Englisch Reiten: Frau auf Schimmel.
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Englisch Reiten verstehen: Grundlagen, Ausbildung und Ausrüstung

25.11.2025

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Ob Westernreiten, klassische Reitkunst oder Barockreiten: Jede Reitweise ist von einer eigenen Geschichte, Tradition und Philosophie geprägt und hat eine spezifische Vorstellung vom perfekten Zusammenspiel zwischen Mensch und Pferd. Keine ist per se besser oder schlechter. Vielmehr spiegeln die Reitstile unterschiedliche Auffassungen und Ansätze in der Ausbildung wider.

Das englische Reiten gehört zu den bekanntesten Reitstilen und ist in Deutschland und anderen Ländern des europäischen Raums weit verbreitet. Es bildet die Grundlage vieler Disziplinen im Pferdesport, angefangen beim Dressur-, Spring- und Vielseitigkeitsreiten über das Rennreiten und Jagdreiten bis hin zu Reitspielen wie Polo. In unserem Artikel erfährst du, was die englische Reitweise auszeichnet, wie die Ausbildung aufgebaut ist und was du an Ausrüstung dafür brauchst.

Das zeichnet die englische Reitweise aus

Die englische Reitweise hat ihren Ursprung im Militärreiten und wirkt im Gegensatz zum Westernreiten formeller und stilisierter. Sie ist stärker auf Form, Haltung, Eleganz und Ausdruck ausgelegt und hat dadurch gewissermaßen etwas Repräsentatives an sich. Demgegenüber wirkt das Westernreiten, das aus der Reitweise der amerikanischen Cowboys hervorgegangen ist, legerer und lässiger. Das hat damit zu tun, dass der Reitstil aufgrund seiner Historie stärker auf Funktionalität, Praktikabilität und Alltagstauglichkeit ausgerichtet ist. Das heißt jedoch nicht, dass es an Kontrolle fehlt. Auch wenn das Westernreiten eine gewisse Lockerheit vermittelt, ist es technisch sehr anspruchsvoll.

Ein Kernprinzip der englischen Reitweise ist die Anlehnung. Das bedeutet, dass der Reiter oder die Reiterin über die Zügel einen ständigen Kontakt zum Pferdemaul hat und es zugleich durch Gewichtsverlagerung und Schenkeldruck lenkt. Im Fachjargon heißt es, das Pferd „steht in den Hilfen“. Dadurch wirkt der Reiter oder die Reiterin permanent, aber fein abgestimmt auf das Tier ein. Diese Technik verlangt viel Präzision, Koordination und Balance. Entscheidend dabei ist, dass die Anlehnung nicht durch Zug am Zügel, sondern durch die gegenseitige Verbindung zwischen Pferd und Mensch entsteht. Es kann Jahre dauern, bis man sie beherrscht.

Gangarten beim englischen Reiten

Die Grundgangarten beim englischen Reiten sind Schritt, Trab und Galopp. Sie bilden die Basis jeder Ausbildung. Der Schritt ist eine viertaktige, ruhige Gangart, bei der jedes Bein nacheinander aufsetzt. Der Trab ist eine zweitaktige Gangart mit diagonaler Fußfolge und einer kurzen Schwebephase. Der Galopp ist eine dynamische Dreitaktgangart mit Schwebephase.

In der fortgeschrittenen Dressur kommen Sonderformen hinzu, die auf diesen Grundgangarten aufbauen. Dazu gehören die Passage und die Piaffe. Bei der Passage hebt das Pferd seine Beine im Trab besonders hoch und bewegt sich mit schwebender Eleganz, fast wie in Zeitlupe – ein Zeichen höchster Muskelkontrolle. Bei der Piaffe läuft das Pferd im Trab nahezu auf der Stelle. Beide Lektionen erfordern jahrelange Ausbildung, präzise Hilfengebung und absolute Harmonie zwischen Tier und Mensch.

