Als Dr. Theo Hölscher, frisch promovierter Agraringenieur aus Kiel, 1989 nach Uelzen kam, um in einem landwirtschaftlichen Beratungsunternehmen in die Geschäftsführung einzusteigen, war Deutschland noch zweigeteilt und die innerdeutsche Grenze gerade einmal 30 Kilometer entfernt.
1994 übernahm er bei den Uelzener Versicherungen die Leitung des Verbandsgeschäfts, bevor er 2001 in den Vorstand wechselte und 2010 zum Vorstandsvorsitzenden ernannt wurde. Im Jubiläumsjahr der Uelzener 2023 verabschiedet sich Dr. Hölscher in den Ruhestand. Grund genug, gemeinsam auf ebenso bewegte wie erfolgreiche Zeiten zurückzublicken.
Herr Dr. Hölscher, nach fast 30 Jahren steht ihr Abschied von den Uelzener Versicherungen kurz bevor. Wie geht es Ihnen damit?
Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das Unternehmen hat heute weit über eine Million Versicherungsverträge und wir haben uns eine sehr stabile Marktposition erarbeitet. Seit ich 1994 meine Arbeit bei der Uelzener begonnen habe, hat sich unser Prämienvolumen auf mehr als 170 Millionen Euro verachtfacht. Und da ist noch Luft nach oben: In fast jedem zweiten Haushalt wird ein Tier gehalten – der Stellenwert von Haustieren hat sich insgesamt sehr verändert – aber nur ein Bruchteil dieser Haustiere ist versichert. Ich gehe mit dem guten Gefühl, dass das Unternehmen für die Zukunft gut aufgestellt ist.
Was waren aus Ihrer Sicht die herausragenden versicherungstechnischen Innovationen und wichtigsten Entscheidungen der letzten drei Jahrzehnte?
Herausragend war ohne Zweifel die Einführung der Tierkranken- und OP-Versicherung 1984, ein Verdienst meines Vorgängers Heinz-Werner Lehmann. Auf ihn ist auch die Tierseuchenversicherung zurückzuführen, die 1985 an den Start ging.
Die wichtigste Entscheidung der letzten zwölf Jahre war die klare Fokussierung der Uelzener wiederum auf den Bereich Tierversicherungen, die 2011/2012 erfolgt ist. Die Lebensversicherungen, aber auch Wohngebäude, und vorher auch schon die Kfz- und Sachversicherungen haben wir zugunsten dieses Change-Prozesses abgegeben.
Kein Wettbewerber hat sich so auf die Sparten der Tierversicherungen konzentriert wie wir und sich in der Branche einen solchen Markennamen erarbeitet. Das ist einer der entscheidenden Gründe für den Erfolg der Uelzener Versicherungen, wie sie heute dastehen.
Danach war es unser großes Projekt „Uelzener 2020“, das wir 2015 angestoßen haben; dieses IT- und Organisationsprojekt hat unseren Betrieb und Vertrieb, unsere gesamten internen Prozesse komplett umgekrempelt und gerade noch rechtzeitig vor Beginn der Corona-Pandemie die Voraussetzungen für das Mobile Arbeiten geschaffen und alles, was damit verbunden ist. Mit dem alten System hätten wir in dieser digitalen Transformation im Schnelldurchlauf vermutlich große Schwierigkeiten hinnehmen müssen.
Sind Sie – bei aller gebotenen Bescheidenheit – auf etwas stolz, wenn Sie auf Ihre Zeit bei der Uelzener zurückblicken?
Die positive Entwicklung der Uelzener in den letzten 30 Jahren generell macht mich stolz. Dass es mittlerweile Wettbewerber gibt, die uns nachfolgen, ist eine Auszeichnung für den Weg, den wir gegangen sind. Ich bin aber auch stolz auf die Entwicklung vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Haus: wie sie als Auszubildende angefangen haben und zu sehen, auf welchen Positionen sie jetzt stehen. Und ich bin stolz darauf, dass die Uelzener ein starker Arbeitgeber ist. Wenn junge Leute beispielsweise mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag der Uelzener eine feste Basis für ihre berufliche und private Existenz finden, das ist für mich und für uns ein gutes Gefühl.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Uelzener Versicherungen in den nächsten Jahren?
Wir leben in einer Zeit von großen geopolitischen, gesellschaftlichen Veränderungen, deren Folgen in Gänze noch gar nicht abzusehen sind. Man denke nur an die Unsicherheit in puncto Sicherheit und in puncto Energie, die der russische Angriffskrieg in der Ukraine mit sich gebracht hat. Dazu das Pandemie-Geschehen der vergangenen 3 Jahre, eine hohe Inflation und nicht zuletzt der Klimawandel. Durch diese stürmischen Gewässer gilt es die Uelzener erfolgreich zu steuern. Auch das Feld der Wettbewerber hat sich verändert: Waren wir mit unserem Geschäftsmodell früher das kleine Schnellboot, das um die großen Tanker herumflitzen konnte, hat sich der Markt so entwickelt, dass nun wir das größere Schiff sind; den neuen Schnellbooten müssen wir Paroli bieten. Das sind die großen Herausforderungen.
Möchten Sie Ihren Uelzenern etwas mit auf den Weg geben?
Das Team, das die Uelzener führen wird, hat die Veränderungsprozesse der letzten Jahre wesentlich mitgestaltet. Frau Brammer-Rahlfs, Herr Fischer und Herr Unger stehen für Kontinuität und sind sehr erfahren darin, beweglich zu bleiben und immer dann nachzujustieren, wenn es nötig ist. Daneben haben wir auch die zweite Führungsebene mit Führungskräften teils aus dem eigenen Haus und auch extern auch aus anderen Branchen kontinuierlich und qualitativ wertvoll aufgebaut und ausgebaut: Dies gilt es zur Wirkung zu bringen und fortzusetzen.
Das ist auch der einzige Rat, den ich geben kann: die Kernkompetenzen bewahren, dabei das momentan eher schwierige Umfeld beobachten und den Mut haben, Dinge auch mal anders zu machen. Die Uelzener ist deswegen so gut, weil sie die Fähigkeit zur Veränderung hat.
Weitere Personen im Vorstand und dem Management der Uelzener Versicherungen findest du auf https://uelzener.de/wir-ueber-uns/.