Als Überköten bezeichnet man eine Fehlstellung der Vorder- oder Hintergliedmaße. Sie äußert sich darin, dass der Hund die Pfote nicht flach auf den Boden aufstellen kann, sondern sie umschlägt, so dass er mit dem Pfotenrücken aufsetzt. Zustande kommt diese Haltung durch eine krankhafte Beugung der Zehengelenke. Diese ist meist auf neurologische Störungen zurückzuführen, die wiederum vielfältige Ursachen haben können. Je früher betroffene Hunde medizinisch behandelt werden, desto besser stehen die Chancen, ihnen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. In diesem Artikel erfährst du alles, was du zum Thema Überköten bei Hunden wissen musst.
Mögliche Ursachen für das Überköten beim Hund
Das Überkoten beim Hund hat in den allermeisten Fällen neurologische Ursachen. Oft liegen Schädigungen der Nerven zugrunde, was die Impulsübertragung zu den Muskeln beeinträchtigt. Diese können ihre Funktion als Aktoren dann nicht mehr erfüllen, so dass Lähmungserscheinungen die Folge sind. Das Überköten kann sowohl an den Vorder- als auch an den Hintergliedmaßen auftreten.
- Vordergliedmaße: Tritt das Überköten an den Vordergliedmaßen auf, ist üblicherweise der Nervus radialis betroffen. Seine Aufgabe ist es, Impulse an die Streckmuskulatur der vorderen Zehen und des Vorderfußwurzelgelenks zu senden. Ist der Nervus radialis geschädigt, kommt es zu einer Radialislähmung (Radialisparese). Der Vorderfuß bleibt gebeugt, da die Streckmuskulatur nicht mehr funktioniert.
- Hintergliedmaße: Betrifft das Überköten die Hintergliedmaße, ist meist der Nervus peronaeus communis beeinträchtigt. Seine Aufgabe ist es, Impulse an die hinteren Zehenstrecker und Beuger des Sprunggelenks zu senden. Liegt eine Schädigung des Nervs vor, bleibt der Hinterfuß im Sprunggelenk gestreckt und schleift über den Boden.
Die Ursachen für Nervenschädigungen, die zum Überköten führen, können vielfältig sein.
- Traumata und Verletzungen: Durch Knochenbrüche, Quetschungen und Schnittverletzungen können Nerven in Mitleidenschaft gezogen werden, indem sie reißen oder überdehnen. Eine Radiallähmung ist bei Hunden beispielsweise eine häufige Folge von Oberarmbrüchen.
- Degenerative Myelopathie: Zum Überköten kann es auch durch neurologische Erkrankungen kommen. Ein Beispiel dafür ist die degenerative Myelopathie. Dabei handelt es sich um eine fortschreitende Erkrankung, bei der die Nervenbahnen im Rückenmark allmählich zerstört werden. Sie ist nicht heilbar und betrifft vor allem größere Hunderassen wie den Deutschen Schäferhund, Collie und Berner Sennenhund.
- Cauda-Equina-Kompressionssyndrom: Beim Cauda-Equina-Kompressionssyndrom werden Nervenwurzeln im unteren Rückenmark aufgrund von Quetschung bzw. zu viel Druck (Kompression) geschädigt. Dem gehen häufig Bandscheibenvorfälle oder krankhafte Veränderungen an der Wirbelsäule (Verengung des Spinalkanals) voran. Da sich die Erkrankung schleichend entwickelt, wird sie häufig mit altersbedingten Verschleißerscheinungen verwechselt.
Es gibt auch Fälle, in denen das Überköten auf eine internistische Erkrankung, also eine Dysfunktion oder Schädigung innerer Organe zurückzuführen ist. Diese bilden aber die Ausnahme.
Überköten beim Hund erkennen
Das Überköten äußert sich in einer Fehlstellung der Vorder- oder Hintergliedmaße, die relativ einfach zu erkennen ist: Der Hund ist nicht in der Lage, seine Pfote zu strecken und mit dem ganzen Fuß auf den Boden aufzutreten. Stattdessen bleiben die Zehen gebeugt, so dass der Pfotenrücken beim Laufen über den Boden schleift. Das schränkt den Hund nicht nur in seiner Beweglichkeit ein, sondern hat auch zur Folge, dass sich mit der Zeit das Fell an den Kontaktbereichen abwetzt und früher oder später Schürfwunden entstehen. Auch Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht und ein unsicherer Gang (Stolpern, Einknicken, Hinfallen etc.) kommen oft hinzu. Bei andauerndem Überköten stellen sich weitere Symptome ein. Da die Streckmuskulatur nicht mehr genutzt wird, baut sie sich allmählich ab. Gleichzeitig verkürzen sich die Beugesehnen. Auch der Tastsinn und die Bewegungswahrnehmung an der betroffenen Pfote verschlechtern sich, da die Reize ausgehend vom Untergrund kaum noch verarbeitet werden können.