Die Ausbildungsskala beim englischen Reiten

Die englische Reitweise ist quasi der Standard im Reitsport und wird auch im Freizeitreiten überwiegend gelehrt. Der Reitstil ist maßgeblich geprägt durch die Ausbildungsskala. Sie gilt als Leitfaden und umfasst sechs Schritte:

  1. Takt: Das Reiten im Takt bildet die erste Stufe der Ausbildungsskala. Hier geht es darum, eine gleichmäßige Bewegung zu erzielen, indem Länge und Zeit zwischen den Schritten, Tritten und Sprüngen immer gleich bleiben. Gleichmäßigkeit muss in allen Gangarten gegeben sein.
  2. Losgelassenheit: Das Pferd bleibt während des Reitens körperlich und geistig entspannt, läuft locker und reagiert vertrauensvoll auf die Hilfen des Reiters oder der Reiterin. Innere Gelassenheit beim Pferd ist Voraussetzung dafür, dass es bereitwillig mitarbeitet.
  3. Anlehnung: Als Anlehnung bezeichnet man den ständigen Kontakt zum Pferdemaul über die Zügel bei gleichzeitigem Einsatz von Schenkel- und Gewichtshilfen. Das Pferd reagiert schon auf feinste Impulse. Erst wenn Mensch und Tier diese Verbindung verstehen und aufrechterhalten können, ist das Ziel erreicht.
  4. Schwung: Der Schwung entsteht aus der Schubkraft der Hinterhand. Die Kraft wird über den federnden Rücken übertragen und resultiert in einer Bewegung, die nach vorne und oben gerichtet ist. Dadurch wird in den Gangarten Trab und Galopp eine längere Schwebephase erzielt.
  5. Geraderichten: Beim Geraderichten geht es darum, dass das Pferd die Hinterhufe in die Spuren der Vorderhufe bewegt, damit es seine Körperkraft effizient und zugleich gelenkschonend einsetzen kann. Voraussetzung dafür ist, dass sich das Pferd geschmeidig im Gleichgewicht bewegt.
  6. Versammlung: Die Versammlung markiert den höchsten Punkt der Ausbildungsskala. Hier soll die Schubkraft in Tragkraft umgewandelt werden. Dazu tritt das Pferd unter seinen Schwerpunkt, wodurch es mehr Gewicht mit der Hinterhand aufnimmt. Die Vorderhand wird dadurch entlastet und hebt sich.

Mit Ausnahme der Versammlung, die stets den letzten Schritt in der Ausbildung einnimmt, ist die Reihenfolge der Schritte 1 bis 5 nicht festgelegt. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, Übungen für den Schwung und das Geraderichten schon früh in das Training zu integrieren, damit das Pferd die nötige Hinterhandaktivität und Tragkraft entwickelt. Genauso ist Losgelassenheit eine wichtige Voraussetzung für Taktklarheit. Es empfiehlt sich daher, die Abfolge der Ausbildungsschritte an die individuelle Konstitution von Pferd und Mensch anzupassen, um alle Elemente harmonisch aufzubauen. Die Versammlung hingegen kommt immer zum Schluss. Sie sollte erst angegangen werden, wenn Pferd und Mensch dazu bereit sind, also alle vorherigen Schritte sicher beherrschen.

Ausrüstung für das englische Reiten

Beim klassischen englischen Reiten verwendet man einen englischen Reitsattel. Dieser hat sich aus dem englischen Jagdsattel entwickelt und ist deutlich kleiner und leichter als der Westernsattel. Das hat zwei Gründe: Zum einen ermöglicht der englische Sattel mehr Beweglichkeit und Schnelligkeit, zum anderen sitzt der Reiter oder die Reiterin dichter am Pferd, was die Hilfengebung erleichtert. Je nach Disziplin finden unterschiedliche Satteltypen Anwendung, etwa Dressursattel mit besonders tiefem Satz oder Springsattel, die mit ihren kurzen Sattelblättern speziell für das Springreiten konzipiert sind.

Üblicherweise werden beim englischen Reiten normale Trensen mit Nasenriemen und einfachem Gebiss verwendet. Profireiter und -reiterinnen nutzen mitunter auch Kandaren, die aufgrund ihrer Hebelwirkung jedoch ein hohes Verletzungsrisiko für das Pferd mit sich bringen und daher viel Erfahrung und Feingefühl in der Anwendung erfordern. Darüber hinaus kommen beim englischen Reiten meist doppelte Zügel zum Einsatz, da diese präzisere Hilfengebungen ermöglichen als geteilte Zügel.

