Beiger Assistenzhund mit zwei Jugendlichen in Rollstühlen.
Häufige Fragen

Assistenzhunde: Definition, Ausbildung und Einsatzbereiche

02.12.2022

Assistenzhunde helfen Menschen mit einem Handicap, selbstständiger und freier zu leben. Denn Assistenzhunde übernehmen Aufgaben, die eine Person mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung nicht selbst erledigen kann.

Im Laufe der Jahre sind für Assistenzhunde viele verschiedene Aufgaben hinzugekommen. So helfen sie beispielsweise beim Anziehen oder heben heruntergefallene Gegenstände auf. Sie warnen Diabetiker bei einer drohenden Unterzuckerung oder Epileptiker vor einem bevorstehenden Anfall. Psychisch Kranke erlangen mit ihrer Hilfe mehr Selbstständigkeit und Sicherheit im Alltag. Zu den bekanntesten Assistenzhunden gehören sicher die Blindenführhunde. Diese gibt es bereits seit 1916. Traditionell wurden als Blindenführhund Deutscher Schäferhund und Labrador verwendet.

Definition

Assistenzhunde sind speziell ausgebildete Hunde, die besondere Aufgaben erlernen, um Menschen mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung im Alltag zu helfen. Nicht jeder Hund ist als Assistenzhund geeignet. Denn an Assistenzhunde werden hohe Anforderungen gestellt.

Für die Anerkennung als Assistenzhund muss der Hund die Assistenzhund-Team-Prüfung erfolgreich bestehen. Damit wird nachgewiesen, dass er für seine Aufgabe geeignet ist. Dazu gehört beispielsweise, dass sie sich in der Öffentlichkeit nicht aus der Ruhe bringen lassen, nicht schnüffeln oder sich durch Geräusche, Menschen oder andere Hunde ablenken lassen. Vor der Prüfung absolvieren sie eine intensive Ausbildung. Nur ein geduldiger und nicht reizbarer Hund wird für die etwa zwei Jahre dauernde Ausbildung zugelassen.

Besteht ein Hund die Assistenzhund-Team-Prüfung, stehen ihm nach § 12e (1) BGG bestimmte Sonderrechte zu. Assistenzhunde dürfen ihre Teampartner:innen überallhin begleiten. So dürfen sie sich an Orten aufhalten, die anderen Hunden verwehrt sind. Beispielsweise begleiten Assistenzhunde ihre Besitzer in Lebensmittelgeschäfte, zum Friseur oder in die Arztpraxis.

Assistenzhund und Therapiehund: Wo ist der Unterschied?

Häufig werden die Begriffe „Assistenzhund“ und „Therapiehund“ gleichgesetzt. Es gibt jedoch zwei entscheidende Unterschiede.

  1. Assistenzhunde haben Sonderrechte. Sie dürfen im Gegensatz zu Therapiehunden mit in Supermärkte, zum Friseur und die Arztpraxis. Therapiehunde hingegen haben keine besonderen Rechte.
  2. Assistenzhunde begleiten und helfen einer einzelnen Person ganz individuell. Sie sind speziell für diese Person ausgebildet worden, erledigen besondere Aufgaben und leben mit ihr zusammen. Therapiehunde hingegen unterstützen ganz unterschiedliche Menschen. Sie sind beispielsweise in einer ergotherapeutischen Praxis für viele verschiedene Menschen da oder begleiten medizinisches Fachpersonal in pflegerischen oder psychiatrischen Einrichtungen.

Wer hat gesetzlichen Anspruch auf einen Assistenzhund?

Einen Anspruch auf einen Assistenzhund gibt es lediglich für sehbehinderte Personen für einen Blindenhund. Für andere Handicaps gibt es derzeit keinen gesetzlichen Anspruch.

Für welche Krankheiten eignen sie sich?

