Arzt untersucht Pferd auf Sehnenentzündung.
Tiergesundheit

Sehnenverletzung beim Pferd erkennen und behandeln

02.07.2024

Verletzungen an der Sehne zählen zu den häufigsten Schäden am Stütz- und Bewegungsapparat von Pferden. Besonders oft betroffen sind Arbeitspferde und Tiere, die im Leistungssport eingesetzt werden, das heißt jedoch nicht, dass alle anderen Pferde davor gefeit sind. Kommt das Tier nach einem Sprung unglücklich auf dem Boden auf, vertritt sich oder schlägt sich beim Laufen gegen die Vorderhufe, kann es schnell passieren, dass eine Sehne Beschädigungen davonträgt. Eine verletzte Sehne schränkt nicht nur die Bewegungsfähigkeit des Pferds ein, sondern ist auch mit Schmerzen verbunden. Umso wichtiger ist es, einen Sehnenschaden schnell zu erkennen und richtig zu behandeln. Wie das geht, erfährst du in diesem Blogartikel.

Zur Funktion der Sehnen beim Pferd

Sehnen sind wesentliche Teile des Stützapparats von Pferden und machen eine Fortbewegung überhaupt erst möglich. Sie bestehen aus unzähligen Kollagenfaserbündeln, die mit den Muskeln und der Knochenhaut dicht verwoben sind. Ihre Funktion ist es, die Muskelkraft des Pferdes auf das Skelett zu übertragen und in Bewegung umzuwandeln. Sehnen sind also maßgeblich für die hervorragenden Lauf- und Sprungeigenschaften von Pferden verantwortlich.

Die Sehnen eines Pferdes sind nur bis zu einem gewissen Grad dehnbar, zeichnen sich aber durch eine sehr hohe Zugfestigkeit aus und sind stark belastbar. Von Verletzungen betroffen sind meist die Sehnen in den Beinen. Dazu gehören:

  • Oberflächliche Beugesehne: Die oberflächliche Beugesehne hat die Funktion, das Kron- und Fesselgelenk zu beugen. Sie geht aus den Muskelbäuchen oberhalb des Sprunggelenks hervor und ummantelt die tiefe Beugesehne.
  • Tiefe Beugesehne mit Unterstützungsband: Die tiefe Beugesehne liegt zwischen Fesselträger und oberflächlicher Beugesehne. Sie dient dazu, das Hufgelenk und die Zehe zu beugen. Ein Teil ihrer Kraft wird zum Unterstützungsband weitergeleitet, das dadurch in der Lage ist, das Karpalgelenk im Stand zu stützen.
  • Fesselträger: Der Fesselträger war ursprünglich ein Muskel, der sich im Verlauf der Evolution zu einer sehnigen Struktur entwickelt hat. Er beginnt unterhalb des Sprunggelenks, verläuft hinter der Röhre nach oben bis auf Höhe des Unterstützungsbands der tiefen Beugesehne. Der Fesselträger übernimmt die Funktion eines Stoßdämpfers für die Fessel.
  • Gemeinsame Zehenstrecker: Der Zehenstrecker ist eine Strecksehne, die an der Vorderseite entlang des Röhr-, Fessel- und Kronbeins verläuft und am Hufbein ansetzt. Seine Aufgabe ist es, das Fessel-, Kron- und Hufgelenk zu strecken und zu verhindern, dass die Zehe zu stark gebeugt wird.

Sehnen haben nur wenige Blutgefäße und sind daher im Allgemeinen schlecht durchblutet, weswegen sie sich durch eine geringe Regenerationsfähigkeit auszeichnen. Je nach Schweregrad kann es ein Jahr oder länger dauern, bis eine Verletzung heilt. Der Behandlungsprozess erfordert Geduld bei Mensch und Tier. Es müssen verschiedene Therapiemaßnahmen ergriffen werden, die mitunter viel Geld kosten. Eine Pferdekrankenversicherung bietet in solchen Fällen finanzielle Sicherheit und ist eine große Hilfe.

Wie entsteht eine Sehnenverletzung beim Pferd?

