Olympiasiegerin Julia mit ihrem Pferd Nickel.
Tipps für den Alltag

Mentale Stärke im Sattel – Was Julia Krajewski auf Kurs hält

02.10.2025

Einer der intensivsten Momente im Pferdesport ist es, wenn Pferd und Reiter in die Prüfung einreiten: Stille legt sich über den Platz, die Luft vibriert. Gleich werden Sekundenbruchteile darüber entscheiden, ob die Aufgabe gelingt oder ein Fehler das Aus bedeutet. Dann fällt das Startsignal. Kraftvoll und präzise meistert das Paar Passage um Passage, findet seinen Rhythmus und bildet eine Einheit. Was für Außenstehende pure Leichtigkeit verkörpert, verlangt dem Reiter ein Höchstmaß an Konzentration ab. Nervosität und Erwartungsdruck verdichten sich in einem Augenblick. In solchen Situationen ist vor allem eins gefragt: mentale Stärke. 

Für Julia Krajewski, Olympiasiegerin in der Vielseitigkeit, ist genau das der Kern ihres Sports. Sie hat gelernt, mit Druck umzugehen, Niederlagen einzuordnen und sich immer wieder neu zu motivieren. „Das einzig Zuverlässige im Pferdesport ist, dass es immer auf und ab geht“, sagt sie. Wer mit Pferden arbeitet, weiß: Unsicherheiten gehören zum Alltag dazu. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, mit der Unvorhersehbarkeit zurechtzukommen. Das gelingt nur durch mentale Stabilität. Sie ist das Fundament, das einen auf Kurs hält, wenn es darauf ankommt. Drei Aspekte spielen dabei eine wesentliche Rolle: eine klare innere Ausrichtung, eine gute Organisation und ein konstruktiver Umgang mit Rückschlägen.

Schritt für Schritt zur inneren Stärke: Julia Krajewskis Ansatz beim Reiten

Schon früh hat Julia Krajewski begriffen, dass es im Reitsport nicht allein um Siege geht. „Die meisten Tage im Jahr gewinnt man nicht“, sagt sie nüchtern. „Wenn man den Sport nur wegen der Medaillen macht, wird man sehr häufig frustriert sein. Wenn man ihn macht, weil man gerne mit Pferden arbeitet und sich über ihre Entwicklung freut – egal auf welchem Level –, dann trägt das viel weiter.“

Ihren Antrieb schöpft sie aus der täglichen Arbeit mit den Pferden: aus kleinen Erfolgen, gegenseitigem Vertrauen und gemeinsamem Lernen. Für Julia kommt es darauf an, Schritt für Schritt vorzugehen. „Ich denke nicht jeden Tag an die nächste Meisterschaft“, erzählt sie. „Natürlich habe ich große Ziele im Hinterkopf. Aber ich teile sie in kleine Etappen auf. Das macht es greifbar – und verhindert, dass man von der Dimension überwältigt wird.“

Planung und Struktur geben Sicherheit im Reitsport

Eine gute Vorbereitung gibt ein Gefühl der Sicherheit und beginnt für Julia lange vor dem Turnier. Für sie ist es wichtig, feste Routinen zu haben, Abläufe klar zu strukturieren sowie kurz-, mittel- und langfristig zu planen. Das hilft ihr dabei, mehr Kontrolle und Ruhe zu gewinnen. Sie ist überzeugt: „Pläne zu machen ist das beste Werkzeug gegen Aufregung und nimmt die Angst vor dem Unvorhersehbaren.“

Für Julia ist es wichtig, sich seine Umstände so zu gestalten, dass man dem Druck standhalten kann. „Der Umgang mit Nervosität ist sicherlich auch eine Charakterfrage”, ergänzt sie. „Manche lassen sich schneller von der Aufregung anstecken als andere. Das Gute ist: In Drucksituationen konzentriert zu bleiben und an seinem Plan festzuhalten, kann man lernen. Es braucht eben alles Übung.”

