Julia Krajewski neben ihrem Pferd Nickel.
Erziehung und Training

Uelzeners Nickel: Der Weg vom Nachwuchspferd zum Champion

25.08.2025

Nicht jedes Championatspferd ist von Anfang an als solches erkennbar. Manche brauchen Zeit – und jemanden, der ihr Potenzial erkennt und ihnen die Chance gibt, sich zu entfalten. Uelzeners Nickel ist so ein Pferd. Vom soliden Nachwuchstalent entwickelte sich der Holsteiner unter Julia Krajewski zu einem ihrer zuverlässigsten Top-Pferde. Und er bewies, dass sich Geduld und Vertrauen im Pferdesport lohnen.

Vom Springplatz ins Gelände

Als Julia Krajewski den damals sechsjährigen Nickel erstmals in ihren Stall bekam, stand er im Besitz des Gestüts Fohlenhof und hatte bereits eine solide Springausbildung hinter sich. Er war erfolgreich in Springpferdeprüfungen gelaufen und galt als Kandidat fürs Bundeschampionat. Doch es zeigte sich, dass ihm für den großen Springsport auf lange Sicht etwas fehlte. So kam die Überlegung auf, ob sich Nickel vielleicht für die Vielseitigkeit eignen könnte.

Julia sollte es herausfinden und testete ihn im Winter an. Zunächst schien er eher skeptisch, besonders beim ruhigen Annähern an Sprünge. Doch sobald er ins Galoppieren kam, änderte sich alles: Nickel sprang mutig, lernte schnell und zeigte Begeisterung für die neue Aufgabe. Schon im Frühjahr absolvierte er erste Geländepferdeprüfungen und bewies Talent, Übersicht und eine beeindruckende Leichtigkeit.

Was ihm noch fehlte, war Erfahrung. Während andere Vielseitigkeitspferde bereits mit fünf Jahren erste Geländeprüfungen gegangen waren, musste Nickel das erst aufholen. Unterschiedliche Böden, wechselnde Untergründe, das Galoppieren bergauf und bergab – all das war für ihn neu. Doch seine Lernbereitschaft und sein ausgeglichener Charakter machten ihn zu einem idealen Schüler.

Nickels Ausbildungsweg in der Vielseitigkeit

Im Vielseitigkeitssport werden Pferde grob in Ausbildungsstufen unterteilt: Der Einstieg erfolgt über Geländepferdeprüfungen (meist mit fünf oder sechs Jahren), dann schließen sich Starts in Prüfungen der Klassen Vielseitigkeit Klasse A bis CCI2* an. Von dort aus kann sich ein Pferd über die Stufen CCI3* und CCI4* bis zur höchsten Kategorie CCI5* entwickeln – dem Niveau, auf dem internationale Championate und Olympische Spiele stattfinden.

Doch nicht jedes Pferd erreicht dieses Niveau und muss es auch nicht. Der Weg dahin ist lang, fordernd und geprägt von Rückschlägen und Etappenzielen. Umso wichtiger ist eine realistische Einschätzung, wie weit ein Pferd tatsächlich kommen kann.

Nach der ersten Geländesaison wurde Julia gefragt, ob sie glaube, dass Nickel ein Championatspferd sei und ob man ihn behalten solle. Ihre Antwort: schwer zu sagen. Nickel sei vor allem ein unkompliziertes, sehr angenehmes Pferd;  ein echter Mitmacher. Aber nichts an ihm habe damals besonders „herausgestochen“.

So entschied man sich, Nickel an eine Schülerin von Julia, Sophia Rössel, zu verkaufen. Auch in seinem neuen Zuhause bewies sich Nickel schnell: Er gewann direkt eine Prüfung auf Zwei-Sterne-Niveau und zeigte, dass er im Juniorensport hervorragend aufgehoben war.

Julia blieb mit ihm verbunden, ritt ihn gelegentlich bei besonderen Events, etwa beim Jump & Drive in Aachen. Als Sophia ein Jahr später ins Ausland ging, kam Nickel zur Zwischenlösung wieder in Julias Stall zurück. Was zunächst als Übergang gedacht war, entwickelte sich schnell zu einem Neustart.

Stetige Entwicklung mit überraschendem Höhepunkt

Zurück im Training mit Julia, machte Nickel genau da weiter, wo er aufgehört hatte und mehr: Ende 8-jährig ging er seine erste lange Drei-Sterne-Prüfung, 9-jährig das erste Mal auf Vier-Sterne-Niveau. Es war kein kometenhafter Aufstieg, aber ein stetiger, leiser, fast unspektakulärer Fortschritt. Und das war vielleicht genau seine Stärke.

Nickel ist nicht der laute, spektakuläre Champion, sondern der verlässliche Arbeiter, der Schritt für Schritt wächst und dabei nie an Leistungsbereitschaft verliert. Julia beschreibt ihn als extrem ehrlich, motiviert und lernwillig: „Man muss fast eher aufpassen, dass man nicht zu viel von ihm will – weil er alles geben möchte.“

Echte Rückschläge habe es nie gegeben, die Entwicklung sei vielmehr schrittweise sichtbar geworden. In kleinen Fortschritten, in mehr Stärke, mehr Selbstverständlichkeit im Gelände, in besserer Durchlässigkeit auf dem Viereck. Und dann kam der Moment, der alles veränderte: Nickels Sieg in Aachen – im Alter von 10 Jahren.