Sehnenschäden können verschiedene Ursachen haben. Am häufigsten bedingt werden sie durch:

  • Überlastung: Intensive körperliche Beanspruchung, wie sie häufig Sport- und Rennpferde oder auch Arbeits- und Zugpferde ausgesetzt sind, kann zu Sehnenschäden führen.
  • Fehlende Kondition und Bewegungsmangel: Wird ein Pferd umgekehrt zu wenig bewegt, büßen die Sehnen an Belastbarkeit ein. Regelmäßiges Training hilft dabei, den Sehnenapparat zu stärken.
  • Muskelermüdung: Ermüdete Muskeln sind nicht in der Lage, die einwirkende Kraft abzufedern, und geben sie ungedämpft an die Sehne weiter. Zu einer Muskelermüdung kann es durch mangelndes Training, aber auch durch falsche Ernährung und verschiedene Erkrankungen kommen.
  • Fehler beim Training: Trainiert man das Pferd in einer falschen Haltung, indem man es beispielsweise zu eng am Hals führt, kann das ebenfalls zu Verletzungen an den Sehnen führen. Dasselbe kann passieren, wenn man das Pferd vor dem Einsatz nicht aufwärmt.
  • Schonhaltung: Hat das Pferd an anderer Stelle Schmerzen und geht es in die Schonhaltung, um sich Linderung zu verschaffen, kann das die Sehnen überlasten.
  • Fehlstellungen: Fehlstellungen können die Entstehung von Sehnenschäden begünstigen. Dazu zählen beispielsweise zu lange und weiche Fesseln (Durchtrittigkeit), zehenweite Stellungen (Zehenspitzen zeigen nach außen) und eine rückbiegige Stellung (Pferdebein steht nicht senkrecht unter dem Körper).
  • Fehler beim Hufbeschlag: Falscher Hufbeschlag kann zu einer Überlastung des Sehnenapparats führen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Hufmechanismus (richtiges Auf- und Abfußen) eingeschränkt wird oder das Pferd zu lange Zehen hat, was ihm das Abrollen erschwert.
  • Bodenverhältnisse: Glatte, harte oder unebene Böden können ebenfalls zu Sehnenschäden führen, etwa wenn das Pferd stolpert, ausrutscht oder die Gelenke über einen längeren Zeitraum zu stark belastet.
  • Aufzuchtfehler: Erst nach sechs bis sieben Jahren sind die Sehnen bei Pferden komplett entwickelt. Gerade bei jungen Tieren ist das Verletzungsrisiko groß, weswegen sie nicht zu früh im Sport eingesetzt werden sollten.
  • Traumata: Wird ein Pferd von einem anderen getreten, schlägt es sich selbst beim Laufen in die Vorderhufe oder bleibt es beispielsweise am Weidezaun oder beim Sprung über ein Hindernis hängen, kann das ebenfalls zu Schäden an der Sehne führen.

Auch Übergewicht und erbliche Veranlagungen können die Entstehung von Sehnenschäden begünstigen.

Sehnenschäden beim Pferd können unterschiedlichen Ausmaßes sein. Wird die Sehne zu stark beansprucht und über das tolerable Maß gedehnt, beginnen die Fasern zu reißen. Im glimpflichsten Fall sind nur wenige einzelne Fasern betroffen, so dass sich der Sehnenschaden in Grenzen hält. Es können aber auch ganze Sehnenfaserbündel betroffen sein. Im schlimmsten Fall zerreißt die komplette Sehne (Ruptur). Der Körper reagiert auf Sehnenschäden im Regelfall mit einer Sehnenentzündung, die bei erfolgreicher Therapie wieder verschwinden, aber auch chronisch werden kann, wenn keine vollständige Heilung eingetreten ist.