Typisch für das englische Reiten ist elegante Kleidung. Bei Turnieren werden üblicherweise eine Reithose, ein enganliegendes Hemd, ein Turniersakko, ein Reithelm und Reitstiefel getragen. Vor Turnierantritt müssen Kleidung und Ausrüstung sauber und intakt sein. Was die Farbe der Reitkleidung betrifft, gibt es keine Vorschriften. Trotzdem entscheiden sich die meisten für gedeckte Töne wie Dunkelblau, Grau oder Schwarz.

Wer als Pferdehalter oder -halterin in den Reitsport einsteigen möchte, braucht nicht nur eine passende Ausrüstung, sondern ist auch mit einem Versicherungsschutz gut beraten. Eine Pferdehaftpflichtversicherung übernimmt die Kosten, falls durch das Pferd Schäden an Dritten entstehen. Ergänzend empfiehlt sich eine Pferdekranken- oder Pferde-OP-Versicherung, um im Falle einer Verletzung oder Erkrankung des Tieres abgesichert zu sein.

Welche Pferde eignen sich für die englische Reitweise?

Grundsätzlich können alle Pferde in der englischen Reitweise ausgebildet werden. Trotzdem gibt es Rassen, die sich aufgrund ihrer Physis besonders gut dafür eignen. Dazu zählen insbesondere Warmblüter wie Hannoveraner, Trakehner, Oldenburger und Holsteiner.

Kennzeichnend für diese Pferde ist ihr muskulöser, eleganter Körperbau mit meist hoch angesetztem Schweif, der ihnen zusätzliche Anmut verleiht. Sie haben kräftige und lange Gliedmaßen, wodurch sie sich gut für raumgreifende Grundgangarten eignen. Außerdem haben die meisten Warmblüter von Hause aus eine starke Hinterhand, was der englischen Reitweise sehr entgegenkommt. Nichtsdestoweniger können auch Kleinpferde und Ponys fürs englische Reiten eingesetzt werden.

Fazit

Das englische Reiten steht wie kaum eine andere Reitweise für Eleganz und Präzision. Es verlangt ein hohes Maß an Körpergefühl, Geduld und Disziplin und erfordert, dass sich Reiter und Reiterinnen konsequent mit sich selbst und ihrem Pferd auseinandersetzen. Ob in der Dressur, im Springreiten oder im Freizeitsport: Die Prinzipien der englischen Reitweise bilden die Basis für harmonisches Reiten auf höchstem Niveau. Wer diesen Weg einschlagen möchte, versteht, dass Leichtigkeit im Sattel nur durch eine respektvolle, partnerschaftliche Beziehung zum Pferd entstehen kann.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema englisches Reiten

Wie lange dauert es, englisches Reiten richtig zu lernen?

Die Grundlagen erlernt man meist in einigen Monaten. Bis man in der Lage ist, feine Hilfen zu geben und die Gangarten sicher beherrscht, braucht es jedoch viel Übung. Die Ausbildung dauert daher oft mehrere Jahre.

Ist die englische Reitweise auch fürs Freizeitreiten geeignet?

Ja, im Freizeitreiten wird die englische Reitweise häufig gelehrt und genutzt, weil sie vielseitig ist und eine Grundlage für ein sicheres und harmonisches Reiten bildet.

Warum gilt die englische Reitweise als Grundlage vieler Disziplinen?

Weil sie auf sensibler Kommunikation, Balance, Taktgefühl und korrekter Haltung basiert – Prinzipien, die in nahezu allen Reitsportarten von Bedeutung sind.

Ist das englische Reiten für Pferde anstrengend?

Wie jede Reitweise erfordert auch das englische Reiten Ausdauer und Kraft auf Seiten des Pferdes. Entscheidend ist, die Bewegungen korrekt auszuführen und das Tier nicht zu überfordern.

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