Für Julia ein „absolutes Highlight“. Nie hätte sie erwartet, dass Nickel genau dort, auf diesem prestigeträchtigen Boden, so souverän abliefert.

Nickel ist olympiareif – und gesichert für die Zukunft

Kurz nach dem Triumph in Aachen ging es zu den Olympischen Spielen nach Paris. Dort startete Nickel als erstes Pferd der Prüfung und zeigte in allen drei Disziplinen eine herausragende Vorstellung. Julia wusste: Dieses Pferd ist etwas Besonderes.

Doch der sportliche Erfolg stand plötzlich vor einem organisatorischen Wendepunkt: Die Familie, die Nickel gekauft hatte, wollte ihn nicht dauerhaft halten. Zum Glück sprang Professor Dr. Bernd Heicke ein, langjähriger Pferdebesitzer und Förderer von Julia Krajewski. Er sicherte den Verbleib von Nickel in Julias Stall und ermöglichte so die weitere gemeinsame Zukunft.

Partnerschaft mit der Uelzener: Ein Zeichen der Verantwortung

Heute trägt das Pferd den Namen Uelzeners Nickel, auch wenn es sich nach wie vor im Besitz von Prof. Dr. Heicke befindet. Die Namensänderung ist ein Zeichen der Partnerschaft zwischen Julia Krajewski und der Uelzener Versicherung, bei der Julia seit vielen Jahren Kundin ist. Auch in dieser Konstellation wird sichtbar, wie wichtig es ist, die richtigen Partner an der Seite zu haben.

Nickel absolviert heute Prüfungen auf höchstem Niveau, aber nur, wenn Julia sicher ist, dass sie zu ihm passen. „Ich achte sehr genau darauf, dass ich ihn in Prüfungen starte, die ihm liegen“, sagt sie. „Er soll sich wohlfühlen. Und das ist auch Teil von verantwortungsvollem Sport: zu wissen, was ein Pferd leisten kann und was es nicht leisten muss.“

Nickels Geschichte ist nicht nur die eines Erfolgspferdes, sondern ein Beispiel dafür, wie leise Entwicklungen, gutes Management, Vertrauen und Zeit ein Pferd zu seinem vollen Potenzial führen können. Ein echtes Vorbild auf vier Beinen.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Thema Vielseitigkeit und Uelzeners Nickel

Was bedeutet die Sternebewertung in der Vielseitigkeit (CCI1–CCI5)?

Die Sterneklassifizierung Concours Complet International (CCI) des Weltpferdesportverbands FEI (Fédération Équestre Internationale) gibt an, wie schwer eine Vielseitigkeitsprüfung ist:

  • CCI1* – Einsteigerlevel im internationalen Bereich
  • CCI2* – Fortgeschrittene Klasse, meist für junge Talente
  • CCI3* – Mittleres internationales Niveau
  • CCI4* – Hohes, professionelles Niveau
  • CCI5* – Höchstes Level (z. B. Olympische Spiele, Weltmeisterschaften)

Je mehr Sterne, desto technischer, länger und anspruchsvoller ist die Prüfung.

Was bedeutet „Drei-Sterne lang“ oder „Vier-Sterne kurz“?

Die Begriffe „lang“ (L) und „kurz“ (S) bezeichnen die Prüfungsformate innerhalb einer Sterneklasse:

  • Lang (CCI-L): vollständige Geländestrecke mit maximaler Distanz, Ausdauer und technischer Tiefe, z. B. bei Championaten.
  • Kurz (CCI-S): kürzere Prüfungen, oft auf Vorbereitungsturnieren.

Nickel z. B. startete Drei-Sterne lang mit acht Jahren, was ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Championat war.

Wie alt sind Vielseitigkeitspferde in der Regel bei ihrem ersten Start?

Vielseitigkeitspferde starten meist mit 5 oder 6 Jahren in sogenannten Geländepferdeprüfungen. Nickel begann erst mit 7 Jahren, hatte also einen eher späten Einstieg – holte das aber schnell mit Talent und Trainingsfleiß auf.

Was zeichnet Uelzeners Nickel als Pferd besonders aus?

Julia Krajewski beschreibt Nickel als sehr leistungsbereit und ehrlich, immer motiviert und lernfreudig sowie generell als ein Pferd, das nie in Frage stellt, sondern alles gibt. Er ist kein „Showstar“, sondern ein konsequenter Arbeiter, der sich über Jahre kontinuierlich entwickelt hat – bis hin zum Sieg in Aachen und dem Start bei den Olympischen Spielen.

<h3>Was bedeutet es, dass Nickel jetzt „Uelzeners Nickel“ heißt?</h3>

Der neue Name ist ein Symbol der Partnerschaft zwischen Julia Krajewski und der Uelzener Versicherung. Nickel gehört weiterhin Prof. Dr. Bernd Heicke, einem langjährigen Unterstützer Julias. Der neue Name betont, dass hier Sport, Verantwortung und Absicherung zusammenkommen, im Sinne des Pferdes.

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