar nicht fruchtbar. Häufig kommt es zu frühen embryonalen Verlusten. Auch wiederkehrende Gebärmutterentzündungen (Endometritis) werden bei Tieren mit Endometrose häufiger festgestellt. Werden Fohlen geboren, haben sie teilweise ein niedrigeres Geburtsgewicht oder entwickeln sich verzögert.
Verlauf der Endometrose
Die Prognose der Fruchtbarkeit hängt stark vom Ausmaß der Endometrose ab. Während leichte Fälle die Trächtigkeit nur gering beeinflussen, sind schwere Formen oft mit dauerhafter Unfruchtbarkeit verbunden. In einer Untersuchung wurden folgende Zusammenhänge zwischen dem Grad der Veränderung und der Abfohlrate festgestellt:
- Leichte Veränderungen: 50 bis 80 % Abfohlrate
- Mittlere Veränderungen: 10 bis 50 % Abfohlrate
- Schwere Veränderungen: weniger als 10 % Abfohlrate
Es lässt sich festhalten: Je schwerer die Veränderungen in der Gebärmutter sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein gesundes Fohlen geboren wird.
Wie wird Endometrose diagnostiziert?
Da äußerlich keine Symptome sichtbar sind, ist für eine sichere Diagnose eine tierärztliche Untersuchung entscheidend. Als sicherste Methode gilt die Uterusbiopsie. Dabei wird eine kleine Gewebeprobe aus der Gebärmutter entnommen und unter dem Mikroskop untersucht. So lässt sich unter anderem der Schweregrad der Veränderungen beurteilen und die Fruchtbarkeit prognostizieren. Ergänzend kann der Tierarzt oder die Tierärztin einen Ultraschall durchführen oder die Gebärmutterschleimhaut mittels Endoskopie ansehen. Gut zu wissen: Eine Pferdekrankenversicherung erstattet die Kosten für Diagnose- und Behandlungsmaßnahmen und bietet Haltern und Halterinnen auf diese Weise finanziellen Schutz.
Behandlungsmöglichkeiten bei Endometrose
Eine vollständige Heilung der Endometrose ist nach aktuellem Stand nicht möglich, weil die Gewebeveränderungen nicht reversibel und somit dauerhaft sind. Behandlungen wie eine Kürettage (eine Art „Ausschabung“ der Schleimhaut) können das geschädigte Gewebe nicht wieder in einen gesunden Zustand zurückversetzen.
Trotzdem ist es in manchen Fällen möglich, eine Stute mit Endometrose zu einer erfolgreichen Trächtigkeit zu verhelfen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Optimales Management: Haltung, Fütterung und der allgemeine Gesundheitszustand der Stute sollten so gut es geht optimiert werden.
- Gezielte Hengstwahl: Ein Hengst mit hoher Fruchtbarkeit kann die Chancen auf eine erfolgreiche Deckung erhöhen.
- Samenqualität: Auf tiefgefrorene Samen sollte möglichst verzichtet werden. Frische Samen bieten bei einer Befruchtung die größten Erfolgsaussichten.
- Medikamentöse Unterstützung: Um frühe Trächtigkeitsverluste zu verhindern, kann der Tierarzt oder die Tierärztin nach dem Eisprung über mehrere Tage ein Gestagen (z. B. Altrenogest) verabreichen. Das Hormon stabilisiert die frühe Trächtigkeitsphase, bis die Stute selbst genug davon bildet.
Eine Endometrose lässt sich also nicht rückgängig machen, jedoch besteht die Möglichkeit, die Fruchtbarkeit der Stute mit gezielten Maßnahmen zu erhöhen.
Bedeutung der Endometrose für die Nachkommen
Die Sekrete der endometrialen Drüsen spielen bei der Nährstoffversorgung von Embryo und Fötus eine entscheidende Rolle. Eine Reduktion der Drüsenfunktion geht dementsprechend zwangsläufig mit einer Mangelversorgung einher, die zu Aborten oder Frühgeburten führen kann. Schafft es das Fohlen auf die Welt, ist es in der Regel unterentwickelt. Studien zeigen: Fohlen von älteren Stuten oder solchen mit ausgeprägter Endometrose haben teils ein geringeres Geburtsgewicht und erreichen später in Sport- oder Rennleistung niedrigere Werte. Auch wenn es Ausnahmen gibt, spielen das Alter und der Gebärmutterzustand der Mutter eine große Rolle für die Entwicklung des Nachwuchses.
Fazit
Endometrose ist eine ernstzunehmende Erkrankung der Gebärmutter bei Stuten. Sie verläuft schleichend und wird oft erst entdeckt, wenn Fruchtbarkeitsprobleme auftreten. Auch wenn eine Heilung nicht möglich ist, lassen sich die Chancen auf eine Trächtigkeit mit gezielten Maßnahmen verbessern. Regelmäßige gynäkologische Untersuchungen sind insbesondere bei Zuchtstuten unerlässlich, um Veränderungen rechtzeitig zu erkennen.
FAQ: Häufige Fragen zum Thema Endometrose
Ist Endometrose beim Pferd schmerzhaft?
Die Erkrankung verursacht üblicherweise keine Schmerzen. Das ist einer der Gründe, warum sie meist erst spät entdeckt wird.
Kann man Endometrose vorbeugen?
Nein, allerdings können regelmäßige tierärztliche Untersuchungen und ein gutes Zuchtmanagement dabei helfen, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und den Krankheitsverlauf abzumildern.
Kann eine Stute trotz Endometrose noch gedeckt werden?
Ja, in vielen Fällen ist eine Deckung weiterhin möglich. Ob eine erfolgreiche Trächtigkeit zustande kommt, hängt jedoch stark vom Schweregrad der Veränderungen ab. Der Tierarzt oder die Tierärztin kann nach der Diagnose einschätzen, wie die Chancen stehen.
Wie unterscheidet sich Endometrose von anderen Gebärmuttererkrankungen?
Im Gegensatz zu beispielsweise einer akuten Entzündung (Endometritis) handelt es sich bei Endometrose um eine chronische, nicht heilbare Gewebeveränderung. Beide Erkrankungen können jedoch gleichzeitig auftreten.
Spielt die Haltung oder Fütterung eine Rolle bei der Entstehung von Endometrose?
Direkte Zusammenhänge sind bisher wissenschaftlich nicht belegt. Allgemein können aber eine gesunde Ernährung, eine artgerechte, stressarme Haltung und gute Zuchtbedingungen zur Erhaltung der Fruchtbarkeit einer Stute beitragen.