Peter Kreinberg übt mit Pferd.
Erziehung und Training

Schiefe beim Pferd lösen: Praxisübung mit der Tonne

26.09.2024

Viele Pferde sind körperlich noch steif oder haben eine natürliche Schiefe mit einseitig verkürzter Muskulatur. Diese Schiefe zu korrigieren, ist ein wesentlicher Teil der Pferdeausbildung, da eine gleichmäßige Muskulatur beider Körperhälften für Balance und Geschmeidigkeit unerlässlich ist.

Der Weg dorthin ist lang, erfordert Geduld, regelmäßiges Training und gezielte Übungen. Eine besonders einfache, aber effektive Übung zur Unterstützung dieser gymnastischen Arbeit ist für Peter Kreinberg die Arbeit mit der Tonne.

In diesem Praxisartikel erklärt er Schritt für Schritt, wie du mit minimalem Materialaufwand und einer einfachen Übung deinem Pferd helfen kannst, Steifheiten zu lösen und die Biegung durch den gesamten Körper zu verbessern. Diese Übung eignet sich für Pferde in unterschiedlichen Trainingsstadien – von jungen Pferden in der Bodenarbeit bis hin zu gerittenen Pferden.

Warum die Arbeit mit der Tonne?

Objektbezogenes Arbeiten ergibt für Pferde einen Sinn und wirkt motivierend. Auch die blaue Plastiktonne bietet einen vielseitigen Nutzen im Pferdetraining. Sie ist leicht, gut zu transportieren und stellt durch ihre Beschaffenheit keine Verletzungsgefahr dar. Die Idee hinter dieser Übung ist es, das Pferd auf einer Bogenlinie um die Tonne zu führen, wodurch natürliche Biegung und Geschmeidigkeit des Körpers gefördert werden.

In der Natur bewegen sich Pferde oft auf kurvigen Linien um Hindernisse herum. Die Arbeit mit der Tonne nutzt diesen Instinkt. Sie verbessert die natürliche Balance durch mehr Losgelassenheit und Biegsamkeit und fördert die Dehnungsfähigkeit auf der äußeren Körperseite. Die Tonne ist ideal, da sie optisch als Hindernis wirkt und das Pferd dazu anregt, um sie herumzugehen und sich zu biegen.

Was wird benötigt?

Für diese Übung brauchst du lediglich:

  • Eine Plastik- oder Metalltonne (ca. 1 Meter hoch)

  • Ein Halfter und ein 3,60 m bis 4,50 m langes Seil

  • Eine kurze Peitsche oder längere Gerte

Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Übung

Das Pferd mit der Tonne vertraut machen

Zuerst muss das Pferd die Tonne als unbedrohlich wahrnehmen. Lass es die Tonne beschnuppern und diese auch mal umfallen, damit es sich daran gewöhnt und nicht schreckhaft reagiert. Ziel ist es, dass das Pferd die Tonne als Teil seiner Umgebung akzeptiert.

Die Übung sollte über einige Wochen hinweg regelmäßig durchgeführt werden, aber jeweils nicht länger als 10 bis 15 Minuten, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Dein Pferd sollte gesund genug sein, um auf Bögen gearbeitet zu werden.

Positionieren und Körpersprache

Stelle dich in die Nähe der Tonne und führe das Pferd einige Male um die Tonne herum. Dann positioniere dich so dicht an der Tonne, dass deine Hüfte oder dein Ellbogen zur Mitte der Tonne ausgerichtet sind, um eine gleichmäßige Führung zu gewährleisten. Laufe dicht an der Tonne. Nutze dabei deine Körpersprache und, wenn nötig, leichte Impulse mit der Peitsche oder dem Seil, um das Pferd auf die Kreisbahn zu bringen und dort möglichst zu halten.