 Sehnenverletzung beim Pferd erkennen und diagnostizieren

Es gibt eine Reihe von Symptomen, die auf eine Sehnenverletzung hinweisen können. Dazu gehören:

  • Schwellung des betroffenen Bereichs (oft bananenförmig), verstärkte Wärmeentwicklung
  • Pulsieren am Fesselgelenk
  • Schmerzreaktion bei Druckausübung
  • Lahmen nach kurzer Belastung
  • Schonhaltung beim Stehen
  • Vermehrtes Liegen

Besteht der Verdacht auf eine Sehnenverletzung, muss das Pferd umgehend veterinärmedizinisch untersucht werden. Der Tierarzt oder die Tierärztin begutachtet das Pferd in Schritt und Trab und kann auf diese Weise Veränderungen im Bewegungsbild (Lahmen) oder Entlastungsversuche erkennen. Dann wird die betroffene Stelle abgetastet, um sich einen Eindruck über den Umfang der Wärmeentwicklung und Druckempfindlichkeit zu machen und den Sehnenschaden zu lokalisieren. Eine eindeutige Diagnose lässt sich jedoch erst durch weiterführende Untersuchungen treffen. Mittels Ultraschall können Art und Schweregrad der Verletzung sehr genau identifiziert werden. Auch andere bildgebende Verfahren wie Röntgen, Szintigraphie, Magnetresonanztherapie und Computertomographie können bei der Diagnostik Anwendung finden.

Was tun, wenn die Sehne des Pferdes verletzt ist?

Ein Sehnenschaden beim Pferd muss professionell behandelt werden. Wie genau die Therapie aussieht, hängt davon ab, welche Sehne in welchem Umfang verletzt ist und seit wann. Ziel muss es sein, die Belastbarkeit der Sehne wiederherzustellen, damit sich das Pferd wieder uneingeschränkt und schmerzfrei bewegen kann. Eine Schwierigkeit dabei ist die Entstehung von Sehnennarben. Diese sind längst nicht so elastisch und belastbar wie gesundes Sehnengewebe, so dass eine vollständige Heilung nicht gelingt, wenn sich zu viel davon bildet. Das ist unter anderem der Grund, weshalb Sehnenverletzungen für Pferde im Leistungssportsegment das Ende der Karriere bedeuten können.

Nichtsdestoweniger gibt es Maßnahmen, die bei der Behandlung von Sehnenschäden ergriffen werden können. Bei akuten Sehnenverletzungen geht es zunächst darum, die Entzündung zu lindern. Das gelingt am besten, indem man die betroffene Stelle in regelmäßigen Abständen mit kaltem Wasser oder Eis kühlt. In der Zwischenzeit werden Druckverbände angelegt, um die Sehne zu stabilisieren und Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe vorzubeugen. Zusätzlich können schmerz- und entzündungshemmende Medikamente verabreicht werden. Während der Therapie ist es wichtig, das Pferd ruhig zu stellen. Ein Gips, Cast oder spezieller Hufbeschlag können dabei helfen, die Sehne zu entlasten.

Entscheidend für den Erfolg einer Therapie ist ein begleitendes, intensives Bewegungsprogramm, das auf das Pferd und dessen Verletzung exakt abgestimmt sein muss. Ebenso von Bedeutung ist, dass die Primärursachen des Sehnenschadens behoben werden. Wird er beispielsweise durch eine Fehlstellung hervorgerufen, muss diese korrigiert oder ausgeglichen werden, da ansonsten damit zu rechnen ist, dass es früher oder später erneut zu Problemen mit der Sehne kommt.

Es gibt eine ganze Reihe an medizinischen Verfahren, mit denen die Heilung der Sehne unterstützt werden kann. Dazu zählen beispielsweise Injektionen mit Stammzellen oder Wachstumsfaktoren, die aus dem Eigenblut des Pferdes gewonnen werden. Auch Stoßwellentherapien sowie Laser-, Magnetfeld- und Ultraschalltherapien werden mitunter angewendet. Die Prognose ist jedoch bei jedem Pferd unterschiedlich und hängt auch von dessen Alter und Nutzungsweck ab. Grundsätzlich ist bei der Therapie von Sehnenschäden ein langer Atem gefragt, denn die Heilung kann viel Zeit in Anspruch nehmen und nicht in jedem Fall ist sicher, dass das Pferd danach wieder geritten oder für seine ursprüngliche Aufgabe eingesetzt werden kann.

