Kleiner weißer Hund schielt auf eine Uhrzeit. Haben Hunde ein Zeitgefühl?
Häufige Fragen

Haben Hunde ein Zeitgefühl?

07.10.2022

Man verlässt nur für wenige Minuten das Haus, wird aber bei der Rückkehr vom eigenen Hund überschwänglich begrüßt, als wäre man Stunden oder Tage weg gewesen. Auf der anderen Seite haben manche Hunde ein minutengenaues Gespür dafür, wann sie normalerweise ihr Futter bekommen würden. Natürlich drängt sich bei solch widersprüchlichen Erfahrungen die Frage auf: Haben Hunde überhaupt ein Zeitgefühl? Und woran orientieren sie sich, wenn nicht, wie wir Menschen, an der Uhr?

Ein Menschenjahr entspricht, je nach Hunderasse, ungefähr sieben Hundejahren. Das bedeutet, dass Hunde im Vergleich zu Menschen schneller altern. Das heißt aber nicht, dass Hunde die Zeit schneller wahrnehmen würden. Das Zeitgefühl eines Hundes setzt sich aus verschiedenen komplexen Erfahrungen zusammen.

Welche Faktoren bestimmen das Zeitgefühl eines Hundes?

Grundsätzlich sind drei Erfahrungswelten maßgeblich dafür verantwortlich, wie Hunde Zeit erleben und einschätzen:

  • der eigene Biorhythmus,
  • sensorische Fähigkeiten und
  • die Synchronisation zwischen Hund und Besitzer:in.

Im Folgenden werden diese drei Bereiche genauer vorgestellt.

Zeitgefühl über Biorhythmus

Wie wir Menschen haben auch Hunde eine sogenannte innere Uhr. In Forschungskreisen spricht man dabei vom circadianen Rhythmus. Unser Leben ist für Abschnitte von etwa 24 Stunden ausgelegt, in denen der Körper unter anderem über Hormone steuert, wann man aktiv sein kann oder eine Ruhepause benötigt. Aber auch Funktionen wie die Körpertemperatur und der Stoffwechsel sind Bestandteil der inneren Uhr.

Durch ihren Biorhythmus wissen Hunde daher zum Beispiel instinktiv, wie viel Schlaf oder Ruhe sie benötigen und passen ihre Aktivitätszeiten daran an.

Sensorische Fähigkeiten beeinflussen das Zeitgefühl

Zu den sensorischen Fähigkeiten gehören all die Dinge, die ein Hund bewusst wahrnehmen und mit Zeiten in Verbindung bringen kann. Wiederkehrende Muster, etwa der Moment, an dem morgens Leben ins Haus kommt oder wenn die Menschen das Haus zur Arbeit verlassen, werden dabei mit den jeweiligen Geräuschen, Bildern und Gerüchen abgespeichert. Erklingen etwa jeden Morgen die Kirchenglocken oder ein immer gleicher Ton des Weckers und daraufhin stehen Herrchen oder Frauchen auf und bereiten das Frühstück vor, dann merkt sich der Vierbeiner das. Den wohl wichtigsten Einfluss auf das Zeitgefühl von Hunden haben aber die Lichtverhältnisse zu bestimmten Uhrzeiten und der ausgeprägte Geruchssinn.

Lichtverhältnisse

Ganz grundsätzlich ist das Tageslicht ein wichtiger Signalgeber für den Biorhythmus eines Hundes. Wie bei uns Menschen beginnt auch der Hundetag üblicherweise mit dem Einfall der ersten Lichtstrahlen. Je nach Tages- und Jahreszeit herrschen bestimmte Lichtverhältnisse, die sich beispielsweise in der Länge der Schatten oder im Eintrittswinkel der Lichtstrahlen bemerkbar machen. Die kleinen, aber dynamischen Unterschiede im Verlauf eines Jahres können Hunde dabei einschätzen und sich daran anpassen. Dann haben die Lichtverhältnisse einen ähnlichen Effekt wie der Wecker am Morgen. Es ist allerdings ratsam, den eigenen Hund behutsam darauf vorzubereiten, wenn wir Menschen unsere Zeit umstellen, da diese plötzliche Änderung des Lichtes das Haustier verwirren kann. Die innere Uhr muss sich dann über einige Tage neu ausrichten.

Geruchssinn

Da Hunde eine sehr feine Nase haben, hilft ihnen ihr Geruchssinn dabei zu erkennen, wie viel Zeit vergangen ist. So verliert der Geruch einer Person nach und nach immer weiter an Intensität. Hunde merken sich wie intensiv ein Geruch noch war, kurz bevor ihr Mensch das Haus nach einigen Stunden Arbeit wieder betritt. Einmal darauf konditioniert, können Hunde sehr genau einschätzen, wann sie mit der Rückkehr rechnen können. In Studien wurde dazu zwischenzeitlich der Duft der Person aufgefrischt und tatsächlich waren die Hunde anschließend fast schon überrascht, als ihr:e Besitzer:in nach Hause kam.

