Häufige Fragen

Warum scharrt ein Pferd mit den Hufen?

20.11.2025, Nicole Alps

Das Scharren mit den Hufen gehört bei Pferden zum natürlichen Verhaltensrepertoire und kann in unterschiedlichen Situationen auftreten, beispielsweise bei der Futtersuche oder Kommunikation mit Artgenossen. Doch nicht immer erfüllt das Verhalten einen Zweck oder ist harmlos. Scharrt ein Pferd mit den Hufen, kann es sich auch um eine sogenannte Stereotypie handeln oder auf Stress, Überlastung sowie gesundheitliche Probleme hindeuten. In diesem Artikel erfährst du, was dahinterstecken kann, wenn Pferde mit den Hufen scharren, und wann du aufmerksam werden solltest.

Hufescharren beim Pferd

Wenn ein Pferd gelegentlich mit den Hufen scharrt, ist das erst einmal kein Grund zur Sorge. Es handelt sich dabei um eine natürliche Verhaltensweise, die in bestimmten Situationen immer mal wieder vorkommen kann. In freier Natur beispielsweise scharren Pferde mit den Hufen, wenn sie auf Nahrungssuche sind. Sie schieben dabei Steine, Erde oder Schnee auf dem Boden beiseite, um an Essbares zu gelangen. Das Verhalten zeigen Pferde auch dann, wenn sie sich einen Platz für das Wälzen herrichten oder Fliegen abwehren. Bei Hengsten gehört das Hufescharren außerdem zum Imponiergehabe. Sie versuchen dadurch, die Aufmerksamkeit der Stuten auf sich zu ziehen.

Problematisch wird es, wenn Pferde regelmäßig wiederkehrend oder anhaltend mit den Hufen scharren und es keinem offensichtlichen Zweck dient. In dem Fall kann es sein, dass sich das Verhalten zu einer Stereotypie entwickelt hat oder gesundheitliche Beschwerden zugrundeliegen.

Das Hufescharren als stereotypes Verhalten

Bei manchen Pferden nimmt das Scharren mit den Hufen stereotype Züge an. Das bedeutet, dass das Verhalten regelmäßig auftritt, ohne eine bestimmte Funktion zu erfüllen. Es ist in gewisser Weise zwanghaft, allerdings handelt es sich nicht um eine Zwangsstörung im engeren Sinne.

Welche Ursachen dem stereotypen Hufescharren zugrunde liegen, wird breit diskutiert. Viele vertreten die Ansicht, dass die Pferde dadurch Aufmerksamkeit auf sich ziehen und beim Menschen eine Reaktion hervorrufen möchten. Andere deuten es als Ausdruck von Ungeduld und ordnen es als Zeichen einer mangelnden Erziehung ein. Wieder andere betrachten das Hufescharren als eine Art Ventil, mit dem sich Pferde Erleichterung verschaffen, wenn sie gestresst, frustriert oder gelangweilt sind oder zu wenig Bewegung haben. Keine der Hypothesen ist wissenschaftlich belegt.

Bislang hat sich erst eine Studie („Pawing by Standardbred Racehorses: Frequency and Patterns“) mit dem Hufescharren als stereotypes Verhalten auseinandergesetzt. Sie stammt von den US-amerikanischen Verhaltensforscherinnen Christina L. Butler und Katherine Albro Houpt und wurde 2014 im Journal of Equine Science (25/3) veröffentlicht. Zusammen mit ihrem Team untersuchten Butler und Houpt, in welcher Häufigkeit das Hufscharren bei Trabrennpferden auftritt und ob das Verhalten mit der Tageszeit bzw. dem Trainingsstatus zusammenhängt. Zu diesem Zweck wurden die Tiere über einen Zeitraum von 62 Tagen zwei Mal täglich in Augenschein genommen: einmal morgens vor dem Training und einmal nachmittags nach dem Training. Insgesamt wurden Daten von insgesamt 41 Pferden erhoben.