Häufig nutzt Julia das Konzept der Visualisierung. Sie stellt sich im Vorfeld die günstigsten und ungünstigsten Szenarien vor dem inneren Auge vor und spielt Handlungsoptionen gedanklich durch. Das gibt ihr Selbstvertrauen und ermöglicht es, die Nervosität im entscheidenden Moment zu kanalisieren und den Fokus auf das Wesentliche zu richten. Sie fasst zusammen: „Für mich ist es wichtig, vorbereitet zu sein – mental und organisatorisch. Dann weiß ich, was auf mich zukommt, und kann auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf behalten.“

Druck richtig einordnen und beim Reiten zum Positiven nutzen

Gerade wenn große Turniere anstehen, wächst die Nervosität. Durch die kritische Beobachtung und Erwartungshaltung der Öffentlichkeit steigt die Belastung zusätzlich. Es gibt einen großen Erfolgsdruck, mit dem man als Reiter oder Reiterin fertig werden muss. Sie beschreibt diesen Druck als das Gefühl, „sich und andere nicht enttäuschen zu wollen“. Entscheidend ist daher, das richtige Mindset zu entwickeln. Julia erklärt: „Man sollte herausfinden, woher der Druck kommt: Kommt er von mir selbst? Kommt er aus der Erwartungshaltung im Umfeld? Oder rührt er daher, dass ich gerade auf einem Championat bin?“

Für sie ist Druck nicht nur negativ: „Eigentlich ist Druck etwas Positives, denn er zeigt, dass eine Erwartungshaltung da ist. Wenn niemand etwas erwartet, hat man sich vielleicht zu geringe Ziele gesteckt oder wenig Vorleistung gebracht.“ Wer sich Ziele setzt, muss wiederum lernen, mit dem damit verbundenen Druck klarzukommen. Der Umgang mit Nervosität ist für Julia ein Teil der mentalen Stärke. Sie betont, dass es normal sei, vor wichtigen Prüfungen ein flaues Gefühl im Magen zu haben: „Die meisten Vielseitigkeitsreiter würden wohl sagen, dass die Anspannung am Freitagabend oder Samstagmorgen vor dem Geländeritt mit am schwersten auszuhalten ist. Aber irgendwann lernt man damit umzugehen – und es geht auch wieder vorbei.“ Für sie gehört dieses Kribbeln sogar dazu. Sie sagt: „Wenn man gar nicht nervös wäre, hätte das, was man macht, vielleicht auch nicht so viel Wert.“

An Widerständen wachsen: Julias Haltung zu Rückschlägen im Reitsport

Kein Sportler bleibt von Niederlagen verschont. Für Julia gehört es zum mentalen Rüstzeug, Rückschläge nicht als Scheitern zu sehen, sondern als Teil des Weges. Denn: Mentale Stärke wächst an Widerständen. „Es geht immer auf und ab“, sagt sie. „Man muss lernen, damit umzugehen, und die Motivation behalten, sein Bestes zu geben und besser werden zu wollen.“

Rückschläge sind sicherlich nicht einfach zu verdauen. Für Julia ist es wichtig, Fehler zunächst bei sich selbst zu suchen, jedoch ohne alles zu überanalysieren. „Manchmal ist es einfach so, dass Dinge (noch) nicht funktionieren.“ Fehler passieren. Ständig darüber nachzudenken, was nicht klappt, ist auf Dauer destruktiv und führt zu nichts. Stattdessen sollte man lösungsorientiert an die Sache herangehen und herausfinden, wie es das nächste Mal besser gehen kann.

Julias Strategie lautet: hinschauen, analysieren, Konsequenzen ziehen und dann nach vorn blicken. Entscheidend ist dabei, ehrlich zu sich selbst zu sein und sich die Dinge nicht schönzureden. Das gilt sowohl für sportliche Leistungen als auch für Situationen, die im Umgang mit dem Pferd schiefgehen können.

Verantwortung zeigen und ein gutes Umfeld schaffen

Hinzu kommt die Dimension der Verantwortung – den Pferden und deren Besitzern gegenüber. Für Julia sind Pferde keine Sportgeräte, sondern Partner. Aus diesem Grund betrachtet sie es als ihre Pflicht, die Grenzen der Tiere zu respektieren und Entscheidungen zu ihrem Wohl zu treffen. Mentale Stärke bedeutet für sie deshalb auch, sich nicht von außen beeinflussen zu lassen, sondern ehrlich zu reflektieren, was Pferd und Reiter wirklich zu leisten imstande sind. „Das kann auch bedeuten, bewusst einen Schritt zurückzugehen“, ergänzt sie.