Überköten beim Hund behandeln
Um das Überköten in den Griff zu bekommen und dem Hund wieder zu mehr Lebensqualität zu verhelfen, ist es wichtig, die Ursache herauszufinden. Dazu wird der Tierarzt oder die Tierärztin den Hund erst einmal gründlich untersuchen und sich einen Eindruck über Pfotenstellung und Gangbild verschaffen. Danach werden neurologische Tests durchgeführt, um die Funktionalität der Nerven zu prüfen. Gegebenenfalls folgen spezielle Untersuchungen, um die Reizleitung- und Reizübertragung der Nerven zu messen. Auch bildgebende Verfahren sind meist Bestandteil der Diagnostik, da sich über Röntgen-, CT- oder MRT-Aufnahmen beispielsweise Veränderungen an der Wirbelsäule erkennen lassen.
Ist die Ursache gefunden, geht es darum, eine geeignete Behandlung zu wählen. Liegt ein Trauma oder eine Verletzung vor, muss diese versorgt werden. Ist ein Cauda-Equina-Kompressionssyndrom als Folge einer Wirbelsäulenveränderung ursächlich, kann gegebenenfalls ein operativer Eingriff helfen, den Druck zu lindern und die Nerven zu entlasten. Mitunter werden auch Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel mit B-Vitaminen eingesetzt, um die Regeneration geschädigter Nerven zu unterstützen. Bei einer degenerativen Myelopathie ist keine Heilung möglich. Hier kann nur versucht werden, die Belastung für das Tier so gut es geht einzudämmen.
Einen großen Stellenwert bei der Behandlung hat die Physiotherapie. Die meisten Hunde bewegen sich von Natur aus gerne und machen Ausdauer-, Kraft-, Koordinations- und Gleichgewichtsübungen bereitwillig mit. Wichtig ist, das Training regelmäßig durchzuführen – sowohl unter fachkundiger Anleitung als auch zu Hause. Unterstützend kann beispielsweise eine Trainingsbandage eingesetzt werden. Sie wird oberhalb der betroffenen Pfote angelegt und an der Vorderseite des Brustgeschirrs befestigt. Das hat den Effekt, dass die Pfote beim Laufen nach vorne geführt wird. Dadurch schult der Hund den korrekten Bewegungsablauf und kann sämtliche Reize des Untergrunds wahrnehmen, was dabei hilft, sein Reaktionsvermögen zu verbessern.
Um dem Tier im Alltag Erleichterung zu verschaffen und einer (weiteren) Verkümmerung der Muskulatur vorzubeugen, können Orthesen oder Pfotenschuhe gute Dienste leisten. Dabei handelt es sich um medizinische Hilfsmittel, die den Fuß in der richtigen Position fixieren und verhindern, dass weitere Schäden durch falsches Aufsetzen entstehen.
Grundsätzlich hängt die Prognose stark von der Ursache und dem Grad der Nervenschädigung ab. Mit steigendem Ausmaß sinkt die Wahrscheinlichkeit auf vollständige Heilung. Je geringer der Schaden und je früher die Behandlung erfolgt, desto besser stehen die Aussichten, dass der Hund seine Pfote wieder normal aufsetzen und belasten kann.
Fazit
Das Überköten beim Hund deutet in den meisten Fällen darauf hin, dass mit dem Bewegungsapparat oder dem Nervensystem etwas nicht stimmt. In der Regel liegen neurologische Störungen zugrunde, die vielfältige Ursachen haben können. Eine tierärztliche Untersuchung ist unumgänglich, um herauszufinden, warum der Hund überkötet, und eine geeignete Therapie einzuleiten. Grundsätzlich gilt: Je früher die Fehlstellung erkannt und behandelt wird, desto besser ist die Prognose. Das Überköten ist an und für sich zwar nicht lebensbedrohlich, schränkt aber die Lebensqualität des Hundes mitunter stark ein. Aus diesem Grund ist es wichtig, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um dem Tier zu helfen.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Überköten beim Hund
Ist Überköten für den Hund schmerzhaft?
Am Anfang nicht unbedingt. Allerdings steigt durch das Überköten die Gefahr, zu stürzen und Schürfwunden davonzutragen. Im weiteren Verlauf können sich auch Gelenk- und Muskelprobleme einstellen. Das ist durchaus mit Schmerzen für den Hund verbunden.
Muss ich mit meinem Hund zum Tierarzt, wenn er überkötet?
Ja. Das Überköten weist auf ein tiefergehendes Problem hin und muss daher tierärztlich abgeklärt werden, um Folgeschäden zu vermeiden und dem Tier wieder mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Eine Hundekrankenversicherung schützt vor hohen Kosten, die durch Untersuchungen, Diagnose- und Behandlungsmaßnahmen entstehen können, so dass du finanziell auf der sicheren Seite bist.
Kann Überköten plötzlich auftreten?
Ja, manchmal tritt das Überköten von einem Tag auf den anderen auf. Es kann sich aber auch schleichend entwickeln.
Ist Überköten nur bei älteren Hunden ein Problem?
Nein, auch jüngere Hunde können betroffen sein, zum Beispiel aufgrund von Verletzungen oder neurologischen Erkrankungen.
Darf mein Hund trotz Überköten weiterhin normal laufen und spielen?
In Maßen ja, denn Bewegung ist wichtig. Allerdings solltest du darauf achten, dass dein Hund sich auf möglichst sicheren Untergründen bewegt, und die Dauer der Spaziergänge anpassen.