Die Studie ergab, dass mehr als die Hälfte der Tiere (58,5 %) mindestens einmal pro Tag mit den Hufen scharrte. Dabei wurde das Verhalten nach dem Training häufiger festgestellt als vor dem Training. Auffällig ist außerdem, dass die Pferde an Sonntagnachmittagen, wenn kein Training stattfand, seltener scharrten. Alter und Geschlecht scheinen keinen Einfluss zu haben.
Dass das Verhalten häufiger nach dem Training auftritt als davor, scheint die Annahme zu widerlegen, dass Langeweile, Bewegungsmangel oder Unterforderung ursächlich für das Hufscharren sind. Stattdessen ist es wahrscheinlicher, dass sich die Pferde damit Erleichterung verschaffen möchten. Denkbar ist beispielsweise, dass sie durch das Hufescharren versuchen, Verspannungen oder Muskelkater zu lindern. Doch auch diese Annahme ist bislang nicht erwiesen.

Zudem besteht immer die Möglichkeit, dass das Hufescharren bei Pferden durch den Halter oder die Halterin unbewusst anerzogen ist oder zumindest bestärkt wird. Scharrt ein Pferd zur Fütterungszeit mit den Hufen und erhält einige Zeit später sein Fressen, kann es sein, dass es beide Aktivitäten miteinander verknüpft. Das Pferd glaubt dann, dass das Futter kommt, wenn es mit den Hufen scharrt. In dem Fall kann man von einer Konditionierung sprechen.

Hufescharren durch Stress: Was tun?

Das Scharren mit den Hufen ist ein Verhalten, das bei vielen Haltern und Halterinnen unerwünscht ist, besonders wenn es am Putzplatz oder vor der Fütterung auftritt. Zum einen stört es, zum anderen ist es für das Pferd, für Artgenossen und für den Menschen mit einem Verletzungsrisiko verbunden. Gerade auf engem Raum kann es schnell passieren, dass das Pferd beim Scharren sich selbst oder anderen Schaden zufügt. Hinzu kommt, dass sich die Hufe stärker abnutzen, wenn sie über harte Untergründe wie Beton- oder Steinböden schleifen.

Ist Stress ursächlich für das Verhalten, gilt es, den Ursachen auf den Grund zu gehen und gegenzusteuern. Zu den häufigsten Auslösern für Stress bei Pferden zählen:

  • Bewegungsmangel
  • Fehlender Sozialkontakt
  • Konflikte in der Herde
  • Ressourcenknappheit
  • Überforderung durch Training
  • Ungeeignete Ernährung

Je nach Ursache können folgende Maßnahmen dabei helfen, Stress zu reduzieren:

  • Weidezeiten verlängern, mehr freie Bewegung ermöglichen
  • Training reduzieren, Pausen einhalten
  • Stall- bzw. Boxenwechsel bei Unstimmigkeiten mit Artgenossen oder fehlendem Sozialkontakt
  • Ernährung umstellen
  • Ruhige Umgebung beim Füttern und Putzen schaffen

Wichtig im Hinterkopf zu behalten ist, dass Pferde sehr sensibel auf Außenreize reagieren und Stimmungen sehr gut wahrnehmen. Hektik oder Unsicherheiten auf Seiten des Halters oder der Halterin können sich schnell auf die Tiere übertragen und ebenfalls Stress auslösen. Deswegen ist es entscheidend, als Mensch Ruhe und Selbstbewusstsein auszustrahlen und dem Pferd ein Gefühl der Sicherheit zu geben.

Hufescharren als Hinweis auf gesundheitliche Probleme

Häufiges Scharren kann auch ein Hinweis auf gesundheitliche Probleme sein. Pferde, denen beispielsweise die Hufe weh tun, versuchen dadurch, ihr Gewicht zu verlagern und sich Linderung zu verschaffen. Schmerzende Hufe können verschiedene Ursachen haben und beispielsweise durch Geschwüre oder Abszesse hervorgerufen werden. Besonders gefährlich ist die sogenannte Hufrehe, der eine Entzündung der Huflederhaut zugrunde liegt. Sie muss umgehend medizinisch behandelt werden, da ansonsten die Blutzufuhr zum Huf unterbrochen werden kann, wodurch im weiteren Verlauf die Ablösung der kompletten Hufkapsel droht.