Innere Ruhe schöpft man übrigens nicht nur aus sich selbst. Ein entscheidender Baustein ist das Umfeld. „Es ist wichtig, ein Team um sich zu haben, das weiß, was auf dem Spiel steht, alles für ein gutes Ergebnis gibt und im Falle eines Misserfolgs Rückhalt bietet – wie eine Art Sicherheitsnetz“, sagt Julia. Wenn es im Umfeld Menschen gibt, die Rückschläge mit Vorwürfen oder Schuldzuweisungen verbinden, sollte man sich überlegen, ob man solche Personen wirklich dabeihaben möchte.

Nerven behalten – im Reitsport wie im Alltag

Nicht nur im Spitzensport kommt es darauf an, unter Druck die Nerven zu behalten. Auch im normalen Alltag kann es Momente geben, die von Sorgen und Unsicherheiten beherrscht sind und in denen man als Pferdehalter oder Pferdehalterin einen kühlen Kopf bewahren muss. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich das Pferd ernsthaft verletzt oder erkrankt. Julia hat das bereits mehrmals durchlebt und kennt das Gefühl: „Die Angst um das Tier lässt einen nicht los und man wünscht sich einfach nur, dass alles wieder gut wird.“

Julia unterscheidet zwei Komponenten der mentalen Belastung im Krankheitsfall: eine emotionale und eine finanzielle. Zum einen muss man sich mit dem Worst Case auseinandersetzen. Sollte das Pferd trotz medizinischer Hilfe nicht zu retten sein, darf man das Leiden nicht länger hinauszögern. „Wir als Halter sind in der Verantwortung,  gemeinsam mit Tierärzten ehrlich abzuwägen und notfalls auch den schwersten Schritt zu gehen. Das sind wir unseren Tieren schuldig“, sagt Julia. Zum anderen ist es wichtig, das Pferd aktiv in der Rekonvaleszenzphase zu unterstützen, wenn es eine Chance auf Heilung gibt. Das bedeutet: aufpäppeln, antrainieren und neue Ziele setzen. „Sport ist ja nicht das Einzige, was ein Pferd machen kann. Wenn ich sehe, dass ein Pferd mit einem jüngeren Reiter ein schönes Leben hat oder seine Rente genießt, macht mir das auch Freude. Manchmal muss man einfach die Perspektive wechseln“, sagt Julia.

Was den finanziellen Aspekt betrifft, ist es wichtig sich im Klaren zu sein, dass veterinärmedizinische Behandlungen gerade bei Pferden schnell hohe Kosten verursachen – erst recht, wenn es sich um Operationen handelt oder eine längerfristige Therapie erforderlich ist. Im Ernstfall müssen Mittel für eine größere tierärztliche Behandlung vorhanden sein. „Ich will immer so entscheiden können, wie es für das Pferd am besten ist – nicht danach, was es kostet“, betont Julia. Für sie ist eine finanzielle Absicherung daher ein wichtiger Teil der Verantwortung, die man für sein Pferd trägt. Seit vielen Jahren vertraut sie auf die Uelzener Versicherung. „Sie gibt mir die Sicherheit, dass ich im Notfall schnell handeln kann, ohne dass finanzielle Zwänge eine Rolle spielen.“

Diese Entlastung, so Julia, sei nicht nur im Profisport, sondern für jeden Pferdehalter entscheidend. Sie fasst zusammen: „Verletzungen und Erkrankungen können immer auftreten. Wichtig ist, dass man sich mental damit auseinandersetzt und einen Plan hat, wie man in solchen Situationen reagiert.“ Eine Pferde-OP- oder Pferdekrankenversicherung kann im Ernstfall  den Unterschied machen. Sie schützt vor finanziellen Belastungen und hilft dabei, in Drucksituationen fokussiert zu bleiben und im Sinne des Tieres zu agieren.