Korrekte Haltung finden

Anfangs wird das Pferd versuchen, auf dem engen Radius geradeaus zu gehen, da es steif ist. Setze in dem Moment, wenn das innere Vorderbein den Boden verlässt, leichte Impulse über das Seil, um es daran zu hindern, nach außen zu drängen. Diese Impulse fördern die Losgelassenheit in der äußeren Muskulatur und beginnen, die Biegung des Pferdes anzuregen.

Wichtig: Arbeite in dieser Phase in kurzen Reprisen von wenigen Runden, mache dann eine kurze Pause und wechsle die Hand.

Feinere Hilfen einsetzen

Wenn das Pferd anfängt, sich loszulassen und leicht zu biegen, kannst du die Hilfen verfeinern. Verwende die kurze Peitsche, um den Fleiß zu halten, während du die Tonne umrundest. Du kannst dabei mit deiner Stimme und mit feinen Impulsen am Halfter oder mit der Kurzpeitsche arbeiten, um das Pferd zu motivieren, die Biegung und den Fleiß beizubehalten. Hier geht es vor allem darum, die Balance zwischen Antrieb und Kontrolle zu finden.

Was passiert im Pferdekörper?

Durch die Übung werden mehrere wichtige Aspekte der Pferdegesundheit und -beweglichkeit gefördert:
  • Losgelassenheit: Die ruhige und zwanglose Bewegung um die Tonne gibt dem Pferd Gelegenheit, sich an diese ungewohnte Bewegungssituation nach und nach anzupassen, und fördert so die Losgelassenheit.

  • Biegung: Das Pferd wird durch die Bogenlinie um die Tonne dazu angeregt, sich durch den ganzen Körper mehr zu biegen, was langfristig die Beweglichkeit verbessert.

  • Dehnung der äußeren Muskulatur: Durch die größeren Schritte auf der äußeren Körperseite wird die Muskulatur dort vermehrt gedehnt, was besonders bei steifen Pferden wichtig ist.

  • Koordination und Balance: Das Pferd lernt, seine Schritte auf der inneren und äußeren Seite besser zu koordinieren und seine Beine geschickter unter den Körperschwerpunkt zu setzen.

  • Verbesserte Bewegungsqualität: Mit der Zeit wird das Pferd geschmeidiger, was sich auch positiv auf die Qualität von Trab und Galopp auswirkt.

Häufige Fehler und Korrekturen

Fehler 1: Das Pferd fällt nach außen weg

Achte darauf, dass das Pferd nicht nach außen driftet. Hier hilft es, am Seil sanfte Impulse zu setzen, wenn das innere Vorderbein den Boden verlässt. Tun dies in Dreier-Serien.

Fehler 2: Das Pferd ist zu träge

Falls dein Pferd im Schritt oder Trab nicht fleißig genug ist, verwende leichte touchierende Impulse mit der Kurzpeitsche, wenn das äußere Hinterbein in der Schubphase ist, und unterstütze dies durch deine Stimme.

Fehler 3: Das Pferd bleibt steif

Geduld ist hier der Schlüssel. Wechsle häufig die Seiten – die Wendungen wirken lösend. Lass dem Pferd Zeit, lockerer zu werden, und arbeite in kurzen Reprisen. Halte die Kreise größer, damit es dem Pferd leichter fällt, sich zu biegen.

Fazit

Die Arbeit mit der Tonne ist eine einfache und effektive Übung, die du in das tägliche Training deines Pferdes einbauen kannst. Sie hilft dabei, Steifheiten zu lösen, die Biegung zu fördern und die Muskulatur gleichmäßig zu entwickeln. Ob bei jungen Pferden, in Reha-Situationen oder als Zwischendurch-Training – diese Übung ist vielseitig einsetzbar und bietet zahlreiche Vorteile für die körperliche Entwicklung und Geschmeidigkeit des Pferdes.

Uelzener-Tipp von Peter Kreinberg: Timing: „gebisslos“ Reiten mit System. Im Original erschienen auf The Gentle Touch

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