Auch eine Kolik ist ein medizinischer Notfall. Sie äußert sich in krampfartigen Schmerzen in der Bauchgegend und kann beispielsweise auf Verstopfungen oder übermäßige Gasbildung im Magen-Darm-Trakt zurückzuführen sein. Aufgrund der Schmerzen sind betroffene Pferde meist sehr unruhig, scharren mit den Hufen, flehmen, werfen den Kopf nach hinten oder wälzen sich hin und her. Bleibt eine Kolik unbehandelt, kann es zu einer Darmverschlingung oder einem Darmverschluss kommen. Beides ist lebensbedrohlich. Bei Anzeichen einer Kolik muss das Pferd umgehend medizinisch versorgt werden.

Wenn der Verdacht besteht, dass das Hufescharren mit einem gesundheitlichen Problem zu tun hat, ist es sinnvoll, auf Nummer sicher zu gehen und das Pferd schnellstmöglich dem Tierarzt oder der Tierärztin vorzustellen. Bei so gut wie jeder Erkrankung gilt: Je früher die Diagnose, desto besser die Heilungschancen. Eine Kranken-, OP- oder Kolik-Versicherung für Pferde übernimmt die Kosten, wenn das Tier behandelt werden muss, und bietet im Ernstfall finanziellen Schutz.

Fazit

Das Scharren mit den Hufen kann verschiedene Gründe haben. Einerseits gehört es zu den natürlichen Verhaltensweisen eines Pferdes, es besteht aber auch die Möglichkeit, dass es sich um ein Warnsignal handelt, dass auf Stress oder Schmerzen hinweist. Tritt das Scharren nur gelegentlich auf, besteht meist kein Grund zur Sorge. Kommt es jedoch häufiger vor, empfiehlt es sich, die Lebensumstände und die psychische wie physische Konstitution des Pferdes genauer in den Blick zu nehmen. Bei Verdacht auf gesundheitliche Probleme ist ein tierärztlicher Check unumgänglich. Entscheidend ist, das Pferd aufmerksam zu beobachten und bei Veränderungen lieber früher als später zu reagieren.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Hufescharren beim Pferd

Kann Langeweile im Stall Hufescharren auslösen?

Ja. Manche Pferde, die zu wenig Bewegung oder Beschäftigung haben, scharren mit den Hufen und versuchen auf diese Weise, Stress abzubauen. Längere Weidezeiten, mehr Sozialkontakt und ein strukturierter Tagesablauf können helfen, dem Verhalten entgegenzusteuern.

Mein Pferd scharrt vor dem Reiten – was bedeutet das?

Das Scharren vor dem Reiten kann ein Ausdruck von Aufregung oder Vorfreude sein, aber auch mit Stress zusammenhängen. Feste Routinen und eine ruhige Vorbereitung können dabei helfen, dem Pferd Sicherheit zu vermitteln und die Aufregung zu reduzieren.

Nutzt sich der Huf durch häufiges Scharren ab?

Ja, vor allem auf harten Böden. Die Folge können ein zu starker oder ungleichmäßiger Hornabrieb und kleine Risse sein. Eine regelmäßige Hufkontrolle und -pflege sind dann besonders wichtig.

Ist Scharren ein Zeichen für schlechte Erziehung?

Vermehrtes Scharren wird häufig mit mangelnder Erziehung in Verbindung gebracht. Die Angelegenheit ist jedoch komplexer. Manche Pferde lernen durch ungünstige Assoziationen, dass das Scharren Aufmerksamkeit bringt – etwa wenn sie danach Futter bekommen. In diesem Fall werden sie unbeabsichtigter Weise falsch konditioniert.

Mein Pferd scharrt nur beim Putzen. Warum?

Das kann darauf hindeuten, dass sich das Pferd unwohl fühlt oder das Prozedere schnell hinter sich bringen will. Es kann helfen, das Pferd vor dem Putzen kurz zu bewegen oder die Routine abwechslungsreicher zu gestalten.

Auch interessant