Synchronisation zwischen Hund und Besitzer:in

Ähnlich zu den sensorischen Mustern können die Vierbeiner auch sonstige tägliche Muster im Umgang mit ihren Menschen erkennen und sich merken – selbst wenn sie nur Details umfassen. Wer eine feste Routine etabliert und immer zur gleichen Zeit füttert – zum Beispiel nie nach 17:00 Uhr – oder Gassi geht, der wird schnell feststellen, dass der Hund sich diese Zeiten merkt. Sind einige feste Punkte im Tagesablauf erwartbar, dann lebt das Tier meist entspannter.

Details, etwa bestimmte Kleidung oder Stichwörter, können außerdem auf Unterschiede vorbereiten. Wer mit einem „Bin gleich zurück“ eine Abwesenheit von wenigen Minuten ankündigt und sich beispielsweise mit „Ich gehe zur Arbeit“ für mehrere Stunden abmeldet, hilft dem Hund, die Situation einzuordnen. Da der Hund nur auf den Klang achtet und nicht den Inhalt versteht, ist es wichtig, dass die Aussagen immer dieselben sind. Sie sollten außerdem möglichst nicht zu oft im Alltag vorkommen. Wer versucht seinen tierischen Begleiter mit einem falschen Hinweis zu überlisten, kann damit schnell das Vertrauen und die einstudierten Signale gefährden.

Hat der Hund sich auf einen festen Tagesablauf mit seinem Menschen eingestimmt, dann wird er seine innere Uhr automatisch darauf ausrichten, und in Zeiten, die er allein verbringt, ruhen und seine Aktivität gemeinsam mit den Besitzer:innen ausleben.

Merkt ein Hund, wie lange man weg ist?

Der Hund begrüßt einen aufgeregt und erfreut, selbst wenn man nur wenige Minuten das Haus verlassen hat. Das lädt einige Menschen zu dem Glauben ein, es wäre egal, ob man den Hund nur kurz oder für Stunden alleine lässt. Schließlich freut er sich ja immer überschwänglich, als wäre man Ewigkeiten weg gewesen. Und natürlich können Hunde mit Angaben in Minuten oder Stunden nichts anfangen, da diese Art der Zeitrechnung eine rein menschliche Erfindung ist. Tatsächlich können Hunde aber nach aktuellem Wissensstand den Unterschied zwischen einer kurzen und einer langen Dauer feststellen.

Wichtig ist vor allem, dass der Vierbeiner zu Hause in Abwesenheit seiner Besitzer:innen keine Langeweile verspürt. Eine reizarme Umgebung sorgt schnell dafür, dass der Hund sich selbst eine Beschäftigung sucht und möglicherweise die Möbel ramponiert. Auch der Trennungsangst beim Hund wird entgegengewirkt, wenn er mental und körperlich ausgelastet ist und die Zeit allein zum Ausruhen oder mit einem Spielzeug verbringt. Hier unsere Tipps, wie man einen Hund in der Wohnung beschäftigt. Lies auch nach, was bei einer Trennung einer Beziehung für den Hund zu beachten ist.

Zeitgefühl und Schmerzempfinden

Hunde können zwar ihren Tagesablauf mithilfe der genannten Fähigkeiten und Wege strukturieren und haben ein gutes Zeitgefühl, wann ihre routinemäßigen Aktivitäten anstehen – dennoch ist ihr Bewusstsein immer auf das Hier und Jetzt beschränkt. Sie befassen sich nicht willentlich mit Zukunft oder Vergangenheit. Bei Operationen wird Hunden daher in der Regel schon vor der Einleitung der Narkose ein Schmerzmittel verabreicht und bis die Schmerzen nachlassen erneuert. Die Schmerzlinderung soll sofort spürbar sein, da sich eine Minute mit Schmerzen schon wie eine Ewigkeit anfühlen kann.

Um die Lebensqualität von Hunden, seien sie jung oder alt, zu jeder Zeit so hoch wie möglich zu halten, sollten Schmerzen und Leiden also schnellstmöglich und so gut es geht gelindert werden. Selbst Aufmerksamkeit und geistige Beschäftigung helfen oft dabei, dass der Schmerz für den Moment in den Hintergrund rückt.

FAQ: Häufig gestellte Fragen

Haben Hunde ein Zeitgefühl?

Ja, auch Hunde haben ein Zeitgefühl. Das Zeitgefühl eines Hundes setzt sich aus verschiedenen komplexen Erfahrungen zusammen.

Wie nimmt mein Hund die Zeit wahr?

Hunde schätzen die Zeit durch drei unterschiedliche Faktoren ein: Biorhythmus, sensorische Fähigkeiten und die Synchronisation zwischen Hund und Besitzer:in.

Versteht mein Hund, wenn ich länger weg bin?

Anders als wir Menschen orientieren sich Hunde nicht nach Stunden und Minuten. Allerdings können Hunde trotzdem zwischen einer langen und einer kurzen Abwesenheit unterscheiden. Hunde verstehen also durchaus, wenn seine Besitzer:innen länger Zeit nicht zuhause sind.

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