Die ersten Assistenzhunde waren Blindenführhunde, die sehbehinderten Personen eine selbstbestimmtere Mobilität ermöglichten. Im Laufe der Zeit hat man diese Hunde jedoch für viele verschiedene weitere Krankheiten ausgebildet. Neben körperlichen Handicaps unterstützen Assistenzhunde ihre Teampartner:innen mittlerweile auch bei psychischen und psychiatrischen Erkrankungen. So ermöglichen sie Personen, die ohne Assistenzhund ein sehr viel eingeschränkteres Leben führen würden, mehr Freiheit und Selbstbestimmung. Die Vielfalt der Einsatzgebiete von Assistenzhunden ist beeindruckend.

Erkrankungen, bei denen Assistenzhunde heute eingesetzt werden:

  • Sehbehinderungen: Blindenführhunde helfen sehbehinderten Personen dabei, sich im Straßenverkehr zurechtzufinden. Dazu zeigen sie Stufen, Eingänge und Schalter an und helfen beim Überqueren von Straßen.
  • In ihrer Mobilität eingeschränkte Personen: Assistenzhunde helfen Personen, die körperlich eingeschränkt sind und beispielsweise auf einen Rollstuhl oder Gehhilfen angewiesen sind, ihren Alltag besser zu bewältigen. Dazu heben die vierbeinigen Teampartner Gegenstände vom Boden auf, öffnen und schließen Türen und helfen beim An- und Ausziehen.
  • Gehbehinderungen: Assistenzhunde helfen gehbehinderten Menschen, indem sie sich auf sie stützen können. Dazu tragen sie ein sogenanntes Mobilitätsgeschirr.
  • Posttraumatische Belastungsstörung: PTB-Assistenzhunde helfen bei den verschiedenartigen Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Beispielsweise spüren sie, wenn ihr zweibeiniger Teampartner einen Flashback hat und können ihn dann unterbrechen.
  • Psychische und psychiatrische Erkrankungen: Assistenzhunde helfen beispielsweise bei einer Bipolaren Störung, Schizophrenie, einer Borderline-Erkrankung oder schweren Depression. Eine Aufgabe des Assistenzhundes kann sein, seine Bezugsperson in größeren Gruppen abzuschirmen. Außerdem nehmen sie Stimmungswechsel oder selbstschädigende Verhaltensweisen wahr und können ihre Bezugsperson darauf aufmerksam machen.
  • Diabetes: Assistenz-Warnhunde können eine Unter- oder Überzuckerung bei Typ 1-Diabetikern wahrnehmen und anzeigen. Die Meinungen gehen bis dato auseinander, ob diese Fähigkeit angeboren oder erlernbar ist und ob nur bestimmte Rassen für eine Ausbildung geeignet sind.
  • Hörbehinderungen: Ein Assistenz-Signalhund hilft hörbehinderten Personen, Geräusche wahrzunehmen. Besonders wichtig ist dies in riskanten Situationen, wie beispielsweise im Straßenverkehr bei hupenden Autos oder im Haushalt, wenn ein Rauchmelder sich meldet.
  • Epilepsie: Ein Epilepsie-Warnhund alarmiert seine Bezugsperson bei einem drohenden Anfall. Die Sensibilität, epileptische Anfälle wahrzunehmen, ist angeboren und kann nicht erlernt werden.
  • Autismus: Autismushunde helfen dabei, sich in stressigen Situationen zu beruhigen oder die für die Bezugsperson so wichtigen Abstände zu anderen Menschen, einzuhalten.
  • Narkolepsie: Ein Narkolepsiewarnhund alarmiert seinen Teampartner vor einer drohenden Schlafattacke. Und zwar einige Minuten bevor diese eintritt. So kann die betroffene Person sich beispielsweise rechtzeitig hinlegen oder jemanden zur Hilfe rufen.
  • Addison Krise: Bei einer Addison-Krise kann die Bezugsperson einen lebensbedrohlichen Kortisol-Mangel erleiden. Ein Warnhund kann dies im Vorfeld bemerken und warnt seine Bezugsperson rechtzeitig.
  • Herzerkrankung: Vor einem drohenden Herzinfarkt kann ein Warnhund seine Bezugsperson alarmieren oder Hilfe holen.
  • Allergien: Ein Allergieanzeigehund kann Gerüche von für seinen Teampartner gefährliche Stoffe riechen und davor warnen. Im Falle eines anaphylaktischen Schock ist der Assistenzhund in der Lage, Hilfe zu holen.
  • Schlaganfall: Schlaganfall-Warnhunde alarmieren frühzeitig, wenn ein lebensbedrohlicher Schlaganfall sich ankündigt. Diese Fähigkeit ist angeboren und kann nicht erlernt werden.
  • Fetale Alkoholsyndrom (FAS): Ein FAS-Assistenzhund hilft Kindern, deren Alltag durch das Fetale Alkoholsyndrom stark eingeschränkt ist. Beispielsweise schützt er das Kind im Straßenverkehr vor unbedachtem Verhalten oder hilft ihm, sich in reizüberflutenden Situationen wieder zu beruhigen.
  • Demenz: Demenz-Assistenzhunde alarmieren beispielsweise Angehörige, wenn die an Demenz erkrankte Bezugsperson die Wohnung verlassen will.

