Peter Kreinberg berührt ein Pferd am Hals mit einer Plastiktüte.
Erziehung und Training

Berührungen zulassen – Anti-Schreck: Ohren und Körper

06.06.2024

Wir alle wissen es: Pferde haben ein instinktives Schreckverhalten. Zucken, rückwärts ausweichen oder den Kopf wegziehen – dies sind normale Verhaltensweisen, wenn ein Pferd Ohren-scheu ist oder sensibel auf Berührungen am Körper reagiert. Das Jungpferd in diesem Video hat bereits erste Basis-Kommunikation über die Bodenschule erhalten, ist aber noch empfindlich an Ohren und Rumpf.

Wie du gutes Horsemanship lebst und instinktive „Befindlichkeiten“ des Pferdes so berücksichtigst, dass es in der Welt der Menschen immer vertrauensvoller und sicherer wird, zeigt dir Peter Kreinberg in diesem Beitrag.

Dieses instinktive Schreckverhalten geschehen aufgrund ungewohnter oder plötzlicher Wahrnehmungsreize wie Geräusche, Berührungen oder Bewegungen im Umfeld des Pferdes und können energisches Flucht- oder Meideverhalten, Verteidigungs- oder Abwehrreaktionen oder auch ein Versteifen oder Erstarren auslösen. Solche pferdetypischen Reaktionen sind dann nicht selten mit hohem Risiko für Pferdebesitzer, das Pferd selbst und seine Umgebung verbunden.

Mehr als “Gewöhnungs-Übungen”

Am besten schon beim jungen Pferd in der Grundausbildung, aber auch noch bei älteren Pferden, kann eine systematische “Umkonditionierung” dieses arttypischen Verhaltens erreicht werden.

Dadurch wird die Sicherheit im Umgang bedeutend verbessert. Dieses Training sollte über die üblichen Gewöhnungsübungen hinaus planvoll und systematisch erfolgen. Nur wenn das Pferd kontrolliert und bewusst durch die entsprechenden Lernschritte geführt wird, ist eine dauerhafte Verbesserung der Gelassenheit und Akzeptanz bei solchen Umwelteinflüssen möglich.

Pferdebesitzer*innen, die ein solches “Anti-Schreck-Training” selbst durchführen möchten, sollten dabei einige wichtige Dinge beachten. Zunächst sollte das Pferd durch eine Bodenschulung an der Hand grundsätzlich im Halfter oder Knotenhalfter an leichten Signalen kontrollierbar sein, grundsätzlich ruhig stehen und ein entsprechendes Grundvertrauen haben. Es sollte in Normalsituationen an der Hand sowohl aufmerksam als auch gelassen sein. Es sollte sich willig vorwärts, rückwärts oder seitwärts bewegen lassen und auf sanften Berührungsdruck mit dem Körper nachgeben, den Hals seitlich biegen oder absenken. Hat es gelernt, diese Reaktionen auf Wunsch mit entspannter Muskulatur auszuführen, dann ist es für die ersten Übungen des “Anti-Schreck-Trainings” gut vorbereitet.

Wird ein Pferd mit Schreck-Reizen konfrontiert, so wird das autonome Nervensystem aktiviert. Es gerät unter Stress (Sympathikus). Es baut eine muskuläre Anspannung, Gegenspannung oder Verspannung auf.

Es versucht, auszuweichen, zu fliehen, sich zu wehren oder es versteift sich oder erstarrt sogar, um sich dem Reiz zu entziehen. Gelingt ihm das, so wird sein Verhalten bestätigt, es war ja erfolgreich, und solche Reaktionen festigen sich noch mehr.

Lernsituationen systematisch wiederholen

Im Anti-Schreck-Training ist es deshalb wichtig, den Reiz zwar etwas zu minimieren, ihn aber aufrechtzuerhalten, bis die Instinktreaktion sich etwas reduziert. Erst dann darf er komplett ausgesetzt werden.

Um die Pferdereaktion moderat zu halten, dürfen die entsprechenden Reize nur vorsichtig und anfänglich behutsam platziert werden. Dieses Timing ist besonders wichtig – auch wenn es nicht immer einfach zu praktizieren ist.

Durch Wiederholung der wohl dosierten Reizsetzung mit entsprechendem Timing setzt ein bewusster Lernprozess beim Pferd ein. Es lernt, dass der als unangenehm oder verunsichernd empfundene Reiz trotz Meide- oder Abwehrreaktion nicht gänzlich verschwindet.

Es macht die neue Erfahrung, dass der nur verschwindet oder ausgesetzt wird, wenn es innehält, seine Gegenspannung etwaFlernss minimiert, sich dafür interessiert und ihn teilweise akzeptiert. Wiederholt man diese Lernsituationen systematisch und angemessen, so werden sich die Überreaktionen des Pferdes nach und nach abschwächen und es wird dabei immer leichter zu kontrollieren. Um den Lernprozess bis hin zu einer bewussten und zuverlässigen Gelassenheit des Pferdes zu vertiefen, sollte man die muskuläre Entspannungs- und Losgelassenheitsreaktion des Pferdes noch weiter fördern. Wie das Schritt für Schritt mit Gefühl und gutem Timing erfolgreich gelingt, zeigt Peter Kreinberg in diesem kurzen Video-Tipp für mehr Gelassenheit, Reizakzeptanz und Sicherheit.

Uelzener-Tipp von Peter Kreinberg: Timing: „gebisslos“ Reiten mit System. Im Original erschienen auf The Gentle Touch

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