Sehnenverletzung beim Pferd vorbeugen

Sehnenverletzungen beim Pferd kann man nur begrenzt vorbeugen, da man nicht auf alle Faktoren Einfluss hat. So kann es durch unglückliche Umstände passieren, dass das Pferd von einem Artgenossen getreten wird oder nach einem Sprung ungünstig aufkommt und sich dadurch die Sehne verletzt. Nichtsdestoweniger gibt es einige präventive Maßnahmen, um das Verletzungsrisiko zu reduzieren.

  • Ausreichend Bewegung: Ausreichend Bewegung ist für Pferde das A und O und kann dabei helfen, die Sehnen gesund zu halten und zu stärken. Wichtig ist, Maß zu halten und Überlastungen zu vermeiden.
  • Gut aufwärmen und abkühlen: Vor jedem Ausritt und Training sollte das Pferd gründlich aufgewärmt werden. Dafür sollte man mindestens 20 Minuten einplanen. Ebenso wichtig ist das richtige Abkühlen, um die Regeneration zu fördern. So sollte das Pferd 20-30 Minuten nach dem Reiten oder der Arbeit trockengeritten werden.
  • Richtiger Hufbeschlag und gute Hufpflege: Der Hufbeschlag darf den Hufmechanismus, also das richtige Auf- und Abfußen, nicht beeinträchtigen. Es darf zu keiner Fehl- oder zusätzlichen Belastung kommen.
  • An unterschiedliche Böden gewöhnen: Bewegung auf unterschiedlichen Böden kann dabei helfen, Sehnen zu stärken, so dass sie weniger verletzungsanfällig sind. Außerdem können Pferde dabei ein besseres Körpergefühl entwickeln und lernen, sich sicher auf verschiedenen Untergründen zu bewegen.

Generell empfiehlt es sich, nach intensiven Trainingseinheiten und anstrengenden Ausritten die Beine des Pferdes auf Höhe der Sehnen abzutasten und zu kontrollieren, ob sie geschwollen, warm oder druckempfindlich sind. Auf diese Weise können Verletzungen schneller erkannt und rechtzeitig Behandlungsmaßnahmen ergriffen werden.

Fazit

Sehnenverletzungen können ernsthafte Folgen für die Bewegungs- und Leistungsfähigkeit von Pferden haben. Die Diagnose erfordert eine sorgfältige Untersuchung und die Zuhilfenahme bildgebender Verfahren, allen voran Ultraschall. Da das Sehnengewebe nur langsam regeneriert, gestaltet sich der Heilungsprozess langwierig und nicht immer ist eine vollständige Genesung möglich. Aus diesem Grund ist es wichtig, Sehnenverletzungen mithilfe präventiver Maßnahmen so gut es geht vorzubeugen, auch wenn sich nicht alle Risiken ausschließen lassen.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Sehnenverletzung beim Pferd

Kann ich ein Pferd mit Sehnenschaden wieder reiten?

Wurde der Sehnenschaden erfolgreich therapiert und hat sich nicht zu viel Narbengewebe gebildet, ist es möglich, das Pferd wieder zu reiten. Sollte die Vernarbung aber groß sein, besteht die Gefahr, dass es erneut zu Verletzungen kommt. Dann ist es sinnvoll, auf das Reiten zu verzichten und dem Pferd Auslauf auf der Weide zu bieten. So kann es noch viele schöne Jahre verleben.

Ich vermute eine Sehnenverletzung bei meinem Pferd. Wann soll ich tierärztlichen Rat einholen?

Wenn Symptome wie Lahmheit auftreten oder der Bereich der Sehnen geschwollen und warm ist, solltest du umgehend einen Tierarzt oder eine Tierärztin zur Hilfe holen, um eine sichere Diagnose und angemessene Behandlung sicherzustellen.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Heilung von Sehnenverletzungen?

Eine ausgewogene und gesunde Ernährung kann die Heilung unterstützen, denn eine ausreichende Nährstoffversorgung ist Voraussetzung für Regenerationsprozesse wie die Gewebereparatur.

Können Sehnenverletzungen vollständig heilen?

Sehnenverletzungen können vollständig heilen, es besteht jedoch immer ein gewisses Risiko für bleibende Schäden oder ein Wiederauftreten. Eine gründliche Rehabilitation und ein vorsichtiger Umgang sind entscheidend für eine langfristige Genesung.

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