Mittlerweile werden Assistenzhunde zur Unterstützung bei vielfältigen Handicaps eingesetzt. Doch wie bekommt man diesen wunderbaren vierbeinigen Helfer?

Wie bekommt man einen Assistenzhund?

Die ersten Anlaufstellen sind Organisationen, die sich der Ausbildung und Vermittlung von Assistenzhunden widmen. Das können Vereine, Zentren oder auch Assistenzhund-Programme sein.

Dabei gibt es verschiedenen Möglichkeiten, einen ausgebildeten Hund zu bekommen.

  • Selbstausbildung: In der Vergangenheit bildeten viele Betroffene ihren Assistenzhund selbst aus. Die Selbstausbildung ist im Vergleich zur Fremdausbildung und Dualausbildung kostengünstiger. Diese ist jedoch nur noch für Hunde möglich, deren Ausbildung vor dem 1.7.2021 begonnen hat.
  • Fremdausbildung: Der Assistenzhund wird von einem Trainer ausgebildet und lebt während der Ausbildungszeit mit ihm zusammen. Dies ist die teuerste Variante der Ausbildung und kostet zwischen 25.000 und 30.000 Euro. Die Ausbildung dauert 1 bis 1,5 Jahre.
  • Duale Ausbildung: Der Hund lebt bereits mit sein:er Teampartner:in zusammen und wird von ein:er Trainer:in trainiert. Die Ausbildung kostet 15.000 bis 20.000 Euro und dauert 2 bis 2,5 Jahre.

Organisationen, die sich der Ausbildung und Vermittlung von solchen Hunden widmen, bringen geeignete Trainer mit angehende Assistenzhund-Teams zusammen. Außerdem vermitteln sie den Kontakt zu geeigneten Welpen oder ausgebildeten Hunden.

Wer übernimmt die Kosten?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Kostenübernahme für einen Assistenzhund.

  • Krankenkasse: Die Krankenkasse übernimmt lediglich die Kosten für Blindenführhunde.
  • Behörden: In Einzelfällen übernimmt die Agentur für Arbeit teilweise die Kosten für einen Assistenzhund, wenn jemand nur mithilfe eines Hundes seiner Arbeit nachgehen kann.
  • Der weiße Ring: Diese Organisation engagiert sich für Kriminalitätsopfern und unterstützt mitunter bei der Anschaffung eines PTBS-Assistenzhundes.
  • Stiftungen und gemeinnützige Organisationen: Sie unterstützen Betroffene finanziell und beratend bei der Anschaffung eines ausgebildeten Hundes. So zum Beispiel der VITA Assistenzhunde Verein. Das Social-Media-Team der Uelzener Versicherungen war im Herbst 2022 bei VITA. Schau dir auf Instagram unser Interview mit Frieda und ihrem Helferhund Aidan an.
  • Eigene finanzielle Mittel: Wer ausreichend Geld zur Verfügung hat, kann in Eigenregie die Finanzierung des Assistenzhundes übernehmen

Assistenzhunde helfen dort, wo andere Hilfe nicht greifen kann. Sie können Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten das Leben entscheidend erleichtern, schöner und ein bisschen unbeschwerter machen. So sind Assistenzhund-Mensch-Beziehungen beeindruckende Beispiele dafür, wie stark die Verbindung zwischen Mensch und Tier sein kann.

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