Mentale Stärke beim Reiten: Julia Krajewskis Strategien zusammengefasst

Ob auf dem Turnier oder im Alltag – um in Drucksituationen fokussiert zu bleiben, setzt Julia auf folgende Strategien:

  • Struktur schaffen: Routinen geben ein Gefühl der Sicherheit und Kontrolle.
  • In Etappen denken: Große Ziele kleinschrittig aufteilen und dadurch greifbar machen.
  • Visualisieren: Best-Case- und Worst-Case-Szenarien gedanklich durchspielen und Handlungsoptionen überlegen.
  • Kleine Erfolge feiern: Kleine Fortschritte stärken das Selbstvertrauen und motivieren.
  • Rückschläge akzeptieren und daraus lernen: Nicht grübeln, sondern fragen: Was mache ich das nächste Mal besser?
  • Das richtige Mindset entwickeln: Sich bewusst machen, woher der Druck kommt (innen, außen, situationsbedingt) und ihn positiv umdeuten.
  • Nervosität zulassen: Anspannung gehört dazu und zeigt, dass einem etwas wichtig ist. Entscheidend ist, konzentriert zu bleiben und am Plan festzuhalten.
  • Ehrlich mit sich selbst bleiben: Fehler analysieren, Konsequenzen ziehen und dann nach vorne schauen, ohne Dinge schönzureden oder zu überanalysieren.
  • Umfeld bewusst wählen: Menschen, die Rückschläge mit Vorwürfen oder Schuldzuweisungen verbinden, gehören nicht ins direkte Umfeld. Ein verlässliches Team gibt Halt und trägt in kritischen Phasen.
  • Finanzielle Absicherung schaffen: Mit einer passenden Versicherung vorsorgen, um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben.
  • Verantwortung zeigen: Entscheidungen im Sinne des Pferdes treffen – nicht aus Erwartungsdruck.

Diese Methoden helfen dabei, den Überblick zu behalten und sich nicht von Ängsten, Unsicherheiten und inneren wie äußeren Ansprüchen überwältigen zu lassen.

Fazit

Mentale Stärke ist etwas, das man sich erarbeiten muss. Es bedeutet, den Weg als das Ziel zu sehen, kleine Erfolge zu schätzen und Rückschläge als das zu begreifen, was sie sind: Chancen, sich zu verbessern. Julia ist der Überzeugung: „Wenn man wirklich lange erfolgreich mit Pferden sein möchte, ist das Entscheidende, dranzubleiben, fleißig zu sein, an sich zu arbeiten und nicht aufzugeben.“ Mentale Stärke heißt, geduldig zu sein, an Widerständen zu wachsen und Vertrauen zu haben: in das Pferd, in sich selbst und in den Prozess.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema mentale Stärke im Reitsport

Wie kann man im Reitsport den Umgang mit Druck lernen?

Im Leistungssport ist man zwangsläufig Druck ausgesetzt, von innen wie von außen. Um damit umgehen zu können, ist es hilfreich, Routinen zu entwickeln, sich strukturiert vorzubereiten und Abläufe vor Prüfungen dediziert zu planen. Je klarer der Rahmen, desto mehr Sicherheit bekommt man. Auch Mentaltraining kann helfen, mehr innere Ruhe zu gewinnen.

Warum ist es wichtig, auch kleine Erfolge wahrzunehmen?

Große Siege sind selten und schwer zu erreichen. Aus diesem Grund gibt es nur wenige Gelegenheiten, Motivation daraus zu schöpfen. Besser ist es, den Fokus auf die kleinen Fortschritte zu legen, beispielsweise das erste Geländetraining mit einem jungen Pferd oder eine fehlerfreie Dressuraufgabe. Solche Erfolge kommen im Alltag häufiger vor. Sie stärken das Selbstvertrauen und geben die mentale Stabilität, die in Drucksituationen nötig ist.

Wie können Tierhalter im Alltag mentale Stärke entwickeln?

Auch abseits des Spitzensports gilt es, in kritischen Situationen Ruhe zu bewahren. Hilfreich ist es, sich auf den Ernstfall bestmöglich vorzubereiten und beispielsweise die Nummer des tierärztlichen Notdienstes griffbereit zu haben, wenn das Pferd sich verletzt oder erkrankt. Auch eine finanzielle Absicherung ist wichtig, um Entscheidungen im Sinne des Tieres treffen zu können.

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